Ein Spitzenjahrgang
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Der Weinjahrgang 2016 wird in Württemberg hervorragend, und auch die Mengen sind dieses Jahr durchaus ordentlich. Die genossenschaftliche Erntemenge liegt nach aktuellen Prognosen rund acht Prozent über dem Vorjahr. „Unsere württembergischen Weingärtner werden eine sehr gute Qualität in die Gläser bringen – vergleichbar mit dem Spitzenjahrgang 2015. Auf die 2016er-Weine können wir uns alle sehr freuen“, sagte Dr. Roman Glaser, der Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), in den Räu-men der Collegium Wirtemberg eG in Stuttgart-Rotenberg. Fast 70 Prozent der Rebflächen in Württemberg werden genossenschaftlich erfasst.
Nach derzeitigen Schätzungen dürfte die Erntemenge der 39 Weingärtnergenossenschaften (WG) in Württemberg dieses Jahr bei etwa 82 Millionen (Mio.) Litern liegen. Rechnet man die privaten Weingüter hinzu, dürfte die Weinmenge zwischen 115 und 120 Mio. Liter erreichen. Eine der wichtigen württembergischen Sorten, der Trollinger, ist noch nicht geerntet, sodass die Mengenschätzung noch schwankt. Im Vorjahr haben die württembergischen Weingärtnergenos-senschaften 76 Millionen Liter in die Keller gebracht. Der Ertrag 2016 der württembergischen Genossenschaftsweingärtner könnte laut BWGV bei rund 110 Hektoliter je Hektar Rebfläche liegen (2015: 101). Derzeit läuft die Hauptlese. Vor allem die Württemberger Hauptsorten Riesling, Lemberger und Trollinger werden in die Keller geholt.
Absatz und Umsatz der Weingärtnergenossenschaften stabil
Der Absatz der württembergischen Weingärtnergenossenschaften mit eigener Kellerwirtschaft und eigenem Vertrieb ging im ersten Halbjahr 2016 leicht um 0,3 Mio. auf 32,7 Mio. Liter Wein und Sekt zurück (minus 1,0 Prozent). Der Umsatz stieg im gleichen Zeitraum um 0,3 Mio. Euro auf 100,8 Mio. Euro (plus 0,3 Prozent). „Durch einen höherwertigen Sortiments-Mix konnten die leichten Absatzrückgänge mehr als aufgefangen werden. Dies spricht für die sehr gute Qualität der genossenschaftlichen Weine aus Württemberg“, sagt Glaser.
Der Durchschnittserlös je Liter Wein und Sekt blieb im Jahresverlauf 2015 stabil bei 3,16 Euro. Im ersten Halbjahr 2016 lag der Durchschnittserlös dann bei 3,08 Euro je Liter. Dies sind vier Cent mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Im zweiten Halbjahr eines Jahres ist der Durchschnittserlös immer deutlich höher als im ersten.
Im Jahr 2015 haben die württembergischen Weingärtnergenossenschaften mit eigener Kellerwirtschaft und eigenem Vertrieb 69,3 Mio. Liter Wein und Sekt verkauft (plus 0,3 Mio. Liter beziehungsweise 0,5 Prozent). Der Umsatz stieg im gleichen Zeitraum um 1,0 Mio. Euro (0,5 Prozent) auf 219,1 Millionen Euro.
Württemberg behauptet sich in schwierigem Weinmarkt
Der deutsche Weinmarkt gestaltet sich nach wie vor schwierig: Im ersten Halbjahr 2016 lag der Weineinkauf der privaten Haushalte mengenmäßig 2,9 Prozent und wertmäßig 2,7 Prozent unter den Werten des Vorjahreszeitraums. Vom Mengenrückgang sind diesmal Rotweine mit minus 4,3 Pro-zent (Wert: minus 6,1 Prozent) am stärksten betroffen, dann folgen Weißweine mit minus 2,9 Prozent (Wert: minus 0,8 Prozent). Bei Roséwein gab es nach den deutlichen Rückgängen im Vorjahr wieder eine spürbare Erholung.
„Auch Württemberger Wein kann sich dem Gesamttrend nicht ganz entziehen und muss Reichweitenverluste hinnehmen. Die Wiederkaufsrate nimmt jedoch auf hohem Niveau sogar noch zu“, berichtet Dieter Weidmann, Vorstandsvorsitzender der Württembergischen Weingärtner-Zentralgenossenschaft eG (WZG). „Daraus ist eine hohe Kundenloyalität ableitbar.“
Der durchschnittliche Endverbraucherpreis legte im ersten Halbjahr noch einmal um drei Cent auf 3,05 Euro je 0,75-Liter-Flasche zu. „Dies belegt eine hohe Preisstabilität“, erläutert Weidmann. Unter den deutschen Anbaugebieten bleibt der Marktanteil Württembergs nach Menge stabil bei elf Prozent, nach Umsatz konstant bei zwölf Prozent. Die WZG in Möglingen rechnet in diesem Jahr mit einer Einlagerungsmenge von 19,5 Mio. Liter. Das wäre eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um 1,0 Mio. Liter oder gut 5 Prozent. Diese liegt aber immer noch 2 Prozent unter dem Zehn-Jahres-Schnitt.
Strukturwandel im Weinbau geht weiter
Auch 2015 setzte sich der Strukturwandel im Weinbau fort. Seit Jahren ist die Zahl der Betriebe in Württemberg rückläufig – von 16.200 im Jahr 2000 auf 9.710 zum Jahresende 2015. Insbesondere kleine Nebenerwerbsbetriebe geben vermehrt auf, während die Zahl der Betriebe über fünf Hektar kontinuierlich zunimmt – von 389 im Jahr 2000 auf 670 zum Jahresende 2015.
In Württemberg arbeiten 40 Weingärtnergenossenschaften, darunter 16 (ohne WZG als Zentrale), die ihre Weine im eigenen Keller ausbauen. Mit der genossenschaftlichen Ertragsrebfläche von 7462 Hektar werden immer noch fast 70 Prozent der Gesamtfläche von Genossenschaftsbetrieben bewirtschaftet. Fusionen gab es 2015 in Württemberg keine. In diesem Jahr traten die Weingärtner aus Knittlingen vollständig der Genossenschaft in Oberderdingen bei. Die Knittlinger Weintrauben wurden in diesem Herbst bereits in Oberderdingen verarbeitet. Die Knittlinger Genossenschaft wird liquidiert. Diese Art des Zusammenschlusses ist laut Weidmann kostengünstiger als eine Fusion. Für das laufende Jahr haben die Mitglieder der Weinkellerei Hohenlohe und der Weingärtnergenossenschaft Heuholz den Zusammenschluss beschlossen. Entstehen wird dabei eine Genossenschaft mit insgesamt 500 Hektar Rebfläche.
Collegium Wirtemberg setzt seit vielen Jahren auf Topqualität
„Wir rechnen mit einer sehr guten Ernte. Die Trauben sind gesund und die Qualität des Lesegutes ist entsprechend ausgezeichnet“, berichtet Martin Kurrle, geschäftsführender Vorstand der Collegium Wirtemberg Weingärtner Rotenberg & Uhlbach eG. Die Stuttgarter Genossenschaft war dieses Jahr Gastgeber der Wein-Pressekonferenz des BWGV. Kurrle rechnet für 2016 mit einer Erntemenge von 1,5 Mio. Kilogramm Trauben (Vorjahr: 1,3 Mio. kg). „Das entspricht in etwa unserem Zielertrag“, sagt der Geschäftsführer, der den Betrieb seit 1993 leitet. Die Mengen differieren ohnehin nicht sehr stark, da das Collegium Wirtemberg zugunsten der Qualität eine gezielte Ertragsreduzierung betreibt.
„Seit rund 25 Jahren setzen wir komplett auf Spitzenqualität was die Rebsorten, die Arbeit im Weinberg und den Ausbau im Keller angeht“, erläutert Kurrle. „Wir haben sehr engagierte Weingärtner und 15 sehr gute Mitarbeiter, die sich das gesamte Jahr über mit viel Herz und Verstand für das Qualitätscredo unse-res Erzeugerbetriebs einsetzen.“ Die vielen Auszeichnungen für das Collegium belegen dies.
Wie hoch das durchschnittliche Traubengeld für die aktiven Traubenlieferanten ausfällt, wollte Kurrle nicht beantworten. "Die Erzeuger können auskömmlich leben", meinte er diplomatisch.
Gleichzeitig kümmert sich die Wein-Erzeugergemeinschaft intensiv um den Nachwuchs. Weil die Industrie in Stuttgart attraktive Arbeitsplätze biete, ist der Nachwuchs stark umworben. Das Collegium Wirtenberg hat zeitgemäße Angebote entwickelt, etwa sogenannte Weinguides, die mit einem Basiswissen über Weinbau und Weinwirtschaft mit speziellen Veranstaltungen junge Zielgruppen ansprechen.
Das Collegium Wirtemberg, das 2007 durch die Fusion der Weingärtnergenossenschaften Uhlbach (Gründung: 1907) und Rotenberg (1936) entstanden ist, bewirtschaftet 150 Hektar Rebflächen rund um den Stuttgarter Württemberg mit der berühmten Grabkapelle. „Unsere Lagen ,Rotenberger Schlossberg‘ und ,Uhlbacher Götzenberg‘ sind unsere absoluten Aushängeschilder und deutschlandweit bekannt“, berichtet Geschäftsführer Kurrle. Der Schlossberg bringe vor allem sehr gute Rieslinge, Burgunderweine und Sauvignon Blanc hervor, der Götzenberg schwere Rotweine wie Lemberger, Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah. „Besonders stolz sind wir auf unseren ,Wilhelm‘, ein besonders herausragender Trollinger“, betont Kurrle.
Die 20 hauptberuflichen Weingärtner und 40 Nebenerwerbserzeuger produzieren zu 66 Prozent Rotweine und zu 34 Prozent Weißweine. Die mengenmäßig bedeutendsten Rebsorten des Collegiums sind: Trollinger (25 Prozent), Riesling (20), Lemberger (15) und Spätburgunder (10). In Sachen Vermarktung befindet sich das Collegium Wirtemberg in einer hervorragenden Position: Laut Kurrle geht mehr als die Hälfte des Weins an Privatkunden und die übrige Menge an die Gastronomie und den Fachhandel. „Das liegt an unserer hervorragenden Qualität“, sagt der Geschäftsführer, „aber auch daran, dass uns das Thema , Wein und Kultur‘ sehr am Herzen liegt.“ So locken zahlreiche Veranstaltungen und Aktivitäten rund um das Thema Wein das ganze Jahr über jede Menge Feinschmecker und Weinliebhaber in die beiden alten Ortskeltern in Rotenberg und Uhlbach.
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