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9. Donaueschinger Kartoffeltag

Kartoffeln lieben es entspannt

Da das Pflanzgut für Kartoffeln immer aus dem Vorjahr stammt, nimmt die Knolle das Erlebte aus dem Vorjahr mit. Umso wichtiger ist, trotz Hitze und Dürre den Kartoffeln über die Vegetationsperiode hinweg Stress zu ersparen. Dabei helfen können Sortenwahl, Dammaufbau, Beregnung und Co.
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Hier wachsen Kartoffeln im Gewächshaus der Außenstelle des LTZ Augustenberg auf. Für einwandfreies Pflanzgut ist entscheidend, dass die Kartoffeln im Vorjahr stressarm aufgewachsen sind.
Hier wachsen Kartoffeln im Gewächshaus der Außenstelle des LTZ Augustenberg auf. Für einwandfreies Pflanzgut ist entscheidend, dass die Kartoffeln im Vorjahr stressarm aufgewachsen sind.JONAS KLEIN
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Das Thema Klimawandel ist im Kartoffelanbau gravierend. Bis 2028 hat der Deutsche Wetterdienst prophezeit, dass die Temperaturen 0,5 bis 1 Grad wärmer ausfallen werden. Auch hat schwere Dürre im Jahr 2022 von Juni bis August Deutschland heimgesucht. Auch wird ein Trend zu abnehmenden Niederschlägen vorhergesagt. „Das dürfte die meisten Regionen in Deutschland treffen“, kommentierte Mark Mitschke vom Beratungsdienst Kartoffelanbau Heilbronn auf dem Kartoffeltag des LTZ Augustenberg, Außenstelle Donaueschingen. Das habe sich bereits in engeren Beregnungsintervallen bemerkbar gemacht. 

Bei mehr als 27 °C stellen die Kartoffelpflanzen ihren Wuchs ein, bei mehr als 32 °C setzt ein Abbau in der Kartoffel ein – die Pflanze zieht Energie, um das Laub grün zu halten. Das führt zu weichen Knollen. Die Kartoffel braucht rund 400 mm pro Hektar und Jahr, um einen normalen Ertrag zu bilden. Kurz nach dem Pflanzen ist der Wasserbedarf erhöht, um die richtige Zahl Stängel sicherzustellen und eine Wirksamkeit der Bodenherbizide und der mechanischen Unkrautbekämpfung zu gewährleisten. „Die Landwirtschaft braucht zum Beregnen nur 2,5 Prozent des Wassers, was deutlich weniger als der Verbrauch privater Haushalte oder der Industrie ist“, sagte Mitschke.

Das Gedächtnis der Kartoffel

Da das Pflanzgut immer aus dem Vorjahr stammt, nimmt die Kartoffel das Erlebte aus dem Vorjahr mit. 2021 gab es mehr Hitzestress, den sich das Pflanzgut gemerkt hat. Auch Nährstofflieferprobleme bei Hitze sowie für die Pflanze belastende Pflanzenschutzanwendungen oder Bodenbearbeitung machen sich am Pflanzgut laut Mitschke deutlich bemerkbar. 

Das bedeutet, dass Stress über die Vegetationsperiode vermieden werden muss. Wenn Bewässerung auf dem Standort funktioniere, sei das ein großer Vorteil, um Stress bei den Pflanzen zu reduzieren. Auch die Fruchtfolge und die Bodenstruktur sind hier entscheidend. Der Humusgehalt spielt eine besondere Rolle, weil er Wasser speichert und zugleich bei fehlendem Wasser aber Humusaufbauprozesse im Boden generell gehemmt sind. Gegen den Drahtwurm stehen nur Mittel mit einer Wirksamkeit von 40 bis 70 Prozent mit sich. Dann wird Bodenbearbeitung wichtiger, die aber wiederum die Humusgehalte reduziert oder zumindest gefährdet.

Der Boden hat einen enormen Einfluss auf den Ertrag. Humus erfüllt die Funktion des Wasserspeichers im Boden, weshalb Komposte und Strohdünung auf den Äckern aktuell gefragt sind. Die Durchwurzelbarkeit auf lehmigeren Standorten spielt eine wichtige Rolle. Wurzelbremsen aus untergepflügtem Stroh oder einer Gründüngung können hier hinderlich sein, ebenso wie eine zugeschmierte Pflugfurche. „Auf solchen Böden ist schnell der Weg zum Wasser für die Wurzel blockiert“, gab Mitschke zu bedenken. 

Der Boden entscheidet

Die Beschaffenheit der Erde entscheidet zu großen Teilen über Erfolgsfaktoren wie Erträge, Schalenbeschaffenheit, Knollenformen und Krankheiten. Große, kastenförmige Dammaufbauten können die Oberfläche für den Wassereintritt bei Niederschlag bei Regen vergrößern. M-Dämme beinhalten mehr Boden, halten mehr Wasser und bleiben länger kühl. „M-Dämme helfen besonders auf wärmeren Standorten, die sich schnell oder zu schnell erwärmen“, erklärte Mitschke. Kartoffeln müssen hier allerdings mittig im Damm liegen, damit die Nährstoffe auch bei der Knolle ankommen.

Allerdings müsse bedacht werden, dass beim Bilden von M-Dämmen rund 20 Prozent mehr Erde bewegt werden müsse und das Risiko für Erwinia erhöht sei. Querdämme wirken sich wasserhaltend und erosionsmindernd aus. „Sie müssen den Standort und die Kartoffelsorten gut kennen, eine Pauschallösung oder -technik für alle Standorte gibt es nicht“, sagte Mitschke.

Pflanzenschutz bleibt wichtig

Missformen können nicht verkauft werden. „Solange der Markt diese Missformen nicht wünscht, dürfen wir solche Ware nicht produzieren“, sagte Mitschke. Konventionell gibt es noch Lösungen gegen Krautfäule. Im biologischen Kartoffelanbau kann der Ertrag bei Krautfäule auf 50 Prozent einbrechen. Bei mechanischem Pflanzenschutz zum verkehrten Zeitpunkt kann der Ertrag auch rasch um fünf bis zehn Prozent nachgeben, weshalb sich die Pflanze hier in jedem Fall in einem stabilen Zustand befinden muss.

Alternaria ist ein klassischer Stresspilz und wird in Zukunft bei Klimastress voraussichtlich zunehmend. Auch Welkepilze nehmen laut Mitschke garantiert zu. In Österreich sei festgestellt worden, dass Sorten, die für Alternaria anfälliger sind, auch stärker auf Welkepilze reagieren. „Die Züchterhäuser arbeiten aber an diesen Problemen“, erklärte Mitschke. Für Dry Core spielt eine Rolle, ob der Standort zu feucht und kühl geblieben ist. „Baue ich auf falschen Standorten M-Dämme, habe ich schnell Dry Core drin“, sagte er.

Bei warmen und trockenen Beständen wird auch der Kartoffelkäfer vermehrt vorkommen. Durch milde Winter werden vor allem Blattläuse begünstigt. Wie in Zuckerrüben nehmen auch die Zikaden und Spinnenmilden durch trockene und warme Jahre sowie eingeschränkte Möglichkeiten im Pflanzenschutz zu. Spinnenmilben wandern nach Mitschkes Aussage häufig von Feldrändern in die Bestände ein. Bei Namatoden gibt es zunehmend robuste Kartoffelsorten, Drahtwurm hingegen nimmt vor allem im Norden zu. 

Auf den Klimawandel reagieren

Die Grundlagen des Integrierten Pflanzenschutzes sind toleranten und resistente Sorten, angemessene Anbauverfahren von der Bodenbearbeitung über die Fruchtfolge bis zur Düngung und das Fördern natürlicher Gegenspieler. Die Auswahl an Wirkstoffen wird kleiner werden, insbesondere bei den Insektiziden fehlen Zulassungen. Als Problem sieht Mitschke, dass viele Stoffe nur über Notfallzulassung kurzfristig erhältlich sind. Das stehe einem nachhaltigen Denken du Handeln im Wege, weil der Einsatz von eventuell nötigen Pflanzenschutzmitteln nicht langfristig geplant und durchgerechnet werden könne. 

Neue Sorten sind widerstandsfähiger – brauchen in der Züchtung aber rund 10 Jahre und nicht alle Neuentwicklungen werden vom Markt akzeptiert. Über optimierten Bodenaufbau, widerstandsfähige Sorten, einen optimierten Dammaufbau und fraktioniertes Pflanzgut beim Bestellen lässt sich aber eine gewissen Sicherheit schaffen, dass der Klimawandel dem Kartoffelanbau nicht dauerhaft einen Strich durch die Rechnung macht.

Es sollten nur Flächen für den Anbau gewählt werden, die für den Kartoffelanbau geeignet und gut durchlüftet sind. Beregnungsmöglichkeiten sind nützlich, haben aber Limits bei der Genehmigung und werden gesellschaftlich nicht immer positiv diskutiert. „Hier muss man klarstellen, dass es um eine gesicherte Produktion von Lebensmitteln für alle direkt vor Ort geht“, erläuterte Mitschke. 

Hitze und Trockenheit als neue Begleiter

Die Produktion von Kartoffeln benötigt viel Wasser. In Nicht-Beregnungsgebieten fällt daher der Sortenwahl eine noch höhere Bedeutung zu. Im Süden konnten mehr Beregnung, deutlich höhere Erträge erwirtschaftet werden. Die Wasserversorgung trage damit erheblich zur Ernährungssicherung bei und erhöhe die Löslichkeit von Nährstoffen im Boden.

Wenn als Reaktion auf den Klimawandel PV-Anlagen und Blühflächen rund zwei bis drei Prozent der Flächen belegen und durch Bioanbau die Erträge generell niedriger ausfallen, müssten langfristig die Erträge höher ausfallen. Hier müsse man sich Gedanken um moderne Züchtungsmethoden machen, wie beispielsweise die Genschere CRISPR/Cas.

Erkenntnisse zur Hitze aus den Landessortenversuchen

Hans-Jürgen Meßmer von der Außenstelle Donaueschingen am LTZ Augustenberg wies auf die besonderen Schwierigkeiten von hohen Dammtemperaturen in heißen Jahren hin. Diese sorgen für eine Keimunruhe und einem ungleichmäßigen Aufgang. Auch werde die Zahl an rissigen und abgeschwämmten Dämmen zunehmen. 

Bei Trockenheit rücken die Erträge zusammen

Die Landessortenversuche 2022 wurden dreifach wiederholt. Am Standort Donaueschingen, der unberegnet war, fielen bei der Reifegruppe mittelfrüh die Erträge 2022 deutlich niedriger aus als 2021. Neue Sorten wie Merle waren 2021 auf dem Niveau von Rübenerträgen mit 800 dt je ha, dafür waren allerdings 2021 durch Feuchtigkeit mehr Fungizidbehandlungen nötig. 2021 konnten durch genug Feuchtigkeit fast alle Sorten ihr Ertragspotenzial von mehr als 600 dt je ha ausspielen. 2022 lag der Ertrag im Mittel bei nur 352 dt je ha. Allerdings waren bei Trockenheit nur geringe Sortenunterschiede zu beobachten. „2022 kamen die Unterschiede beim Ertragspotenzial nicht so stark heraus wie 2021“, erklärte Meßmer. 

Am beregneten Standort Feldkirch waren im feuchten Jahr 2021 fast keine Unterschiede zwischen den beregneten und den nicht-beregneten Sortenversuchen zu beobachten. 2022 hingegen war in Feldkirch eine extreme Ertragseinbuße bei den unberegneten Versuchen zu beobachten. Besonders klagten Anbauer über die Leistung der Sorte Belana, die vermutlich mehr Stickstoff und daher mehr Feuchtigkeit benötigt, um verfügbaren Stickstoff aus dem Boden aufzunehmen. 

Feuchte Jahre machen Ökoanbau schwierig

Im Vergleich von den konventionellen Versuchen in Donaueschingen mit ökologischen Versuchen in Aufen wurde sichtbar, dass im Jahr 2021 Krautfäule die Bioerträge auf um die 300 dt je ha gedrückt hat. Dagegen lag in den konventionellen Versuchen das Ertragsniveau bei 600 dt oder mehr, wenn auch mit zahlreichen Fungizidbehandlungen. 2022 war hingegen ein Jahr mit geringem Krautfäuledruck, sodass die Ertragsunterschiede zwischen dem konventionellen und dem ökologischen Anbauversuch nur sehr gering ausgeprägt waren. „Mit den richtigen Sorten könnte man bei zuverlässig fehlendem Wasser ruhigen Gewissens biologisch anbauen, hätte dann aber in nassen Jahren wie 2021 Probleme“, erklärte Meßmer. 

Diese Krankheiten sind typisch für ökologischen oder konventionellen Anbau

Eine Herausforderung ist auch, vor allem im ökologischen Anbau, das Wiederergrünen und der Wiederaustrieb. „Wenn es lange trocken bleibt und dann bei Regel plötzlich der Stickstoff aus organischer Düngung mobilisiert wird, wachsen die Sorten im Mai oder Juni auf einmal wieder wie im Frühjahr los“, erklärte Meßmer. Vor allem die Sorten Olivia, Ayla und Sevilla wuchsen in den Veruschswiederholungen selbst nach dem Krautschlagen im ökologischen Anbauversuch des mittelfrühen Sortiments wieder hoch. Auch die Sorten 16397/09, Gaya und Herbstgold waren laut Meßmer zum Teil von Wiederaustrieb im ökologischen Anbau bei Hitze mit unregelmäßigen Niederschlägen stark betroffen. 

Alternatia entwickelte sich hingegen nur selten, da es vermutlich zu heiß und zu trocken war, als dass sich der Pilz voll entfalten konnte. Qualitativ waren von Rhizoctonia Dry Core vor allem ökologische Sorten betroffen, insbesondere im trockenen Jahr 2022. Dafür war nach Meßmers Aussage auch der häufige Anbau von Kleegras im Ökolandbau verantwortlich. Dieser Befall ist jedoch sortenabhängig; beispielsweise war Emanuelle stärker betroffen als Otolia. 

Ergrünte Knollen waren hingegen vermehrt in konventionellen Beständen zu finden. Die Erklärung ist laut Meßmer, dass konventionelle Knollen flacher gelegt werden als ökologische. Knollen im Ökologischen Anbau werden wegen der mechanischen Unkrautbekämpfung tiefer gelegt. Der Drahtwurmbefall war auf dem Versuchsfeld gering, aber tendenziell eher im ökologisch geführten Bestand zu spüren.
 

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