Sortenergebnisse Wintergerste
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Mit 93 000 ha (Gemeinsamer Antrag 2019) Anbauumfang hat die Wintergerste
2018/2019 in Baden-Württemberg wieder Boden gut gemacht und auch im Ertrag
ordentlich abgeschnitten: Laut den ersten Erfassungen liegt der landesweite Durchschnittsertrag bei guten 72 dt/ha (statistisches Landesamt).
Zusammenfassung der Sortenversuche
Mittelwerte über die LSV-Standorte und mehrjährige Ertragsergebnisse über die Anbaugebiete (AG) 2018/2019:
- Ertrag V1: 81,3 dt/ha; V2 95,9 dt/ha
- agronomische Werte V1* (Mittelwert über die Standorte, wo das Merkmal erfasst wurde): Lager vor Ernte (2,8); Halmknicken (4,6); Ährenknicken (2,4)
- Krankheiten V1* (Mittelwert über die Standorte, wo das Merkmal erfasst wurde): Ramularia (5,3); Rhynchosporium (2,9); Netzflecken (2,2); Zwergrost (2,0); Mehltau (1,6)
- Qualitäten V2: Marktware, hl-Gewicht laut BSL 2019
*Skala 1-9: je höher die Note, desto negativer die Merkmalsausprägung
Weizenverzwergungsvirus
In Folge der Herbsttrockenheit standen die Bestände bereits zu Vegetationsbeginn relativ dünn. Einige Standorte waren deutlich mit dem Weizenverzwergungsvirus befallen. Wegen geringer Bestandsdichten büßten die zweizeiligen Wintergersten einiges an Ertrag ein, während die mehrzeiligen, ährenbetonten Sorten im Vorteil waren. Die Junihitze machte den Sorten mit späterer Abreife zu schaffen – sie blieben teilweise hinter den Ertragserwartungen zurück.
Flugbrandähren besonders häufig
Zu Vegetationsende zeigte sich Zwiewüchsigkeit vor allem in den dünnen Beständen. Der Durchschnittsertrag lag in der reduzierten Variante V1 bei 81 dt/ha, in der intensiven Variante mit praxisüblichem Einsatz von Wachstumsregler und Fungiziden bei 96 dt/ha. Damit wurde das schwache LSV-Ergebnis des Vorjahres nochmals unterschritten. Ein weiteres Phänomen im diesem Jahr waren die vielen Flugbrandähren in den Beständen. Bei den Anfälligkeiten standen zwei Pilzkrankheiten besonders im Fokus: Rhynchosporium und Ramularia.
Ramularia-Befall nimmt zu
Rhynchosporium trat in diesem Jahr massiv in Boxberg und Kupferzell auf. Vor allem in den Blattachseln waren die Krankheitssymptome deutlich erkennbar. Rhynchosporiumbefall lässt sich über tolerante Sorten und mit den entsprechenden Fungiziden gut steuern.
Weiter zuspitzen wird sich dagegen die Befallssituation bei Ramularia. Sie ist die derzeit wichtigste Krankheit in Winter- und Sommergerste und weiter auf dem Vormarsch. Ab 2020 stehen die wirksamen chlorthalonilhaltigen Fungizide nicht mehr zur Verfügung und durch anbautechnische Maßnahmen wie Sortenwahl, Saatzeitpunkt und Düngung lässt sich der Infektionsgrad nicht nachhaltig beeinflussen.
Keine belastbaren Sortenunterschiede bei Ramularia
Vielmehr spielt die zunehmend heiße und trockene Frühsommerwitterung die entscheidende Rolle. Belastbare Sortenunterschiede sind bisher noch nicht bekannt. In der Züchtung gibt es bereits vielversprechende Ansätze, aber es wird noch Jahre in Anspruch nehmen bis die ersten ramulariatoleranten Sorten auf dem Markt sind.
In den Versuchen zeigten sich minimale Unterschiede in der Befallsstärke. Das lässt darauf schließen, dass die frühen Sorten anfälliger sein könnten. Vermutlich haben auch die zweizeiligen Gerstensorten eine höhere Disposition zu Ramulariainfektionen als die mehrzeiligen. In den kommenden Jahren wird die Ramulariaanfälligkeit in den LSV ein fester Bestandteil der Sortenbeobachtung und -auswertung sein.
Mehrzeilige Wintergerste
KWS Higgins: Sehr hohes Ertragsniveau, besonders in der intensiven Variante; lange Sorte, unterdurchschnittliche Strohstabilität: Lagerneigung (4,6), Halmknicken (6,4); geringer Befall mit Ramularia (4,2), ansonsten mittlere Resistenzen; sehr hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
KWS Meridian: Erträge um den Durchschnitt, mehrjährig in V2 höheres Ertragsniveau; langer Wuchs mit Lagerneigung (3,9), geringe Halm- (5,8) und Ährenstabilität (3,0); Ramulariainfektion (4,8) unter durchschnittlich; mittlere Resistenzen gegen Blattkrankheiten; hoher Marktwareanteil; durchschnittliches hl-Gewicht.
KWS Orbit: 2019 in V1 relativ homogen über alle Standorte mit durchschnittlichen Erträgen;in V2, insgesamt und mehrjährig hohe Erträge; mehrjährig in V2 weit überdurchschnittliches Ertragsniveau; unterdurchschnittliche Standfestigkeit (3,5) und Halmstabilität (5,2); anfällig für Netzflecken (3,2) und Rhynchosporium (4,4); hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
Mirabelle: In den LSV 2019 an allen fastStandorten mit weit unterdurchschnittlichen Kornerträgen; mehrjährig ertragsstärker; mittel bis späte Abreife; sehr lange Wintergerste mit guter Standfestigkeit (2,6) und guter Halm- (3,6) und Ährenstabilität (1,9); leicht mehltauanfällig (1,9); ansonsten mittlere Blattgesundheit; hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
Paradies: Ein- und mehrjährig mit über- durchschnittlicher Ertragsleistung in V1; in V2 schwächer; lange Sorte; unterdurchschnittliche agronomische Eigenschaften: Lager (3,7), Halm- (5,4) und Ährenknicken (3,3); blattgesunde Sorte, Befall mit Ramularia gering (3,9), zusätzliche Gerstengelbverzwergungsresistenz; hl-Gewicht und Marktware durchschnittlich.
SU Ellen: 2019 hohe Streubreite in den Relativerträgen über die Standorte und Varianten; mehrjährig mit Erträgen um den Durchschnitt, in AG 21 besser; sehr frühe Sorte; Halm- (5,1) und Ährenstabilität (3,3) unterdurchschnittlich; nachlassende Blattgesundheit: Mehltau (2,8), Ramularia (5,6), Zwergrost (2,6) und Rhynchosporium (3,6); sehr hoher Marktwareanteil; unterdurchschnittliches hl-Gewicht.
SY Galileo: 2019 relativ konstant über Standorte und Varianten; mehrjährig insgesamt sehr hohes Ertragsvermögen; langwüchsige Hybride, lageranfällig (4,4); geringe Halm- (5,2) und Ährenstabilität (3,0); gute bis mittlere Blattgesundheit, geringer Befall mit Ramularia (3,8); hoher Marktwareanteil; durchschnittliches hl-Gewicht.
SY Baracooda: Hybride; uneinheitlich über die Standorte und Varianten; insgesamt sehr hohes Ertragsniveau; längste Wintergerste im Prüfsortiment mit Neigung zu Lager (3,9); mittlere Halmstabilität (4,9); Ährenstabilität (3,1) gering; deutliche Zwergrostanfälligkeit (3,7), Befall mit Ramularia (4,7) unterdurchschnittlich; hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
Toreroo: Hybride; 2019 und mehrjährig mit sehr hohen Ertragsleistungen in beiden Varianten; langwüchsig, leichte Lagerneigung (3,3); Halmstabilität (4,9) mittel; Ährenstabilität (3,4) gering; geringer Ramulariabefall (4,3) ansonsten gute bis mittlere Resistenzen; hoher Marktwareanteil; durchschnittliches hl-Gewicht.
Zweizeilige Wintergerste
California: 2019 und mehrjährig mittleres Ertragsniveau in beiden Varianten; späte, kurzwuchsige Sorte; umfassend sehr gute bis gute agronomische Eigenschaften; nachlassende Resistenzen; hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
Iggy: Im ersten Prüfjahr in Baden-Württemberg sehr heterogen mit insgesamt unterdurchschnittlichen Ertragsleistungen; mehjährig, in V1 mit mittleren Erträgen, in V2 niedriges Ertragsniveau; kurze Sorte mit sehr guten agronomische Eigenschaften: standfest (1,3), halm- (3,8) und ährenstabil (1,8); sehr gute Zwergrost- (1,1) und Rhynchosporiumresistenz (1,8); stärkere Ramulariaanfälligkeit (6,3); hoher Marktwareanteil; hohes hl-Gewicht.
KWS Carbis EU: 2019 und mehrjährig in der reduzierten Variante mit niedrigem Ertragsniveau, in V2 durchschnittliche Leistungen; sehr kurze Sorte, standfest (1,9); mittlere Halmstabilität (4,1), gute Ährenstabilität (1,7); mehltauanfällig (2,3); unterdurchschnittliche Infektion mit Ramularia (4,8); hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
KWS Moselle: 2019 in beiden Varianten hohes Ertragsniveau; auch mehrjährig weit über dem Durchschnitt; mittlere agronomische Eigenschaften; gute Zwergrost- (1,6) und Rhynchosporiumresistenz (2,2); leicht überdurchschnittlicher Ramulariabefall (5,8); hoher Marktwareanteil; hohes hl-Gewicht.
Lottie: 2019 große Streubreite im Ertrag über die Standorte und Varianten, insgesamt überdurchschnittlich, mehrjährig ertragschwächer; standfest (2,3); mittlere Halm- und Ährenstabilität ; durchschnittliche Resistenzen, mehltauanfällig (2,5); sehr hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
Newton: Zweizeilige Gerste mit sehr hohem Leistungsvermögen; in den LSV 2019 relativ ausgewogenen Sorte mit weit überdurchschnittlichen Ergebnissen, auch in den mehrjährigen Verrechnungen; langwüchsig; durchschnittliche agronomische Eigenschaften; gute Zwergrost- (1,2) und Rhynchosporiumresistenz (2,0); hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
Padura: 2019 in beiden Varianten insgesamt durchschnittliche Ergebisse; mehrjährig leicht schwächer im Ertrag; mittlere Strohstabilität; gute Ährenstabilität (1,9); mehltauanfällig (1,9), ansonsten gute Blattgesundheit; sehr hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
Sandra: 2019 und mehrjährig in beiden Varianten unterdurchschnittliche Erträge; frühe Sorte; durchschnittliche agronomische Eigenschaften; deutliche Infektion mit Ramularia (6,7) und Zwergrost (3,1); sehr hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
SU Ruzena: 2019 mit sehr guten Ertragsleistungen über die Prüfstandorte und Varianten, mehrjährig schwächere Erträge; kurze Sorte; erhöhtes Halm- (5,1) und Ährenknicken (2,9); gute Zwergrost- (1,6) und Rhynchosporiumresistenz (2,4), stärkerer Ramulariabefall (5,9); hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
SU Vireni: 2019 ertragsschwach über die Standorte und Varianten; mehrjährig deutlich bessere Erträge, vor allem in der reduzierten Variante; sehr gute agronomische Eigenschaften; deutlicher Befall mit Ramularia (6,6), zwergrostanfällig (2,7); hoher Marktwareanteil; hohes hl-Gewicht.
Valerie: In den LSV 2019 relativ beständig über Standorte und Varianten mit insgesamt sehr hohen Erträgen: mehrjährig in V1 um den Durchschnitt, in V2 überdurchschnittlich; mittlere agronomische Eigenschaften; gute Rhynchosporiumtoleranz (2,0), überdurchschnittliche Ramulariainfektion (6,4); sehr hoher Marktwareanteil; hohes hl-Gewicht; sehr hoher Vollgerstenanteil (BSL 9).
Yvonne: 2019 und mehrjährig in V1 leicht überdurchschnittliche Erträge, in V2 unterdurchschnittlich; sehr standfest (1,3); sehr gute Halm- (2,9) und Ährenstabilität (1,8); gute Zwergrostresistenz (1,5), stärkerer Befall mit Rhynchosporium (4,2); hoher Marktwareanteil; überdurchschnittliches hl-Gewicht.
Zita: In beiden Varianten 2019 insgesamt schwache Erträge; mehrjährig höheres Ertagsniveau; längerer Wuchs, gute Standfestigkeit (1,9); gute Halmstabilität (3,9), sehr gute Ährenstabilität (1,8); gute Blattgesundheit mit Ausnahme von deutlichem Befall mit Ramularia (6,6); hoher Marktwareanteil; durchschnittliches hl-Gewicht.
Fazit Sortenempfehlungen
Das LTZ empfiehlt für den Anbau in der Saison 2019/20 die Sorten (zz=zweizeilig, mz=mehrzeilig):
- California (zz),
- SU Vireni (zz),
- SU Ruzena (zz),
- SU Ellen (mz),
- Toreroo (mz).
Übersicht in den Tabellen
In Tabelle 1 finden Sie die aktuellen Merkmalsbeschreibungen aus der Beschreibenden Sortenliste 2019. Tabelle 2 zeigt die mehrjährigen Ertragsergebnisse verrechnet über die für Baden-Württemberg relevanten Anbaugebiete einschließlich der LSV der angrenzenden Bundesländer Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz. Die Erklärung zur im Folgenden verwendeten Notenskala entnehmen Sie dem Kasten „Zum Thema“.
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