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Leguminosen

Gesundungsfrüchte mit mehr Potenzial

Hülsenfrüchte sind wahre Multitalente in der Landwirtschaft und Ernährung. Sie bieten Vorteile für die Umwelt, die menschliche Gesundheit, für landwirtschaftliche Böden und die Wirtschaft. Obwohl ihr Nutzen bekannt ist, bleibt der Anbau in Deutschland und Europa begrenzt. Fördermaßnahmen und neue Strategien sollen das Potenzial dieser „Gesundungsfrüchte“ stärker nutzen und ihren Anbau sowie die Vermarktung vorantreiben.

von Susanne Gnauk erschienen am 18.12.2024
Für den Sojaanbau gibt es viel mehr Potenzial in Deutschland. Aufgrund des Zuchtfortschrittes und Klimawandels sollen mittlerweile etwa 64 Prozent der Ackerflächen für den Anbau der Eiweißpflanze geeignet sein. © Krick | agrar-press
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Leguminosen bieten zahlreiche Vorteile für die Landwirtschaft: Dank ihrer Knöllchenbakterien können sie Stickstoff aus der Luft binden und diesen im Boden speichern. Dadurch reduzieren sie den Bedarf an mineralischen Düngemitteln und verbessern die Bodenfruchtbarkeit. Gleichzeitig fördern sie die Biodiversität, indem sie vielfältige Lebensräume für Insekten schaffen. Der Anbau von Hülsenfrüchten lockert Fruchtfolgen auf, macht sie gesünder und stärkt die Bodenstruktur. Dies ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern nachweislich auch für die Erträge nachfolgender Kulturen.

Im Vergleich zu etablierten Kulturen wie Weizen oder Mais sind sie aber oft weniger rentabel, weshalb gezielte Vermarktungsstrategien und finanzielle Anreize nötig sind, um ihren Anbau attraktiver zu machen (siehe auch Interview mit Stefan Beuermann).

Nachhaltige Ernährung: Hülsenfrüchte als ein Schlüssel

Die Ernährung der Zukunft wird ohne Hülsenfrüchte nicht auskommen, davon zeigte sich Prof. Dr. Guido Ritter vom Institut für Nachhaltige Ernährung der FH Münster auf dem UFOP-Symposium „Die Vier von hier – Körnerleguminosen aus Europa für eine nachhaltige Ernährung“ Ende November 2024 in Berlin überzeugt. Sie sind nicht nur eine wertvolle Alternative zu tierischen Proteinen, sondern auch gesundheitlich vorteilhaft. Hülsenfrüchte enthalten viel Protein, Ballaststoffe und Mikronährstoffe wie Eisen, Magnesium und Kalium. Gleichzeitig sind sie fettarm und können zur Prävention von Volkskrankheiten wie Diabetes, Übergewicht oder Bluthochdruck beitragen.

Alle Fachgremien empfehlen mittlerweile, mehr Hülsenfrüchte zu essen, darauf wies die BLE-Präsidentin Dr. Margareta Büning-Fesel auf dem Symposium hin. Der 2019 von der internationalen EAT-Lancet-Kommission veröffentlichte wissenschaftlich fundierte Speiseplan „Planetary Health Diet“ empfiehlt einen Konsum von Hülsenfrüchten von 500 g pro Woche. Die neuen lebensmittelbasierten Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfehlen 125 g verzehrfertige oder 70 g getrocknete Hülsenfrüchte. Verzehrt werden heute in Deutschland laut Büning-Fesel etwa 40 g pro Woche im Durchschnitt.

In der pflanzenbasierten Ernährung sollten Hülsenfrüchte laut Ritter noch viel stärker eine Schlüsselrolle spielen – etwa als Basis für Fleischalternativen. Produkte aus Erbsen- oder Sojaprotein erfreuen sich wachsender Beliebtheit, was sich auch immer mehr in den Supermarktregalen widerspiegelt. Der Regalplatz für Fleischersatzprodukte wird größer und immer mehr Unternehmen setzen auf pflanzliche Alternativen. Hülsenfrüchte bieten dabei nicht nur gesundheitliche Vorteile, sondern auch geschmackliche Vielfalt und zahlreiche kulinarische Anwendungsmöglichkeiten.

Herausforderungen und Chancen

Trotz ihrer Vorteile gibt es etliche Hürden, die Ritter ebenso ansprach. Verbraucherakzeptanz, Geschmack und Textur stellen nach wie vor Herausforderungen dar. Auch die Verdaulichkeit und mögliche Allergene müssen berücksichtigt werden. Hier setzt die Forschung an: Innovative Technologien wie Hochdruckverarbeitung, Fermentation oder Genome Editing sollen die Qualität, den Nährwert und die Sensorik von Hülsenfrüchten verbessern.

Ein weiterer Aspekt ist die Abhängigkeit von Importen. Ein Großteil der in Deutschland verzehrten Hülsenfrüchte wird aus dem Ausland importiert. Ein erheblicher Anteil der Produkte in Supermärkten stammt nicht aus regionalem Anbau. Umso wichtiger ist es, den heimischen Anbau zu stärken.

Leguminosen in der Tierfütterung

Der größte Teil der Hülsenfrüchte geht weltweit und auch in Deutschland allerdings in die Tierfütterung. Die weltweit bedeutendste Leguminose, Soja, wandert zu über 90 Prozent ins Tierfutter. Aktuell beträgt die Lücke bei Eiweißfuttermitteln in der konventionellen Tierhaltung in Deutschland (mindestens 22 Prozent Rohprotein) laut Stefan Beuermann, verantwortlich bei der UFOP für LeguNet, etwa 70 Prozent, die durch Einfuhren geschlossen werden muss. Deutschland importiert jährlich über 90 Prozent des benötigten Sojas, mengenmäßig 3,5 Mio. t. Insgesamt brauchen wir rund 8 Mio. t Ölschrote in der Tierfütterung. In der EU werden 7 Mio. t Non-GMO-Soja verbraucht, aber nur etwa 3 Mio. t erzeugt.

Beuermann sieht gerade im Sojaanbau viel mehr Potenzial in Deutschland. Aufgrund des Zuchtfortschrittes und Klimawandels seien mittlerweile etwa 64 Prozent der Ackerflächen für den Anbau von Soja geeignet. War ihr Anbau anfangs auf den Südwesten Deutschlands beschränkt, können dank neu zugelassener Sorten heute sogar in Schleswig-Holstein ordentliche Erträge erzielt werden. „Wir haben glücklicherweise zwei große Verarbeitungsanlagen in Deutschland, die Sojaschrot für die konventionelle Tierfütterung herstellen. Deren Bedarf entspricht einem zigfachen der gegenwärtigen Anbaufläche. Die ADM verarbeitet in Mainz und Straubing Non-GMO-Soja aus konventionellem Anbau. Das Unternehmen Agriprotein benötigt Ökosoja für die Standorte Minden und Bülstringen, wobei Verbandsware besonders gesucht ist. Da die Sojabohne nicht am Entstehen der Leguminosenmüdigkeit beteiligt ist, kann ihr Anbau im ökologischen Landbau ebenfalls deutlich ausgedehnt werden“, so der Fachmann für Körnerleguminosen.

Aber auch der Einsatz von Erbsen, Bohnen und Lupinen in der Fütterung könne in der Tierfütterung ohne Leistungseinbußen noch viel mehr forciert werden. Praxiserprobte Rationsempfehlungen für die wichtigsten Nutztierarten stehen auf der Homepage der UFOP (siehe Kasten „Hilfreiche Infos im Netz“).

Förderung von Hülsenfrüchten: Strategien und Programme

Die Eiweißpflanzenstrategie der Bundesregierung setzt sich seit 2012 für die Förderung von Hülsenfrüchten ein. Forschungsvorhaben und Netzwerke wie „LeguNet“ bündeln Wissen rund um Anbau, Züchtung und Vermarktung. Mit Kampagnen wie „Vier von hier“ der UFOP wird für regionale Proteinpflanzen geworben.

Auf europäischer Ebene wurde im Oktober 2023 eine Entschließung zur Eiweißstrategie verabschiedet. Ziel ist es, die Produktion pflanzlicher Proteine auszubauen und nachhaltiger zu gestalten. Deutschland, Dänemark und andere Länder plädieren für eine umfassende europäische Proteinstrategie, um den Anbau von Hülsenfrüchten und anderen alternativen Proteinquellen zu fördern.

Um eine Transformation hin zu mehr heimischen Hülsenfrüchten in der Landwirtschaft und Ernährung voranzutreiben, sind gemeinsame Anstrengungen aller Akteure notwendig – von Landwirten über Wissenschaftler bis hin zu Verbrauchern. Das wurde ebenso auf dem Symposium deutlich.

Fazit: Hülsenfrüchte als ein Schlüssel zur Zukunft

Hülsenfrüchte bieten eine Vielzahl an Vorteilen. Sie sind gut für die Umwelt, gesund für den Menschen und wirtschaftlich interessant. Als Stickstofflieferanten tragen sie zur Bodenverbesserung bei, fördern die Biodiversität und sind ein wichtiger Bestandteil nachhaltiger Ernährungssysteme.

Für Landwirte stellen sie eine Chance dar, neue Vermarktungswege zu erschließen und von der wachsenden Nachfrage nach pflanzlichen Lebensmitteln zu profitieren. Mit gezielten Förderprogrammen, Forschung und innovativen Technologien können die Vorteile von (heimischen) Hülsenfrüchten auch für die menschliche Ernährung besser genutzt werden.

Leguminosen sind nicht nur eine von vielen Antworten auf die Klimakrise, sondern auch auf die wachsenden Anforderungen an eine gesunde und nachhaltige Ernährung – gut für Mensch und Umwelt. Viel mehr Potenzial sehen Experten für den Einsatz heimischer Hülsenfrüchte in der Tierfütterung. So könnte der Anbau von Soja auch in Deutschland bedeutend ausgedehnt werden. Um heimische Hülsenfrüchte im Anbau zu forcieren, bedarf es aber einer gezielteren Förderung und Vermarktung.

Hilfreiche Infos im Netz
  • Im Rahmen der bundesweiten Eiweißpflanzenstrategie setzt das LeguNet die Arbeit von drei Netzwerken zu Erbse/Bohne, Lupine und Soja fort und bündelt das Wissen rund um alle Körnerleguminosen vom Anbau bis hin zur Vermarktung: www.legunet.de
  • Hinweise zur Vermarktung gibt das LeguDash, ein Dashboard für Marktinformationen zu Ackerbohnen, Felderbsen, Lupinen und Sojabohnen mit Daten zu Markt- und Preisinformationen sowie Prognosen: www.legunet.de/markt/vermarktung
  • Anbau und Nutzung kleinkörniger Leguminosen wurde fünf Jahre lang über das bundesweite Netzwerk Demonet-KleeLuzPlus durch Praxisversuche, Wissensvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit gefördert. Die Ergebnisse, darunter Anbauempfehlungen, Verwertungsmöglichkeiten und Praxisberichte, eine Broschüre sowie Videos und Podcasts sind weiterhin auf der Website verfügbar, deren Betreuung durch Institutionen wie die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft fortgeführt wird: www.demonet-kleeluzplus.de

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