Jakob Ramm sieht Molkerei gut aufgestellt
Bei Milchwerke Schwaben in Neu-Ulm geht der langjährige Co-Geschäftsführer Jakob Ramm im November in den Ruhestand. Jakob Ramm hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt und gilt deutschlandweit als erfahrener Experte in der Milchverarbeitung. Im Gespräch mit BWagrar blickt er auf sein Arbeitsleben zurück.
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BWagrar: Herr Ramm, Sie waren jetzt über 28 Jahre bei Milchwerke Schwaben. Wie fällt Ihre persönliche Bilanz aus?
Ramm: Sehr gut. Die Milchwerke Schwaben waren mein Lebensmittelpunkt. Die Arbeit hat mir immer viel Freude bereitet.
BWagrar: Wie sind Sie als Schleswig-Holsteiner damals eigentlich ausgerechnet im Süden gestrandet?
Ramm: Das frage ich mich selbst auch immer mal wieder. Aber so spielt das Leben. Aufgewachsen bin ich an der Elbe in der Wilstermarsch etwa 70 Kilometer nordwestlich von Hamburg. Mein Vater hatte eine Meierei. Nach der Realschule habe ich bei der Nordbutter, die heute zum Deutschen Milchkontor (DMK) gehört, gelernt und anschließend in Hannover mein Fachabitur nachgeholt und Milchwirtschaft studiert. Auf dem Heimweg bin ich immer in Bad Fallingbostel bei Kraft, heute Mondelez international, vorbeigefahren. Da stand für mich damals schon fest: Wenn die einen suchen, dann bewirbst du dich. So habe ich 1977 meine erste Stelle als Nachwuchsführungskraft bei Kraft angetreten. Mit 34 war ich Werkleiter mit 1300 Mitarbeitern. Eigentlich war das genau mein Ding. Im Konzern hatte man so eine Position allerdings im Schnitt nur für fünf Jahre inne. Und da ich nicht in die Zentrale wechseln wollte, habe ich 1992 ein Angebot der Firma Alois Müller, Aretsried, angenommen. So bin ich nach Augsburg gekommen. Bei Müller wurde ich als Geschäftsführer Produktion und Technik für verschiedene Werke eingestellt. Das klang vielversprechend. Allerdings haben wir uns nicht verstanden und so habe ich 1993 schließlich zu den Milchwerke Schwaben als Geschäftsführer für Produktion und Technik gewechselt.
BWagrar: Nach dieser steilen Karriere bei Kraft und Müller war der Einstieg bei den Milchwerke Schwaben dann beruflich gesehen nicht ein Abstieg?
Ramm: Nein, überhaupt nicht. Ich bin nie ein Müller-Mann gewesen, und klar, als ‚Kraftler‘ war ich während der Zeit in Fallingbostel sehr stolz auf das Erreichte. Der Start in solch einem Unternehmen prägt. Dort bin ich mit Schmelzkäse groß geworden. Allerdings durfte ich keine wesentliche Investitionsentscheidung treffen, sondern musste eins zu eins umsetzen, was die Konzernleitung beschlossen hat. Das war unbefriedigend. Ganz anders liefen die Dinge bei Milchwerke Schwaben. Hier konnte ich von Beginn an ein stabiles Vertrauensverhältnis mit unseren Eignern, also mit den Landwirten, aufbauen. Ein Verhältnis, das über die Jahre immer gut getragen hat. Dafür bin ich dankbar.
BWagrar: Was waren Ihre wichtigsten Projekte?
Ramm: Wir haben 2011 die neue Käserei gebaut, mit einer Endausbaustufe für 40.000 t Schnittkäse. Das war eine Verdopplung der bisherigen Menge. Hier fließen heute 70 Prozent unserer Milchmenge rein. Bei Joghurt und Dessert waren wir beim Ein-Kilo-Eimer Vorreiter, haben schon Anfang der 2000er-Jahre eine sehr schlagkräftige Abfüllanlage gekauft, sind in die Fernsehwerbung gegangen und haben die Mengen innerhalb kurzer Zeit verdreifacht. Hier sind wir nach wie vor Marktführer in Deutschland. In dieses Segment fließen rund 17 Prozent Milchmenge; der Umsatzanteil liegt noch einige Prozentpunkte darüber. So haben wir in meinen ersten 17 Jahren im Unternehmen 45 Mio. Euro investiert. In den vergangenen elf Jahren folgten weitere 75 Mio. Euro.
BWagrar: Was war Ihr Erfolgsrezept?
Ramm: Ein Grund war sicherlich die Doppelspitze im geschäftsführenden Vorstand, bei der ich seit 1997 eine Position bekleide. So konnten wir stets mit einer Meinung auf Vorstand und Aufsichtsrat zugehen, unsere Anliegen vortragen und wurden auch gehört. Der Zusammenhalt im Führungsteam ist aus meiner Sicht zentral für den Erfolg.
BWagrar: Für Fusionen mit anderen Milchwerken konnten Sie sich nie wirklich begeistern?
Ramm: Das ist wohl wahr. Dieses Thema kam immer mal wieder auf den Tisch. Als 1993 die Südmilch in die Insolvenz ging, war ich noch ein Grünschnabel. In der Diskussion stand, die Südmilch zu viert zu übernehmen - ein Plan, gegen den ich damals schon argumentiert habe, wenn auch noch ganz leise. Ab 1998 gab es verschiedene Gespräche mit Nachbarmolkereien. Zu einem Abschluss kam es nie. Wir waren da immer vorsichtig. Jedes Unternehmen hat seine Schwerpunkte, seine eigene Kultur. Gerade bei einer Fusion unter Gleichberechtigten ist es schwierig, dass sich das neue Unternehmen findet. Außerdem muss man nach einer Fusion richtig viel Geld ausgeben, um die Strukturen zu optimieren. Dass Fusionen nicht der Weisheit letzter Schluss sind, hat man im Norden gesehen. Seit Anfang der 2000er haben wir nie mehr wirklich über Fusionen gesprochen. Ich denke, wir haben bewiesen, dass wir allein wettbewerbsfähig sind.
BWagrar: Mehr Tierwohl, weniger Kühe: Werden die Milchwerke Schwaben mit einer solchen Entwicklung klarkommen?
Ramm: Dass wir neue Lager für Rohmilchtanks bauen müssen, weil wir zwischenzeitlich sieben verschiedene Milchsorten verarbeiten, hätte ich mir vor ein paar Jahren so auch noch nicht vorstellen können. Wir haben Allgäuer-Milch, Tierwohl-Label-Milch, Milch für Alpenland-Milchpulver, Biomilch, Landliebe Milch, GVO-freie Milch oder einfach nur konventionell erzeugte Milch. Kann sein, dass künftig die Milchmengen zurückgehen, doch auch dann können wir mit unserer Struktur gut weiterarbeiten. Die weniger lukrativen Märkte würden nicht mehr beliefert. Außerdem sind wir breit aufgestellt und können zwischen den Produkten wechseln. Zudem sind wir bei den Personalkosten pro Kilo verarbeiteter Milch richtig gut.
BWagrar: Sie gelten als sehr gewissenhaft und diszipliniert, als jemand, der bereits morgens um 7 Uhr seinen ersten Rundgang durchs Werk macht. Was planen Sie für den Ruhestand?
Ramm: Der strukturierte Alltag wird mir am Anfang sicher fehlen. Andererseits freue ich mich darauf, mal etwas später aufzustehen. Zunächst steht erst einmal ein Urlaub an, außerdem habe ich schon lange nicht mehr Golf gespielt. Ich kann mir auch vorstellen, als Berater für die Milchbranche im ein oder anderen Projekt mitzuarbeiten.
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