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Landessortenversuche 2021

Winterbraugerste geprüft

Coronabedingt brach der Konsum von Bier im letzten Jahr stark ein. Jetzt zieht der Braugerstenmarkt langsam wieder an, die Vorräte schmelzen und der begehrter Rohstoff Malz könnte knapp werden. Denn zeitgleich ging der Flächenumfang 2021 von Sommergerste bundes- und europaweit empfindlich zurück. Die klassischen malzexportierenden Länder könnten die steigende Nachfrage womöglich nicht bedienen. Eine Chance für die Winterbraugerste?
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Müller-Belami
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Die auf Braueignung geprüften Wintergerstensorten sind ertrags- und qualitätsstabil und aus arbeitswirtschaftlicher und ökonomischer Sicht eine echte Alternative zur Dominanz der Sommerbraugersten.
Die Winterbraugersten stehen in Baden-Wüttemberg an fünf Standorten. Wie bei den meisten Getreidearten wird die Gerste in zwei Intensitätsstufen geprüft: in der reduzierten Variante wird grundsätzlich auf Wachstumsregler und Fungizide verzichtet, um Krankheitsanfälligkeiten, Standfestigkeit sowie Halm- und Ährenstabilität der Sorten beurteilen zu können. In der intensiven Variante werden die ortsüblichen Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt. In beiden Intensitäten wird den besonderen produktionstechnischen Anforderungen an den Braugerstenanbau Rechnung getragen.

Gerste im Lager 

Wie auch in der Praxis gestaltete sich die diesjährige Ernte der Landessortenversuche durch die anhaltenden Niederschläge schwierig. Die reife Gerste war im Lager, es kam vermehrt zu Halm- und Ährenknicken, worunter Ertrag und Qualität spürbar litten. Virosen, Taubährigkeit und Rhynchosporium traten nur in Maßen auf, bestimmende Krankheit war, wie in den Jahren zuvor Ramularia. Höchsterträge erzielte in der Stufe 2 der Standort Boxberg mit 94 dt/ha - das waren immerhin 23 dt/ha Ertragsabstand zur reduzierten Variante. Bedingt durch die späte Ernte kam Orschweier im Vergleich auf nur 67 dt/ha. Der Durchschnittsertrag 2021 über alle Standorte lag insgesamt in V1 bei 69 dt/ha und in V2 bei 81 dt/ha. Das Hektolitergewicht mit 64 kg und die Tausendkornmasse mit 43,3 g liegen deutlich unter Vorjahresniveau (67 kg/51,4 g). Die Sortierung (>2,5mm) überschreitet mit 90,6 % nur knapp die Anforderungen der aufnehmenden Hand. Entsprechend niedrig fällt der Vollgerstenertrag mit durchschnittlich 73 kg aus. Zum Rohproteingehalt liegen aktuell noch keine Werte vor. Alle Qualitäten werden in der intensiven Variante bestimmt.

Überwiegend Futtergerste

Nur etwa 2 % der in Deutschland angebauten Wintergersten werden zu Malz verarbeitet. Der Rest wandert in den Futtertrog. Auch bei der Vermehrung* liegt der Anteil der Winterbraugersten mit 600 ha bundesweit  laut Bundessortenamt 2021 bei nur etwa 3 %. Dabei stehen den Praktiker_innen aktuell 14 Winterbraugersten zur Verfügung. Unangefochtene Nummer 1 bei den Mälzereien und Brauereien ist die Sorte KWS Somerset, gefolgt von der einzigen mehrzeiligen Winterbraugerste KWS Faro. Die übrigen Winterbraugersten finden, trotz guter Malzqualitäten und Ertragsleistungen, wenig Zuspruch bei den Abnehmern. Damit sich der Anbau von Winterbraugerste lohnt, sollte die Sortenwahl nicht ohne Abstimmung mit dem Markpartner erfolgen und Abnahmegarantie sowie Preisaufschläge im Vorfeld vertraglich abgesichert werden.
 

Beoachtungen aus den LSV Winterbraugersten 2020/21 - Mittelwerte über die LSV-Standorte ein- und mehrjährig

  • Ertrag: V1: 72,5 dt/ha, V2: 81,1 dt/ha
  • agronomische Werte V1*: Lager vor Ernte (3,8); Halmknicken (4,2), Ährenknicken (2,3)
  • Krankheiten V1*: Mehltau (2,7) Rhynchosporium (3,4); Ramularia (6,2); Netzflecken (3,8)
  • Qualitäten V2*: hl-Gewicht 63,6 kg; Vollgerste 73,2 dt/ha, TKM 43,3 g

*Mittelwert über die Standorte, wo das Merkmal erfasst wurde; Skala 1-9: je höher der Wert, desto negativer die Merkmalsausprägung; die Einzelmerkmale und Qualitäten stehen online unter ltz-augustenberg.de>Arbeitsfelder>Pflanzenbau>Sorten

Sortenportraits

Desiree ist eine Braugerste mit sehr guten Malz- und Braueigenschaften. Wesentlicher Nachteil der Sorte sind die schwachen Erträgen, mehrjährig wie auch 2021. Die Sorte ist mittelspät in der Reife, die agronomischen Eigenschaften bewegen sich im mittleren bis oberen Bereich. Die Blattgesundheit ist ausgeglichen, mit einer hohen Mehltautoleranz (1,8*), aber deutlichem Rhynchosporiumbefall (4,5*). Die Braueigenschaften sind laut BSL sehr gut, die physikalischen Eigenschaften TKM, hl-Gewicht und Vollgerstenertrag in den LSV nur mäßig.

KWS Donau: die Sorte ist ertragreich in V1, in V2 unterdurchschnittlich. In der BSL 2021 ist sie mit der besten Kornsortierung bzw. dem höchsten Vollgerstenanteil (Note 9) bewertet. Mit 94, 6 % Sortierung (>2,5mm) liegt die Sorte sehr weit vorne, und kann auch die gute Bewertung beim TKM mit 46,1 g bestätigen. Charakteristisch für die Gerste sind das frühe Ährenschieben und die frühe Reife. Eine Sorte mit ausgewogener Agronomie und Toleranz. In den Brauqualitäten liegt die Gerste laut BSl leicht unter KWS Somerset-Niveau.

KWS Faro ist aktuell die einzige in Deutschland zugelassene mehrzeilige Winterbraugerste, und gilt bei den Mälzereien und Brauereien als die Nummer 2 hinter KWS Somerset. In den LSV 2021 und mehjährig ist die Sorte in beiden Varianten mit Abstand die ertragsstärkste. Agronomie und Gesundheitsprofil sind gut bis durchschnittlich. 2021 punktet die Gerste mit dem höchsten Vollgerstenanteil (79,8 dt) bei mäßiger Sortierung (90,4 %). Sie ist gemäß BSL eine Winterbraugerste mit durchschnittlichen Braueigenschaften.
 

KWS Liga: an allen Standorten und in beiden Varianten zeigt die Sorte 2021 und mehrjährig nur mäßige Ertragsleistungen. KWS Liga ist mittelspät im Ährenschieben und in der Reife. Die Anfälligkeiten für Blattkrankheiten sowie agronomische Schwächen haben im Laufe der Versuchsjahre zugenommen. Bei den physikalischen Eigenschaften liegt die Gerste im unterdurchschnittlichen Bereich. Laut BSL eine Sorte mit guten Malz- und Brauparameter.

KWS Somerset ist aufgrund ihrer sehr hohen Malz- und Brauqualitäten die Winterbraugerste schlechthin und Bezugssorte des BSA für die Einstufung der Braueigenschaften kommender Prüfsorten. Über die Prüfstandorte und Varianten ist sie 2021 ertragsstabil, jedoch ein- und mehrjährig im unterdurchschnittlichen Bereich. Die Sorte neigt zu Lager (4,6*), hat aber eine gute Halm- und Ährenstabilität und ist bis auf Rhynchosporium (4,0*) sehr blattgesund. Die physikalischen Qualitäten sind durchschnittlich, das TKM ist mit 44,6 g hoch.

Lyberac ist eine Gerste, die intensiv geführt ein sehr hohes Ertragsvermögen bei guter Brauqualität aufweist, was sie 2021 am Standort Orschweier unter Beweis stellt. Augenscheinlich für Lyberac ist die hohe Mehltauanfälligkeit (5,3*) bei einer durchschnittlichen Blattgesundheit. Die Standfestigkeit
(4,6*) sollte unbedingt mit einem Wachstumsregler abgesichert werden. Die sehr guten Bewertungen der BSL bei TKM (45,4 g), hl-G (65,3 kg) und Vollgerstenanteil (76 kg) werden 2021 bestätigt.
 

Pleiade ist eine extensive Sorte, die mit einem ausgeprägten Gesundheitsprofil und einer sehr guten Standfestigkeit überzeugt, aber Schwächen bei der Ährenstabilität (3,0*) zeigt. In den LSV 2021 bewegt sich der Ertrag in V1 auf sehr hohem Niveau wie auch mehrjährig. Bei den physikalischen Eigenschaften liegt Pleiade mit TKM (45,6 g), dem hl-Gewicht (64,3 g) und dem Vollgersteertrag (75 dt) mit an der Spitze. Die Brauqualitäten sind laut BSL, trotz vergleichsweise hohem Proteingehalt, gut.
 

Zophia ist eine sehr blattgesunde, stabile Wintergerste. 2021 überzeugt sie an den Standorten und über die Varianten mit überdurchschnittlichen Erträgen. Die Sorte ist mittelspät bei Ährenschieben und Reife und hat ausgezeichnete agronomische Eigenschaften. Trotz ausbalancierter Brauqualität und stabil hohen Erträgen wird die Sorte von den Mälzereien und Brauereien nur wenig nachgefragt. Die Qualitätseigenschaften liegen 2021 im mittleren Bereich.

Detaillierte Einzelortergebnisse, länderübergreifende Verrechnungen sowie die Ergebnisse der Kleinvermälzung der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin werden zeitnah auf der Homepage unter ltz-augustenberg.de eingestellt.

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