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Marktgemeinschaft tierischer Erzeugnisse

Hohe Preise international nicht ohne Risiko

In der EU werden derzeit die höchsten Preise für Schlachtschweine weltweit bezahlt. Was heimische Mäster freut, macht Marktbeobachter nervös. Die Begründung lieferte eine Veranstaltung der Marktgemeinschaft tierischer Erzeugnisse in Ulm-Seligweiler. Auch die Ebermast kam zur Sprache.
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Den Schweinehaltern in Süddeutschland gehen die Themen rund um ihren Betriebszweig so bald nicht aus. Neben dem nervenzehrenden Auf und Ab der Preise halten Tierwohl, Tierschutz, illegale Stalleinbrüche, das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration ab dem Jahr 2019 und die Ebermast die landwirtschaftlichen Unternehmer auf Trab. Darauf wies Bernhard Randler Anfang Dezember 2016 in Ulm-Seligweiler hin. Randler ist Vorsitzender der Marktgemeinschaft tierischer Erzeugnisse, die ihre Schlachtschweine über die Viehzentrale Südwest (VZ) vermarktet. Der 121 Mitglieder zählende Verein gehört zur Vieherzeuger-Gemeinschaft e. G. mit Sitz in Stuttgart.

Geruchsauffällige Tiere

Nach Einschätzung des Vorsitzenden kommt Eberfleisch nicht erst mit der Umstellung der Ferkelkastration auf den Markt. Das Fleisch unkastrierter männlicher Schweine ist nach seiner Erfahrung längst in der Speisekette im Umlauf. Sollte nach der Umstellung der Anteil des Eberfleischs in Fleisch und Wurst zunehmen, müssten die geruchsauffälligen Tiere sicher aus dem Verkehr gezogen werden können. Sonst, fürchtet er, nimmt der Schweinefleischverzehr in Deutschland Schaden.

In der Verarbeitungsindustrie frohlocken ebenfalls nicht alle Kunden über den möglicherweise steigenden Anteil von Eberfleisch. Wie Bernhard Randler berichtete, lehnen die Hersteller von Schwarzwälder Schinken Eberschinken als zu mager ab. In Italien seien Eberschinken ebenfalls nicht gefragt. Andererseits gibt es in Baden-Württemberg mit der Firma Ulmer Fleisch einen führenden Schlacht- und Zerlegebetrieb, der ausdrücklich Schweinemäster für die Jungebermast sucht.

In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (NRW) werden Jungeber bereits seit acht Jahren gemästet und über die Fleischverarbeiter Tönnies und Westfleisch vermarktet. Das berichtete der Agraringenieur Georg Freisfeld aus Ascheberg im NRW-Landkreis Coesfeld. Freisfeld ist Berater, Mäster und Mitglied der Geschäftsführung des Erzeugerrings Westfalen.

Gute Nachrichten über die internationale Schweinefleischnachfrage hatte Dr. Rainer Pflugfelder in seinen Vortrag gepackt. Das Nachfrageloch Russlands infolge des Importstopps habe China gefüllt, berichtete der VZ-Geschäftsführer. In dem asiatischen Land werde heute jedes zweite Schwein weltweit verspeist. Der asiatische Markt insgesamt nimmt auch Erzeugnisse auf, die vor zwanzig Jahren noch in der Tierbeseitigung landeten. Der Verkauf von Teilstücken wie Schwänze, Füße, Ohren und Ähnliches nach Fernost bringt fünf bis sechs Euro je Schwein.

Exportabhängigkeit bleibt

Einen stabilen Nachfrager wie China braucht die Europäische Union, besonders Deutschland. Mit Selbstversorgungsgraden bei Schweinefleisch von 120 Prozent in der Bundesrepublik und 110 Prozent im Binnenmarkt ist die Gemeinschaft auf Ausfuhren in Drittländer angewiesen. Positiv zu spüren war das für die deutschen Schweinefleischerzeuger im Juni dieses Jahres. Damals drehte sich der Markt, die Preise stiegen, während sie sonst um diese Zeit fallen. Der Grund: Die Chinesen kauften massenweise Schweinefleisch aus Deutschland. Laut Dr. Pflugfelder nimmt im Reich der Mitte der Wohlstand und in der Folge der Fleischverzehr weiter zu.

Aufgrund der jüngst zurückgegangenen Schlachtschweineerzeugung in der EU sind die Auszahlungspreise im europäischen Binnenmarkt derzeit so hoch wie nirgends in der Welt. Der VZ-Geschäftsführer beschrieb die Marktlage anschaulich mit vier Preiskurven: Danach lagen die Auszahlungspreise jüngst in der EU bei 1,53 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht (Euro/kg SG). Zur gleichen Zeit erzielten Schlachtschweine in Brasilien 1,38 Euro, in Kanada 1,07 Euro und in den USA 1,04 Euro/kg SG. Riskant an diesem Preisgefüge ist, dass alle anderen Regionen in der Welt wettbewerbsfähiger sind als die EU. Sollte einer der drei Wettbewerber den Europäern einen Kunden abjagen, könnte der Binnenmarkt unter erneuten Preisdruck geraten.

Ausblick EU und Deutschland

Beim Blick auf die EU-Schweineproduktion im Jahr 2017 rechnet Pflugfelder mit etwa stabilen Zahlen von 262 (2016: 263) Mio. Stück. Rückgänge sind in Dänemark, Frankreich, Niederlande, Polen und Belgien zu erwarten. Produktionssteigerungen soll es in Spanien, Deutschland, Italien, Großbritannien und Rumänien geben. Für Deutschland erwartet Pflugfelder im kommenden Jahr leicht schrumpfende Sauen- und Mastschweinebestände. Die Schlachtung hingegen soll stabil bleiben. Die deutsche Schweinefleischnachfrage dürfte stabil bleiben oder leicht sinken.

In der EU hingegen wird mit stabilen Produktions- und Bedarfsmengen gerechnet. Weltweit könnte die Produktion sogar steigen. Damit dürfte die EU auch im kommenden Jahr auf Exporte angewiesen sein. Offen ist für Pflugfelder der Umfang der Auslandsnachfrage. Für süddeutsche Schweinehalter bleiben 2017 die Themen Tierwohl, kupierte Schwänze und Ferkelkastration auf der Tagesordnung. Stärker in den Vordergrund rücken die Befunddaten vom Schlachthof und der Trend zu Regionalprogrammen.

 

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