Gegenwart und Zukunft
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Elegant gleitet er durch die Messegänge – der Roboter des Bietigheimer Unternehmens Frobotics. Ursprünglich als Helfer in der Gastronomie entwickelt, um Speisen zu den Tischen zu transportieren, wird das selbstfahrende Regal auf der Messe gerne als Flyerablage genutzt. Wird im Hofcafé der Zukunft die hausgebackene Erdbeertorte auf diese Weise personalsparend zum Kunden gefahren? „Ein Direktvermarkter arbeitet bereits seit einer Weile mit uns zusammen“, berichtet Geschäftsführer Markus Fotsch, „den Roboter nutzt er aber nicht in der Hofgastronomie, denn der Dielenboden ist dafür nicht geeignet. Er bewegt den Spargel vom Hofladen zur Schälmaschine im Nebenraum und zurück.“
Robuster Automat
Etwas traditioneller mutet der „Automat1“ an, den Christian Reinhard Bischoff entwickelt hat. Fächer öffnen sich rein mechanisch, indem der Kunde nach dem Münzeinwurf an einem Rädchen dreht, das an Kaugummiautomaten erinnert. Im Vergleich zu anderen Verkaufsautomaten, die mit Display, Kartenzahlungsmodul und Kühlung ausgestattet sind, ist dieses Modell mit 499 Euro bis 699 Euro pro Reihe nicht teuer. Es erweist sich als sehr robust. „Und wenn doch mal was kaputt geht, bestellt man ein Ersatzteil für gut 10 Euro und baut es selbst wieder ein“ erklärt der Entwickler.
Neben vielen technischen Lösungen – Waagen, Kassen, EDV – gab es eine breite Auswahl an Zukaufprodukten fürs Hofladensortiment. Das abgepackte Teegebäck der Bäckerei Lassche bei Bonn ist über den regionalen Einzelhandel und auch in Hofläden erhältlich. Das Buttergebäck der seit 1938 bestehenden Familienbäckerei hat interessanterweise alle Krisen der vergangenen Jahre überlebt. „Wir haben den allgemeinen Umsatzkick in der Branche beobachtet und hatten, was den Verkauf unserer Produkte in den Hofläden anging, auch deutliche Umsatzrückgänge. Doch zeitgleich haben wir über den Einzelhandel spürbar mehr verkauft, so dass wir in der Summe kaum Veränderungen hatten“, erklärt Standbetreuer Thomas Wölfle.
Stabile Verhältnisse
Mit 430 Ausstellern und über 5500 Besuchern bewegt sich die Messe in ähnlichen Sphären wie in den Vorjahren. Einige Aussteller waren nach einer großzügigen Corona-Pause wieder dabei. Direktvermarkter kommen, um sich nach Neuigkeiten umzuschauen und um Kollegen zu treffen. „Die Messe hat man an einem halben Tag gesehen – aber das Wiedersehen mit Kollegen tut der Bauernseele einfach gut“, fasst ein Besucher zusammen.
Wer als Aussteller mit hohen Erwartungen an Umsätze und Vertragsabschlüsse angereist ist, war nur begrenzt zufrieden. Doch zeigt sich bei den meisten eine gewisse Entspannung mit der Ungewissheit der wirtschaftlichen Lage im Allgemeinen. Lautete der Tenor vor Corona noch „bei den Direktvermarktern sehen wir ein großes Potenzial für unsere Produkte“, hört man dieses Jahr eher ein „wir probieren es halt einfach mal aus.“
Ausprobieren als Grundsatz
Kann man Sanddornprodukte aus dem Nordosten der Republik in Hofläden an der Schweizer Grenze platzieren? Kann die Ernte von 40 Hektar hessischen Walnüssen langfristig erfolgreich vermarktet werden? Dass ein beherztes Ausprobieren durchaus erfolgreich sein kann, zeigt die Firma Bambus Dreams mit ihren formschönen Verkaufswägen namens Tramark. Die in Indien aus Mangoholz gebauten Warenträger mit ihren großen Metallrädern entsprechen zwar nicht dem Gedanken einer regionalen Zusammenarbeit mit dem Schreiner vor Ort, aber sie sehen einfach schön aus. „Vom Stil her passen sie fast überall hin“, beobachtet Firmengründer Mario Brasdat, „zu unseren Kunden zählen Modegeschäfte, Museen, Hotels, Lebensmittelhändler und eben auch Hofläden.“
Schokolade geht immer
Die Stimmung auf dem Karlsruher Messegelände zeigte, dass es den Direktvermarktern im Grunde ähnlich geht wie den Standbetreibern: Auch sie sind unsicher, wie sich die politische und wirtschaftliche Gesamtsituation weiterentwickeln und auf ihren Betrieb auswirken wird. Dabei lassen sie sich nicht unterkriegen und sind bereit, Innovationen kennenzulernen und auszuprobieren.
Gewiss: Die Entscheidung, in ein neues Warenwirtschaftssystem oder in andere langlebige Wirtschaftsgüter zu investieren, fordern gerade mehr Mut und unternehmerische Vision als wenige Jahre zuvor. Doch auch wer den Ball lieber flach hält, bis sich die Wirtschaft wieder etwas stabilisiert hat, musste das Messegelände nicht unverrichteter Dinge verlassen. So ein paar Verpackungseinheiten Schokokugeln, feine Gewürze oder ein stilvoller Warenträger und ein paar gute Gespräche sind in anspruchsvollen Zeiten mehr wert, als man denkt.
Innovationspreise
- Traditionell wurden unter den Ausstellern drei Innovationspreise verliehen. Einer ging an den Spargelschäl-Automaten „Spargel to go“ von Hepro. Das Gerät können Endverbraucher in Hofläden selbst bedienen und es kommt mit einer Fläche von nur 0,34 Quadratmetern aus. www.hepro-gmbh.de
- Ein weiterer Preis ging an eine Kooperation aus dem Experten für Warenwirtschaft Frachtpilot und der Gerd Thom GmbH, die auf Kassen spezialisiert ist. Die Firmen entwickelten eine Software, die die Warenwirtschaft mit der Waagensoftware verknüpft. www.frachtpilot.de, www. gerdthom.de
- Mit ihrem „Rezeptrechner“ hat Tina Heidorn ein Angebot für Lebensmittelverarbeiter, die laut Gesetz zu Nährwertangaben auf dem Etikett verpflichtet sind. Online sind etwa 10.000 Zutaten mit ihren durchschnittlichen Nährwerten hinterlegt. Der Nutzer pflegt die Rezeptur seiner verarbeiteten Produkte ein und der Rezeptrechner erstellt automatisch ein gesetzeskonformes Etikett einschließlich Nährwerttabelle. www.rezeptrechner.de.
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