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Rindergesundheit

Regelmäßige Klauenpflege hilft gegen Mortellaro

Wer Mortellaro in seiner Rinderherde hat, hat ein schwerwiegendes Problem. Die Krankheit lässt sich zwar bekämpfen, aber nur schwer komplett ausheilen. Einer der Gründe, warum sich die auch als Erdbeerkrankheit oder Dermatitis Digitalis (DD) bekannte ansteckende Entzündung der Klauenhaut inzwischen zu den häufigsten Abgangsursachen entwickelt hat. Umso wichtiger sind Hygiene, Liegekomfort, Klauenpflege, nicht zuletzt der Zukauf Mortellaro-freier Rinder, wie Dr. Andrea Fiedler, Klauenfachtierärztin auf einer Fachtagung des Landeskontrollverbandes (LKV) Baden-Württemberg vor kurzem in Gerstetten-Dettingen (Landkreis Heidenheim) den zahlreichen Zuhörern verdeutlichte.

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Professionell gepflegte Klauen schützen Kühe davor, krank zu werden. Dafür machen sich stark (v.l.n.r.): Tobias Fink und Wolfgang Sekul, Landwirtschaftliches Zentrum (LAZBW), Jürgen Bieger, LKV, Dr. Hans Ableiter, Agrarministerium (MLR), Marie Au, DLQ, Wolfgang Bachert, Tatjana Heim, LKV, Prof. Dr. Barbara Benz, Hochschule (HfWU) Nürtingen-Geislingen und Dr. Andrea Fiedler, Klauenfachtierärztin, München.
Professionell gepflegte Klauen schützen Kühe davor, krank zu werden. Dafür machen sich stark (v.l.n.r.): Tobias Fink und Wolfgang Sekul, Landwirtschaftliches Zentrum (LAZBW), Jürgen Bieger, LKV, Dr. Hans Ableiter, Agrarministerium (MLR), Marie Au, DLQ, Wolfgang Bachert, Tatjana Heim, LKV, Prof. Dr. Barbara Benz, Hochschule (HfWU) Nürtingen-Geislingen und Dr. Andrea Fiedler, Klauenfachtierärztin, München.Ast
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Die Fachtagung bildete den Abschluss des von der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) und des vom Land geförderten Projektes „Klauencheck Baden-Württemberg“. Initiiert vom LKV beteiligten sich die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen, das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW), die Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) und die Zuchtwertschätzstelle in Kornwestheim. Ein Ziel: Die systematische Erfassung von Klauenbefunddaten aus baden-württembergischen Rinderherden. Denn nur dann können, so erläuterte es LKV-Projektleiterin Tatjana Heim, Verbesserungen oder Verschlechterungen bei den Tieren erkannt, behandelt und langfristig vorgebeugt werden (siehe BWagrar-Bericht in Ausgabe 20/2019).

Häufige Ursache für frühe Abgänge

Eine dieser folgenreichen Krankheiten ist Mortellaro, die die an dem Vorsorgeprojekt beteiligte Tierärztin Dr. Andrea Fiedler auf der Abschlussveranstaltung zum Anlass nahm, den Zuhörern Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Dass dies dringend notwendig ist, belegen Zahlen: Schon ein einzelner Mortellaro-Fall schlägt nach Recherchen des Bundesverbandes Rind und Schwein (BRS) in Bonn mit 300 bis 500 Euro an Milchgeldverlust und Behandlungskosten zu Buche. „Auf vielen Betrieben ist Mortellaro die häufigste Klauenerkrankung“, sagte Fiedler. Umso wichtiger sei es sich mit den Ursachen der multifaktoriellen Krankheit auseinander zu setzen und diese abzustellen.  

Hervorgerufen wird DD durch sogenannte Treponemen, bewegliche schraubenförmige Bakterien. Diese gelangen meist durch befallene Zukaufstiere in den Bestand und verbreiten sich durch einzelne erkrankte Tiere in der Haltungsumwelt der Rinder. Das bloße Vorhandensein der Treponemen reiche für einen Krankheitsausbruch bei einem Tier jedoch noch nicht aus, machte Fiedler deutlich. Erst wenn eine Kuh zum Beispiel durch einen Energiemangel in der Hochlaktation in ihrer Abwehrkraft geschwächt sei, können die Erreger die Immunabwehr des Tieres überwinden und Krankheitssymptome hervorrufen. Denn nach einer Übertragung bohrten sich die Treponemen in die tiefen Hautschichten der Klauenhaut, dorthin wo sie weder das Immunsystem des Tieres noch Medikamente erreichen können. Bricht die Krankheit bei einer Kuh aus, zeigen sich in der Frühphase zunächst kleine scharf abgegrenzte Läsionen, meist am weichen Ballen oder im Zwischenklauenspalt.

In der Frühphase ist die Erkrankung noch nicht schmerzhaft, so dass zunächst noch keine Lahmheit bei den Tieren auftritt. Bleibt DD in der Frühphase unentdeckt, breitet sie sich weiter auf der Klauenhaut aus und wird schmerzhaft für die Tiere. Im Stall fallen akute Fälle durch eine leichte bis mittelgradige Lahmheit auf. Beim Blick auf die Klauenhaut unmittelbar oberhalb des weichen Ballens der Hintergliedmaßen bestätigt sich dann der Verdacht: Mortellaro. Wird nun behandelt, ziehen sich die Treponemen tief in die Klauenhaut zurück. Es entsteht die chronische DD, die als solche kaum noch zu erkennen ist. Eine echte Heilung, so die Klauenfachtierärztin, sei das aber nicht. Wird das Immunsystem der Kuh beispielsweise durch eine Hitzeperiode oder eine Kalbung geschwächt, flackert die Erkrankung wieder auf und der Teufelskreis beginnt von neuem.

Haltungsmängel begünstigen Ausbruch der Krankheit

Die begünstigenden Faktoren der Mortellaro Erkrankung sind Stress, bedingt durch eine überhöhte Besatzdichte, eine falsche oder vernachlässigte Klauenpflege sowie eine mangelhafte Stallhygiene beziehungsweise ein inadäquates Stallklima. Auch eine abrupte Futterumstellung oder ein Fütterungsfehler können dazu führen, dass der Befall der Erdbeererkrankung erleichtert wird.

Das ständige Stehen im Dreck, generell das Bewegen in einem feuchtwarmen Ambiente sind weitere Gründe, warum es zur Entstehung der Krankheit kommen kann. „Die Gülle ist das Problem“, stellte Fiedler fest und sprach von einem regelrechten „Scheiße-Tsunami“ in manchen Boxenlaufställen, bei denen Schieber oder Spaltenböden mit der Menge an Kot und Urin von den Tieren an ihre Grenzen kämen. Mit fatalen Folgen. Der Mix aus Feuchtigkeit und eine womöglich schon vorgeschädigte Klauenhaut begünstigen das Entstehen der Krankheit. Die Treponema-Bakterienarten werden direkt über den Mist oder von Tier zu Tier übertragen.

Regelmäßige Klauenpflege dient der Vorsorge

Umso wichtiger sei es, akut an Mortellaro erkrankte Tiere sofort zu behandeln und chronisch unter DD leidende Kühe und Rinder bei der Klauenpflege zu therapieren. Dabei gehe es immer darum, die Entzündung einzudämmen, die Wunden zu desinfizieren und Abheilung zu fördern. Mehr Abhilfe als von den oft ihre Wirkung verfehlenden Klauenbädern, verspricht sich die Tierärztin deshalb von der Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Klauenpflegern und Tierärzten. Die Krankheit zu dokumentieren sei Grundlage, um sie behandeln oder erst gar nicht entstehen zu lassen. Dabei spiele die Klauenpflege eine wichtige Rolle: „Sie ist nicht alles, aber ohne Klauenpflege ist alles nichts.“

 

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