Wohlfühlställe: Wenn Kühe mitentscheiden
Ob Laufhof oder luftiger Außenklimastall: Mehr Tierwohl für die Kühe verursacht mehr Emissionen. Ein Konflikt, der in der Nutztierhaltungsstrategie des Bundes deshalb auf die Agenda gesetzt worden ist. Mit einem Vorrangprinzip für den Tierschutz. Dadurch soll es für Landwirte einfacher werden, Ställe um- oder neu zu bauen. Beispielhafte Lösungen für Rinderhalter im Land fördert seit einiger Zeit das EIP-Projekt "Stallbau Rind".
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Auf der Website des Agrarministeriums in Stuttgart kann man seit kurzem auf eine spannende Spurensuche gehen. Klickt man sich durch die virtuelle Karte, entdeckt man 26 mit kleinen, blauen Dreiecken markierte Orte. Dort, im Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb und in Oberschwaben wird seit dem Start der Initiative vor anderthalb Jahren umgebaut, angebaut oder ein neuer Stall geplant.
26 Betriebe beteiligen sich derzeit an dem Projekt der Europäischen Innovations- Partnerschaft (EIP). Sie wollen ihre Kühe, Kälber und Mastbullen künftig tiergerechter, mit weniger Emissionen und umweltschonender halten – getreu den Zielen des vom Europäischen Landwirtschaftsfonds (ELER) geförderten Modellvorhaben. Dabei sollen Umwelt- und Tierschutz verbessert und durch baulich-innovative Lösungen in der Praxis etabliert und verbreitet werden, kann man in der dazugehörigen Broschüre nachlesen.
Tribut an den Tierschutz
Ein Knackpunkt: Die Emissionen aus solchen Tierwohlställen, bei denen Laufhöfe und/oder Weidegang im Regelfall dazu gehören. Sie zu mindern, ist Teil der Lösung, die Tiere künftig so zu halten, dass Verbraucherinteressen bedient und Klimaschutzziele eingehalten werden können. Ein Ansinnen, das nun die Nutztierhaltungsstratgie thematisieren und lösen will. Zwar sei aktuell noch nicht klar, wie dieses Vorrangprinzip verwaltungstechnisch umgesetzt werden soll, erläutert Uwe Eilers im Dezember auf dem Biberacher Milchviehtag, aber beispielsweise sollen Tierwohl-Aspekte in der künftigen TA Luft mehr als bisher gewichtet werden.
Die Gründe hierfür sind vielfältig. Ein gewichtiges Argument dürfte die anhaltende, öffentliche Kritik an bestehenden Haltungssystemen, wie den noch verbreiteten Anbindeställen, sein. Hinzu kommen die Diskussionen darüber, welchen Beitrag die Nutztierhaltung für das Erreichen der Klimaschutzziele künftig leisten muss und welche Stallbauvorhaben ob dieser ungeklärten Fragen in Zukunft überhaupt noch genehmigt werden können.
Strukturierte Stallabteile
Antworten darauf erhoffen sich die Inititatoren des 2017 gestarteten EIP-Projektes. Anstelle des lange gültigen Prinzips, mehr Tierwohl durch mehr Platz, sollen die Ställe auf den Beispielbetrieben nun zuvorderst stärker strukturiert werden, um dadurch die Emissionen von den Flächen zu reduzieren. „Wir wollen den Tieren Ausweich- und Wahlmöglichkeiten bieten“, erläutert Eilers.
Konkret: Ein Teil der Kühe frisst im Stall auf erhöhten Fressplätzen, der andere Teil hält sich draußen im Laufhof auf, frisst an den dortigen, überdachten und begrünten Fressplätzen oder liegt in den nicht überdachten Liegebuchten. Auf den Laufgängen im Innern des Stalls befördert derweil ein Schieber fortlaufend den Mist nach draußen.
Weniger Emissionen
Im Sommer befeuchten Düsen die Laufgänge, um den Abtransport der Gülle zu erleichtern. In den Abkalbebuchten werden verschieden strukturierte Böden verlegt. Die frisch melkenden Kühe gelangen über Einwegtore zu den Kühen in der großen Herde. Zusätzlich gibt es einen Zugang zum dezentralen Laufhof. „Die Reduzierung der Tiere in den einzelnen Stallbereichen sorgt für weniger verschmutzte Flächen und bedeutet in Summe weniger Emissionen“, erklärt Eilers, der darauf setzt, dass mit diesem Konzept auch in die Jahre gekommene Ställe erfolgreich umgestaltet werden können.
Gleichzeitig steigt das Tierwohl in den so konzipierten Ställen. Die offenen Gebäude lassen viel Licht hinein, sie erhitzen im Sommer nur wenig, weil die Dächer begrünt sind. Flexible Fressplatzteiler auf den erhöhten Fressplätzen senken die Verschmutzung und Verletzungsgefahr, im Laufhof sorgt im Sommer ein Sonnendach für die nötige Beschattung.Ob sich in Zukunft freie Liegeflächen als Alternative zum Boxenlaufstall etablieren, bezweifelt Eilers.
Zwar bieten Kompostställe viel Potenzial für das geforderte Tierwohl. „Doch eine zentrale Frage ist, wie die Einstreu für solche Ställe verfügbar ist und zu welchen Preisen“, erläutert er. Dem derzeit in Holland getesteten Kuh-Garten begegnet der Haltungsexperte jedenfalls mit Skepsis. Dort laufen und liegen die Kühe auf einer strohlosen Fläche. Buchten gibt es keine. „Bleibt die Frage, ob solch ein Stall tatsächlich als Tierwohlstall vermittelt werden kann. Die Tiere liegen mehr oder weniger im Dreck“, gibt Eilers zu bedenken. Was nicht zwangsläufig bedeutet, dass freie Liegeflächen kein geeignetes Verfahren sein können. „Dort wo beispielsweise ein Kompost- oder Tiefstreustall passt, macht er auch Sinn“, macht der LAZBW-Mitarbeiter deutlich.
Lesen Sie den gesamten Beitrag inklusive eines Interviews mit Uwe Eilers vom LAZBW in Ausgabe 4/2019 von BWagrar.
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