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Genossenschaftsverband

Holzvermarktung im Blick

Die Rundholzvermarktung in Baden-Württemberg wird neu aufgestellt: Genossenschaften bieten eine Möglichkeit gerade für den kleinstrukturierten Privatwald, hieß es bei der Jahrespressekonferenz für Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften am 9. April in Stuttgart.
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Genossenschaften sind eine aussichtsreiche Lösung für die künftige Holzvermarktung im Südwesten. Darin sind sich der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk, MdL, und Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), einig. „Genossenschaften haben hierzulande einen besonders hohen Stellenwert. Sie empfehlen sich zur Bewältigung vieler Zukunftsherausforderungen – ein aktuelles Beispiel im Land ist die Bündelung der Holzvermarktung im Kommunal- und Privatwald“, sagte Glaser bei der Jahrespressekonferenz des BWGV im Stuttgarter GENO-Haus. Die Umsätze der 633 (2016: 639) Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften im Südwesten stiegen 2017 um 3,1 Prozent auf 8,88 Milliarden Euro.

Staatliche Holzvermarktung wettbewerbswidrig

Nach Ansicht von Landwirtschaftsminister Peter Hauk könnten „Holzvermarktungsgenossenschaften dauerhaft erfolgreiche Strukturen in der baden-württembergischen Holzwirtschaft garantieren“. Dadurch werde eine ideale Verbindung von Kommunal- und Privatwald möglich. „Genossenschaftliche Lösungen im Holzverkauf hätten auch mit Blick auf das Kartellverfahren schon früher für Wettbewerb gesorgt“, stellt der Minister fest.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die bisherige Praxis der Holzvermarktung in Baden-Württemberg durch die staatliche „Forst BW“ als wettbewerbswidrig eingestuft. Sollte der Bundesgerichtshof dies bestätigen, ist eine Neuregelung erforderlich. In Baden-Württemberg gibt es bisher zwölf Wald- und Forstgenossenschaften, die etwa 7800 Mitglieder haben und einen Umsatz von rund 53,3 Millionen Euro erwirtschaften. „Genossenschaften sind kein Auslaufmodell. Ganz im Gegenteil: Genossenschaften sind ,in‘ und weiter im Kommen. Die Rechtsform bietet gerade in der Land- und Forstwirtschaft große Chancen für die Zukunft“, betonte Minister Hauk.

In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Genossenschaftsmitglieder in Baden-Württemberg um rund 500.000 angewachsen. Ursache sind viele Neugründungen von Genossenschaften – etwa im Energiesektor. Zudem werden immer mehr Menschen bewusst Mitglied bei ihrer Volksbank oder Raiffeisenbank – gerade seit Ausbruch der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise 2008. In Baden-Württemberg gibt es derzeit gut 3,92 Millionen Genossenschaftsmitglieder – Tendenz weiter steigend. Noch nie gab es im Südwesten so viele unterschiedliche Genossenschaften wie heute. Die aktuell 813 Unternehmen in der Rechtsform der eG verteilen sich auf rund 50 Branchen.

Raiffeisen-Jahr 2018 erinnert an Gründer-Idee

Im Raiffeisen-Jahr 2018 erinnern die Genossenschaften in Deutschland unter dem Motto: „Mensch Raiffeisen. Starke Idee!“ an einen ihrer Gründerväter, Friedrich Wilhelm Raiffeisen, und seine einzigartige Idee. Raiffeisens Name steht für eine Wirtschafts- und Gesellschaftsform, die auf Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung basiert und auf einem Wirtschaften nach der Devise: „Was den Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele“. 

Die 326 landwirtschaftlichen Genossenschaften in Baden-Württemberg haben im vergangenen Jahr einen Umsatzanstieg von 3,4 Prozent auf 3,53 Milliarden Euro verzeichnet. Zuwächse gab es beim Viehhandel und in der Milchwirtschaft, Rückgänge waren witterungsbedingt beim Obst und Ge-müse zu verzeichnen. Stabil blieben die Umsätze in der allgemeinen Warenwirtschaft und beim Wein. Vor dem Hintergrund des anhaltenden Strukturwandels in der Landwirtschaft verringerte sich 2017 die Zahl der Mitglieder bei landwirtschaftlichen Genossenschaften um 3000 auf 101.700. In der allgemeinen Warenwirtschaft blieben die Erlöse der 44 Genossenschaften (inklusive des Warengeschäfts der Genossenschaftsbanken) konstant auf Vorjahresniveau bei 1,06 Milliarden Euro.

Mehr Getreide erfasst

Die landwirtschaftlichen Genossenschaften haben 2017 rund 545.000 Tonnen Weizen, Gerste, Roggen, Hafer und andere Feldfrüchte erfasst. Das sind 5,4 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Die ZG Raiffeisen sowie die Bezugs- und Absatzgenossenschaften (BAG) bringen das Getreide der Landwirte an den Markt, bündeln für diese den Einkauf von Futter- und Düngemitteln und verkaufen landwirtschaftliche Maschinen, Heizöl und Kraftstoffe. Die Genossenschaften unterstützen ihre Mitglieder mit Preisabsicherungsmodellen, die für die Landwirte in einer zunehmend volatilen Situation Preisrisiken begrenzen helfen. „Genossenschaften sind in sämtlichen landwirtschaftlichen Sparten geradezu existenziell wichtig, sie schaffen Sicherheit und Verlässlichkeit für die Landwirte“, betonte Glaser.

Für die Milcherzeuger und ihre Molkereien ging es nach den Krisenjahren 2015 und 2016 im vergangenen Jahr wieder deutlich bergauf. Die Umsätze der sechs genossenschaftlichen milchverarbeitenden Betriebe in Baden-Württemberg stiegen 2017 um 16 Prozent auf 792 Millionen Euro. Die Milchanlieferungen im Südwesten lagen mit insgesamt 2,3 Millionen Tonnen in Summe auf dem Niveau des Vorjahres. Unterdessen betont BWGV-Präsident Glaser die enorme Bedeutung der Genossenschaften in der Milchwirtschaft und damit auch die Sinnhaftigkeit der Abnahme- und Andie-nungspflicht. Glaser betont, dass sich in den Molkereigenossenschaften die Milch erzeugenden Landwirte freiwillig zusammengeschlossen haben, um gemeinsam einen dauerhaft stabilen, wettbewerbsfähigen Erzeugermilchpreis zu erwirtschaften. „Die Milchmengensteuerung kann auch in eingetragenen Genossenschaften funktionieren“, ergänzte Hauk.

Weinabsatz: Plus in Baden - Minus in Württemberg

Die Weinernte 2017 brachte sowohl in Baden als auch in Württemberg eine gute Qualität, die Mengen waren wegen des heftigen Spätfrosts im April aber deutlich unterdurchschnittlich. 2017 haben die 116 Winzer- und Wein-gärtnergenossenschaften im Land 130,8 Millionen Liter Most eingelagert. Das sind 43,7 Millionen Liter beziehungsweise 25 Prozent weniger als 2016. Der Absatz von Wein und Sekt stieg 2017 um 2,3 Prozent auf 155,2 Millionen Liter. Die genossenschaftliche Weinwirtschaft in Baden-Württemberg hielt den Umsatz 2017 in etwa stabil bei 539 Millionen Euro.

Die selbstvermarktenden badischen Winzergenossenschaften haben aus der Ernte 2017 insgesamt 72,4 Millionen Liter Most eingelagert. Gegenüber 2016 wurden 27,1 Millionen Liter oder rund 23 Prozent weniger erfasst. 2017 haben die badischen Winzergenossenschaften insgesamt 85,9 Millionen Liter (plus 3,4 Millionen Liter beziehungsweise 4,1 Prozent) Wein und Sekt verkauft. Der Umsatz stieg um 6,3 Millionen Euro beziehungsweise 2,4 Prozent auf 268,8 Millionen Euro.

Die selbstvermarktenden württembergischen Weingärtnergenossenschaften haben aus der Ernte 2017 insgesamt 58,4 Millionen Liter Most erfasst. Gegenüber der Vorjahresernte wurden 22 Millionen Liter oder 27,4 Prozent weniger in die Keller eingebracht. Von den selbstvermarktenden württembergischen Weingärtnergenossenschaften wurden 2017 rund 69,3 Millionen Liter Wein und Sekt (plus 0,1 Millionen Liter beziehungsweise 0,2 Prozent) im Wert von 214,8 Millionen Euro abgesetzt. Das sind 3,2 Millionen Euro (1,5 Prozent) weniger als im Vorjahr.

Gewerbliche Genossenschaften werden immer vielfältiger

Der Gesamtumsatz aller 307 gewerblichen Genossenschaften in Baden-Württemberg legte um 2,9 Prozent auf 5,35 Milliarden Euro zu. Die gewerblichen Genossenschaften decken fast die gesamte wirtschaftliche Bandbreite ab – vom Kinderarzt über Handelsgenossenschaften, Kooperationen aus dem Handwerk, Energiegenossenschaften und Dorfläden bis hin zu Kaminbauern, Softwareschmieden und Beratern.

Die Zahl der Mitglieder im gewerblichen Bereich stieg im vergangenen Jahr um 4640 auf mehr als 69.000. Fast 60 Prozent des Umsatzes in der Gruppe der gewerblichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften entfallen auf die 14 Genossenschaften des Fachhandels (darunter Intersport und Euronics). Sie verzeichneten einen Umsatzanstieg um 3,5 Prozent auf knapp 3,03 Milliarden Euro. Die 150 Energiegenossenschaften erwirtschafteten 2017 einen Umsatz von 284 Millionen Euro und blieben damit genau auf Vorjahresniveau. Hinter den Energiegenossenschaften stehen 34.900 Einzelmitglieder. Der BWGV sieht für Energiegenossenschaften besonders in den Bereichen Nahwärme, Mieterstrommodelle, Elektro-Mobilität und bei Kooperationen untereinander sowie mit Kommunen oder Stadtwerken noch erhebliches Potenzial.

Gesundheitsgenossenschaften: Erste Modellprojekte laufen an

Einen Schwerpunkt in der Gründungsberatung bilden Genossenschaften im kommunalen Umfeld: Neben der ärztlichen Versorgung stehen Themen wie Mobilität, Betreuung, Bildung und die Entwicklung von Stadtquartieren unter dem Schlagwort „WohnenPlus“ auf der Agenda. „Genossenschaften können dort eine Lösung sein, wo sich die öffentliche Hand nicht mehr so stark wie bisher engagieren will oder kann“, verdeutlicht BWGV-Präsident Glaser.

Ein besonders spannendes Konzept sind Gesundheitsgenossenschaften, mit denen dem drohenden Ärztemangel insbesondere im ländlichen Raum begegnet werden kann. Etliche Gemeinden haben bereits Interesse bekundet, sich an genossenschaftlichen Modellprojekten zu beteiligen. Im laufenden Jahr gab es bis heute zwei genossenschaftliche Gründungen, die Energiegenossenschaft Dürmentingen (Landkreis Biberach) und die Gebers Landmarkt eG in Leonberg (Landkreis Böblingen), weitere 15 Projekte befinden sich aktuell im Gründungsprozess.

„Besonders gut eignen sich genossenschaftliche Lösungen auch für Herausforderungen im Handwerk – etwa beim drängenden Thema der Betriebsnachfolge“, sagt Glaser. „Denn bereits drei gute Mitarbeiter genügen, um eine eG zu gründen und so den Handwerksbetrieb gemeinsam als Genossenschaft fortzuführen.“ Gemeinsam lassen sich die anstehenden Herausforderungen wie der Fachkräftemangel, Nachfolgeprobleme, aber auch die zunehmende Konkurrenz durch andere Anbieter sowie die Digitalisierung besser bewältigen.

Aber auch die klassischen Genossenschaften im Handwerk wie etwa die BÄKOs der Bäcker und Konditoren, Fleischergenossenschaften oder auch die ZEG Zentraleinkauf Holz + Kunststoff bieten ihren Mitgliedern Unterstützungsleistungen an, die weit über den gemeinsamen Wareneinkauf hinausgehen. Mit einem Umsatzwachstum von 1,5 Prozent auf 1,85 Milliarden Euro war die Entwicklung der 27 Genossenschaften des Handwerks 2017 positiv. Mehr als 11.700 Handwerksbetriebe in Baden-Württemberg sind bereits genossenschaftlich organisiert.
 

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