Später Drusch und massiver Ährenbruch
Die Nachfrage nach Dinkelprodukten boomt seit Jahren. Durch ein Überangebot in 2022 wurde allerdings die Anbaufläche um mehr als die Hälfte reduziert.
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In der Praxis hat man auf die boomende Nachfrage nach Dinkelprodukten reagiert und den Dinkelanbau forciert. Mit knapp 37.000 ha im Vorjahr wurde der Dinkel zur drittgrößten Getreidekultur in Baden-Württemberg. Als die Ernteerträge 2022 auch noch deutlich über den Erwartungen lagen, führte das zu einem Überangebot, das die Preise nach unten drückte. Folglich reduzierte sich die Anbaufläche von 2022 um mehr als die Hälfte auf 21.900 ha laut Statistischem Landesamt. Die Vermehrungsflächen von Dinkel zeichnen in Baden-Württemberg in diesem Jahr ein vergleichbares Bild: 2022 wurden 1500 ha vermehrt, 2023 ging die Vermehrung auf 740 ha zurück. Die bedeutendsten Dinkelsorten sind Albertino (170 ha) und der bereits 2006 zugelassene Zollernspelz (110 ha).
Vier von fünf Standorten ausgewertet
In Baden-Württemberg kamen 2023 vier der fünf Dinkelstandorte in die Auswertung. Zusätzlich wurden bayerische und rheinland-pfälzische Landessortenversuche (LSV) für eine umfangreichere Datenbasis mitverrechnet. Der Standort Eiselau war nicht wertbar. Durch den wetterbedingten späten Drusch und stürmische Bedingungen kam es in den Beständen zu massivem Ährenbruch.
Zehn Sorten standen 2022/23 in Baden-Württemberg zur Prüfung an. Neuzulassungen gab es in diesem Jahr nicht. Die LSV Dinkel werden zweifaktoriell angelegt: in der integrierten Variante (V2) kommen Fungizide und Wachstumsregler zum Einsatz, in der reduzierten Variante (V1) wird auf diese Pflanzenschutzmaßnahmen verzichtet.
Der milde und feuchte Herbst sorgte für einen guten Feldaufgang. Ausgangs Winter kam es rasch zu einer überdurchschnittlichen Bestockung. Es folgte ein nasses Frühjahr und anschließend eine anhaltende Trocken- und Hitzephase. Die Erntezeit war geprägt von Regen und Unwetter. Der Braunrostbefall war in dieser Saison besonders bei den anfälligen Sorten massiv. Auch wurde ein stärkerer Befall mit Blattseptoria festgestellt. Der Gelbrostbefall war dagegen verhalten. Sortenbedingt gingen vor allem die langstrohigen Spelzweizen ins Lager, auch in der behandelten Variante. Mit den wechselnden Wetterereignissen kam das robuste Spelzgetreide einigermaßen gut zurecht. Die Durchschnittserträge lagen 2023 bei 77 dt/ha in V1 und 86 dt/ha in V2. Die höchsten Erträge wurden am westbayerischen Standort Günzburg mit 105 dt/ha (V1) und 110 dt/ha (V2) gedroschen. Ertragsstärkster baden-württembergischer Standort war Boxberg mit 78 dt/ha (V1) und 96 dt/ha (V2). 1Statistisches Landesamt
LSV: Beobachtungen in Süddeutschland und Sortenbeschreibungen
Albertino erzielt 2023 und mehrjährig mit 102 Prozent (V2) über alle Standorte einen sehr hohen Relativertrag. In V1 ist das Ertragsniveau niedriger anzusetzen. Albertino ist ein ausgesprochener Korndichtetyp. Die langstrohige Sorte neigtuberschrift 2 stärker zu Lager. Die hohe Anfälligkeit für Mehltau (BSL 8) und Braunrost ist abzusichern. Albertino ist ein qualitativ hochwertiger Dinkel und im Anbau aktuell die bedeutendste Sorte.
Alboretto kommt aus demselben Züchterhaus wie Albertino und zeigt entsprechend ähnliche Sorteneigenschaften: langer Wuchs, Lagerneigung sowie deutliche Tendenzen zu Mehltau (BSL 7) und Braunrostbefall. Im Ertrag liegt die Sorte 2023 und mehrjährig auf ähnlichem Niveau wie Albertino. Insgesamt hinterlässt die Sorte in diesem Jahr einen homogenen Eindruck über die Standorte. Die Qualitäten der Sorte sind sehr gut.
Badenglanz überzeugt vor allem auf den baden-württembergischen Standorten: in Tailfingen und Boxberg ist Badenglanz die ertragsstärkste Prüfsorte. Der BSL-Einstufung (8/7) beim Veesenertrag wird die Sorte mit 103 Prozent (V1) und 102 Prozent (V2) ein- und mehrjährig durchaus gerecht. Der kurzstrohige Dinkel verfügt über eine ausgezeichnete Standfestigkeit und Ährenstabilität sowie eine gute bis durchschnittlich Blattgesundheit. Fallzahl und Rohprotein sind gut. Kernausbeute und Sediwert fallen niedrig aus.
Badenkrone (nicht orthogonal; nur an den baden-württembergischen Standorten geprüft) ist mehrjährig der ertragsstärkste Dinkel im Prüfsortiment in beiden Varianten. Die kurzwüchsige Sorte zeigt Schwächen in der Standfestigkeit und Ährenstabilität. Die Blattgesundheit ist 2023 durchschnittlich mit einer sehr guten Gelbrosttoleranz. Die Qualitäten liegen im Mittelfeld.
Badensonne kommt ein- und mehrjährig auf leicht unterdurchschnittliche bis mittlere Veesenerträge. Die längste Sorte im Prüfsortiment hat eine gute Strohstabilität, neigt aber zu Ährenknicken. Badensonne schiebt die Ähren spät und reift spät ab. Unbedingt zu beachten ist die hohe Braunrost - und Mehltauanfälligkeit (BSL 8). Auch der Gelbrostbefall ist 2023 überdurchschnittlich. Qualitativ bewegt sich Badensonne im Mittelfeld.
Franckentop präsentiert sich 2023 mit Relativerträgen von 101 Prozent (V1) und 98 Prozent (V2). Ertragsstärke zeigt die Sorte besonders an den Standorten Tailfingen und St. Johann. Langjährig liegen die Erträge im Mittelfeld. Die Sorte ist früh beim Ährenschieben und trotz der Wuchslänge durchschnittlich standfest. Bis auf eine hohe Mehltauanfälligkeit (BSL 7) ist der Dinkel bei den Blattkrankheiten unauffällig. Die Qualitäten der Sorte sind sehr gut. Die Fallzahl ist in der BSL (9) sehr hoch eingestuft.
Die 2016 zugelassene Sorte Hohenloher kann im Veesenertrag ein- und mehrjährig nicht mehr ganz mit der Konkurrenz mithalten. Die Sorte erweist sich als lageranfällig. Die Blattgesundheit ist durchschnittlich, mit Ausnahme einer guten Gelbrosttoleranz. Hohenloher ist qualitativ ein hochwertiger Dinkel.
Stauferpracht beeindruckt 2023 an den baden-württembergischen Standorten mit sehr guten Leistungen. In St. Johann ist Stauferpracht mit deutlichem Abstand die ertragsstärkste Sorte. Die Stärke des Dinkels liegt ein- und mehrjährig in der reduzierten Variante. Stauferpracht ist kurz und sehr standfest. Die Braunrostanfälligkeit war 2023 unterdurchschnittlich, bei Gelbrost ist die Sorte gefährdet. Die Fallzahl erhält in der BSL eine hohe Einstufung. Die Kernausbeute ist verhältnismäßig niedrig.
Zollernfit ist ein Low input-Spelzweizen, der in der reduzierten Variante ein- und mehrjährig seine hohes Ertragspotential mit 103 Prozent relativ voll ausspielen kann. In V2 platziert sich die Sorte im Mittelfeld. Zollernfit ist kurzstrohig und hat eine ausgezeichnete Standfestigkeit. Bei Braun- und Gelbrost zeigt die Sorte 2023 eine geringe Anfälligkeit. Zollernfit ist ein qualitativ hochwertiger Dinkel.
Zollernperle tut sich 2023 mit durchschnittlich 95 Prozent Relativertrag auf den baden-württembergischen Standorten schwer. In den bayerischen LSV präsentiert sich der Dinkel deutlich ertragsfreudiger. Insgesamt liegt das Ertragsvermögen ein- und mehrjährig unter dem Durchschnitt. Die sehr langstrohige Sorte neigt zu Lager. Die Krankheitstoleranzen sind gut bis zufriedenstellend. Zollernperle ist ein ausgesprochener Kerndichtetyp. Qualitativ liegt der Spelz im guten bis mittleren Bereich.
Empfehlungssorten für den Anbau 2023/24: Albertino, Badenkrone, Zollernfit
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