Strommarkt beobachten
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BWagrar: Sie setzen bei der flexiblen Stromerzeugung sehr stark auf Biomasse?
Annette Keil: Ja. Energy2market hat seit Beginn der Direktvermarktung den Biogasanlagen eine hohe Bedeutung beigemessen. Biogasanlagen sind aufgrund ihrer Speicher sehr gut in der Lage, flexibel auf die Erfordernisse des Marktes und der Systemsituation zu reagieren. Dabei können sie einen nicht zu unterschätzenden Beitrag für die Systemsicherheit in Deutschland leisten.
Während heute noch ein Großteil der Anlagen aufgrund ihrer ursprünglichen Funktionalität nur negative Flexibilität zur Verfügung stellen kann, wird sich das bei Nutzung der FlexPrämie ändern. Die FlexPrämie ist eine gesetzlich verankerte Investitionsförderung, die es Anlagenbetreibern erlaubt, ihre Anlagen - soweit irgend wirtschaftlich - staatlich gefördert zu erweitern. Durch die damit geschaffene positive Flexibilität werden diese Anlagen zukünftig deutlich stärker als andere von den wirtschaftlichen Mehrerlösen aus der Direktvermarktung profitieren.
BWagrar: Welche Voraussetzungen muss der Landwirt für die flexible Stromerzeugung erfüllen?
Annette Keil: Die Anlage muss in der Lage sein, flexibel auf Signale aus dem Markt zu reagieren. Um auf diese „Signale reagieren zu können“, muss die Anlagensteuerung der einzelnen BGA im ersten Schritt an das Virtuelle Kraftwerk (VKW) des jeweiligen Direktvermarkters angeschlossen sein. Dazu bedarf es einer Schnittstelle. Die dafür anfallenden Investitionskosten werden durch die möglichen Mehrerlöse aus der FlexVermarktung schnell refinanziert. „Flexibel sein“ bedeutet u.a., dass die Anlage über einen Gasspeicher verfügt, der es ihr erlaubt, über einen längeren Zeitraum ihre Einspeisemenge zu variieren.
Neben den technischen Voraussetzungen ist es aber auch ganz wichtig, dass sich der Landwirt mit seiner Anlage beschäftigt. Nur wer seine Anlage wirklich gut kennt und weiß, wie sie sich in welcher Situation verhält, wird zukünftig gezielt die Anlagenleistung variieren können. Darauf wird es ankommen. Ein erster Schritt ist heute, dass sich der Betreiber Gedanken um die morgige Stromeinspeisung macht und diese über das Kundenportal an unsere Handelsabteilung meldet.
BWagrar: Wie sehen Sie die Rolle der BGA im Strommarkt der Zukunft?
Annette Keil: Nach unseren Erfahrungen der letzten Jahre sind es vor allem die Landwirte, die die Energiewende am meisten verinnerlicht haben. Diese Botschaft positionieren wir als Partner der Landwirtschaft gern und zu jeder sich bietenden Gelegenheit bei den politischen und regulatorischen Entscheidern.
Wenn wir heute über die Rolle der Biogasanlagen im Strommarkt von morgen reden, dann werden sich die Rolle des Vermarkters und die Rolle der Betreiber verschieben. Je kurzfristiger auf die Erfordernisse des Marktes reagiert werden muss, je schneller die Entscheidungswege sein müssen, umso weniger kann der einzelne Betreiber dies vorhersehen. Prognostizieren. Daher könnte es in Zukunft so aussehen, dass Landwirt und Vermarkter gemeinsam entscheiden, welche Bemessungsleistung mit welcher Gasmenge im Jahr produziert werden soll, Grenzen für die Flexibilität festlegen und der Vermarkter dann innerhalb dieser Rahmenbedingungen die Anlage fahren darf. Das wird nicht bei allen Anlagen so sein, aber die hochflexiblen werden diese Chance nutzen.
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