Der Sommerweizen musste kämpfen
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Sommerweizen wurde 2020 in Baden-Württemberg auf insgesamt 3.600 ha gesät. Diese Zahl stammt aus dem Gemeinsamen Antrag 2020. Das entspricht einem Anstieg der Fläche von 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dieser enorme Zuwachs ist nicht außergewöhnlich: der Anbauumfang von Sommerweizen schwankt jährlich in Abhängigkeit vom Zustand der Winterungen vom vorangegangenen Herbst.
Sind die Witterungsverhältnisse für die Winterweizenaussaat ungünstig oder muss nach starken Auswinterungen großflächig umgebrochen werden, wird gewöhnlich Sommerweizen gesät. Somit wird die Kultur in kritischen Jahren regelmäßig zum 'Lückenfüller'.
Erträge unterm langjährigen Mittel
Im Praxisanbau fiel die Ernte 2020 in Süd/Südwestdeutschland enttäuschend aus. Mit einem durchschnittlichen Ertrag von 52 dt/ha laut statistischem Landesamt Baden-Württemberg lag die diesjährige Erntemenge 13 dt/ha unter dem Vorjahresniveau. Auch das langjährige Mittel von 58 dt/ha wurde deutlich verfehlt.
Aufgrund seiner geringen Bedeutung wird Sommerweizen nur auf wenigen Versuchsfelder geprüft. Am einzigen baden-württembergischen Prüfstandort Tailfingen sind zusätzlich zum Sortenversuch eine Wertprüfungen für die zur Zulassung anstehenden Weizenstämme sowie eine EU-Prüfung von Sorten, die bereits in einem EU-Staat zugelassene sind, integriert.
Um eine aussagekräftige Datenbasis über die Prüfsorten zu erhalten, werden die Landessortenversuche der Anbaugebiete Süd/Südwestdeutschland miteinander verrechnet. Länderübergreifend mit Bayern und Hessen kamen 2020 so insgesamt vier Prüfstandorte in die Auswertung. Ein fünfter Versuch aus Bayern fiel wegen Hagel aus.
Intensive und reduzierte Variante im Vergleich
Sommerweizenversuche werden grundsätzlich in zwei Intensitätsstufen geprüft: In der intensiven Variante (V2) werden zur Gesunderhaltung der Bestände Fungiziden und Wachstumsregler nach Bedarf angewendet, in der reduzierten Variante (V1) wird auf diese Pflanzenschutzmaßnahmen verzichtet. Gemittelt über die Standorte und das orthogonale Sortiment von acht Prüfsorten lag der Ertrag in V1 bei 74 dt/ha. Durch die Fungizidbehandlung, vor allem gegen Blattseptoria kam die Erntemenge in V2 auf 80 dt/ha.
Insgesamt war der Infektionsdruck 2020 relativ gering und bis zur termingerechten Ernte blieben die Sorten nahezu befallsfrei und standfest. Der durchschnittliche Rohproteingehalt über Standorte und Sorten lag bei 13,9 Prozent in TM, die gemittelte Fallzahl bei 337 s und das Tausendkorngewicht bei sehr guten 49,4 g.
In Tailfingen wurden zusätzlich zum orthogonalen Sortiment vier weitere Sommerweizensorten geprüft. Der Ertrag über das Prüfsortiment lag hier bei durchschnittlichen 79 dt/ha in V1 und 90 dt/ha in V2. Bundesweit umfasste die Vermehrungsfläche an Sommerweizen 2020 circa 1510 ha, landesweit laut Saatgutanerkennungsstelle LTZ Augustenberg 75 ha. Die im Praxisanbau bedeutendsten Sorten sind Quintus und KWS Sharki.
Beobachtungen aus den LSV Sommerweizen 2020 und mehrjährige Ertragsergebnisse über die Anbaugebiete Süd/Südwestdeutschland
Ertrag: V1: 74 dt/ha, V2: 80,0 dt/ha (4 Standorte ST)
agronomische Werte V1: 2020 kein Lager
Krankheiten V11 (Mittelwert über die Standorte, wo das Merkmal erfasst wurde): Blattseptoria (5,3); Braunrost (1,3); Mehltau und Gelbrost traten 2020 nur vereinzelt auf
Qualitäten V2: TKM (48 g/3 ST), Fallzahl (339 s/3 ST) Protein (13,9 Prozent in Prozent TM/4 ST); Ergänzung der Qualitätsparameter durch BSL 2020.
1Skala 1-9; je höher die Note, desto negativer die Merkmalsausprägung
Sommerweizensorten im Überblick
Aktivan A: 2020 überdurchschnittliche Erträge in beiden Varianten; mehrjährig sehr hohes Ertragsniveau; frühes Ährenschieben; durchschnittliches Gesundheitsprofil; höchstes TKM 53,3 g (BSL 9); Protein und Fallzahl mittel.
Anabel EU (E): über die Standorte und Varianten sehr beständige Sorte; ein- und mehrjährig um den Durchschnitt; sehr hohe Bestandesdichten; frühes Ährenschieben; kurze Sorte; mittlere Blattgesundheit; Fallzahl sehr hoch (400 s); TKM (43,5 g) und Protein (13,0 Prozent) niedrig.
Jasmund A: 2020 am Standort Friedberg (Hessen) mit hervorragenden Erträgen, in den übrigen LSV deutlich schwächer; mehrjährig durchschnittliche Ertragsleistungen; kurzwüchsige Sorte; 2020 stärkerer Befall mit Blattseptoria (6,4); durchschnittliche Qualitäten.
Kapitol2 A: über die beiden Prüfstandorte hervorragende Erträge; mehrjährig in beiden Varianten beste Ertragsleistung; mittelspäte Sorte; langer Wuchs; sehr blattgesund mit Ausnahme einer Neigung zu Braunrost (BSL 5); mittlere Qualitäten; laut BSL Fallzahl und Protein hoch, TKM niedrig.
KWS Expectum E: begrannter Sommerweizen; 2020 und mehrjährig leicht unterdurchschnittlich; sehr gute Blattgesundheit; Proteingehalt (14,6 Prozent) sehr hoch, ansonsten mittlere Qualitäten.
KWS Mistral2 A: 2020 in beiden Behandlungsstufen mittlere Erträge; mehrjährig in V2 weit überdurchschnittlich, in V1 guter Durchschnitt; frühes Ährenschieben; mittlere Blattgesundheit; 2020 keine Auffälligkeiten bei Septoria (BSL 6); TKM, Protein und Fallzahl laut BSL hoch.
KWS Sharki2 E: 2020 am Standort Frankendorf (Bayern) sehr hohe Erträge, in Tailfingen schwache Leistung; mehrjährig durchschnittliches Ertragsniveau in beiden Varianten; längerer Wuchs, 2020 mit nur leichter Lagerneigung (BSL 7); mittleres Gesundheitsprofil; laut BSL TKM und Fallzahl hoch, Protein sehr hoch.
KWS Starlight A: beste Ertragsleistung 2020 über die Standorte und Varianten; auch mehrjährig sehr ertragsstarker Sommerweizen; spätes Ährenschieben, späte Reife; lange Sorte; gute Blattgesundheit; wie bereits im Vorjahr auch 2020 mit dem geringstem Septoriabefall (3,8); TKM mittel (47,3 g); Fallzahl (227 s) und Protein (13,2 Prozent) niedrig; zusätzliche Resistenz gegen die Orangerote Weizengallmücke.
Licamero A: ein- und mehrjährig überdurchschnittliche Erträge in V1; in der intensiven Variante sehr hohes Ertragsniveau; frühes Ährenschieben; stärkerer Befall mit Blattseptoria (6,2); die Neigung zu Braunrost (BSL 7)) kann 2020 nicht bestätigt werden (1,4); TKM (49,4 g) Protein (14,1 Prozent) und Fallzahl (351 s) mittel
Pexeso2 EU (A): die Sorte wurde nur am Standort Tailfingen geprüft: in der reduzierten Variante ein- und mehrjährig durchschnittliche Erträge; in der intensiven Variante 2020 sehr ertragsstark; auch mehrjährig gutes Ertragsniveau; gute bis mittlere Battgesundheit, leicht erhöhter Befall mit Blattseptoria; laut Züchter Sorte mit guten A-Qualitäten.
Quintus A: begrannter Sommerweizen; 2020 hervorragend in Tailfingen, schwache Ertragsleistung in Friedberg (Hessen); mehrjährig unterdurchschnittliches Ertragsniveau; spätes Ährenschieben; mit Ausnahme von Mehltau (BSL 6) blatt- und ährengesunde Sorte, in BSL (3) bei Ährenfusarium sehr gut bewertet; mittlere Qualitäten.
SU Ahab E: einjährig mit unterdurchschnittlicher Ertragsleistung in beiden Varianten; mehrjährig in der reduzierten Stufe mittleres Ertragsniveau; mittelfrühe Reife; mittlere Resistenzeigenschaften; TKM (50,8 g) und Fallzahl (377 s) sehr hoch; Fallzahl stabil; durchschnittlicher Proteingehalt (14,0 Prozent); zusätzliche Resistenz gegen die Orangerote Weizengallmücke.
2nicht orthogonal geprüft
Die Empfehlungssorten
Empfehlungssorten für 2021: KWS Sharki (E), Licamero (A), Quintus (A)
Kurzinfo und Versuchsbericht zu Sommerweizen 2020 finden Sie unter unter www.ltz-augustenberg.de > Arbeitsfelder > Pflanzenbau > Sorte > Sommerweizen.
M. Müller-Belami/LTZ Augustenberg
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