Wissenschaftler plädieren für Impfung gegen Ebergeruch
Spätestens seit der Agrarausschuss des Bundesrates vergangene Woche gegen eine Verlängerung der Übergangsfrist votiert hat, wird eine Änderung des Tierschutzgesetzes zum 31. Dezember immer unwahrscheinlicher. Damit zeichnet sich ab: Ab Anfang nächsten Jahres dürfen männliche Ferkel in Deutschland nicht mehr ohne Betäubung kastriert werden. Bis dahin bleibe wenig Zeit, dieses Verbot umzusetzen, teilt das Friedrich-Loeffler-Institut jetzt in einer Pressemitteilung mit.
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Gegenwärtig stehen drei Alternativen zur Verfügung: Die Kastration unter Betäubung, die Jungebermast und die Impfung gegen Ebergeruch. Aus tierschutzfachlicher Sicht sei der Impfung gegen Ebergeruch (Immunokastration) der Vorzug zu geben, so das FLI.
Die männlichen Schweine müssten hierfür zweimal geimpft werden. Der Wirkstoff bei beiden Impfungen ist ein Analogon des Gonadotropin-Releasing-Faktors (GnRF), das heißt ein Stoff, der dem körpereigenen GnRF sehr ähnlich ist. Das körpereigene GnRF bewirke während der Geschlechtsreifung die Bildung von Androstenon im Hoden, also des Geschlechtshormons, das eines der Hauptverursacher des Ebergeruchs ist.
Anders als das körpereigene GnRF sei das verabreichte Analogon nicht hormonell wirksam. Vielmehr rege es, so das FLI, das Immunsystem des geimpften Tieres dazu an, Antikörper gegen das körpereigene GnRF zu bilden.
Durch die Impfung werde das Immunsystem dazu gebracht, das körpereigene GnRF zu blockieren. Dies habe zur Folge, dass die Bildung von Androstenon im Hoden unterdrückt werde. Mit der ersten Impfung werde dem Immunsystem zunächst das Antigen, hier das GnRF-Analogon, präsentiert. Das Immunsystem wird quasi „scharf gestellt“. Erst nach der zweiten Impfung, die mindestens vier Wochen nach der ersten Impfung erfolgen sollte, beginnt das Immunsystem, die Bildung des Androstenon zu unterdrücken. Die zweite Impfung sollte vier bis sechs Wochen vor der Schlachtung durchgeführt werden, um den Ebergeruch sicher ausschließen zu können.
Während dieser Zeitspanne werde nicht nur die Bildung von Androstenon unterdrückt, sondern gleichzeitig wird in der Leber der Abbau von Skatol verstärkt, eines weiteren Hauptverursachers des Ebergeruchs. Die Wirkung der zweiten Impfung sei, so die Wissenschaftler, aber bereits nach etwa zwei Wochen gut zu erkennen: Die geimpften Tiere werden ruhiger, weniger aggressiv, zeigen weniger Aufreiten und ihre Hoden werden kleiner.
Tiere, die bei der Impfung „durchgerutscht“ sind, können so erkannt und nachgeimpft werden. Nach Erfahrungen aus der Praxis betrifft dies 0,5 bis 2,0 Prozent der Tiere. Werden diese Tiere nachgeimpft, sei die Geruchsvermeidung durch die Impfung genauso wirksam wie bei chirurgischer Kastration.
Die Belastung der Tiere durch die Impfungen sei vergleichsweise gering. Belastungen entstünden eventuell durch das Selektieren der Tiere, ihre kurzzeitige Fixierung und den Einstich der Impfpistole sowie gegebenenfalls Reaktionen an der Injektionsstelle. Das Selektieren der Tiere könne durch die getrennte Haltung von männlichen und weiblichen Mastschweinen vereinfacht werden. Wie für alle Behandlungen an den Tieren gelte auch hier, dass Selektieren und Fixierung möglichst schonend vorgenommen werden sollten, um die Belastung der Tiere gering zu halten.
Die Belastung der Tiere bei chirurgischer Kastration unter Betäubung sei dagegen größer. Bei der Inhalationsnarkose werden die Ferkel in kurzem Abstand zweimal fixiert: Zunächst sollte ihnen etwa 20 Minuten vor der Kastration ein Schmerzmittel zur Behandlung des postoperativen Schmerzes injiziert werden. Anschließend werden sie rücklings im Narkosegerät fixiert, um ihnen die Narkosemaske aufzusetzen, bevor der eigentliche Eingriff vorgenommen wird.
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