Winterweizen, frühes Sortiment, ist geprüft
Die ersten Ergebnisse der Landessortenversuche (LSV) für den Winterweizen liegen vor. Maria Müller-Belami vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg hat die Ergebnisse zusammengetragen. Für den Anbau 2021/2022 werden folgende Sorten vom LTZ Augustenberg empfohlen: A-Weizen: Rubisko EU; B-Weizen: Chevignon EU, Campesino, Porthus, RGT Sacramento.
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Im vergangenen Herbst wurden an neun Standorten in Baden-Württemberg die Landessortenversuche mit insgesamt sechzehn frühreifen Winterweizensorten und der Vergleichssorte Apostel angelegt. Die Trennung zum 'klassischen' Winterweizensortiment erfolgt über die Einstufung von Ährenschieben und Reife nach der Beschreibenden Sortenliste (BSL). Aus den Anbauregionen von Hessen und Rheinland-Pfalz kamen noch fünf weitere Versuche zur gemeinsamen Auswertung dazu, sodass die Sortenleistungen mehrjährig über vierzehn Standorte beurteilt werden konnten. Die Sortenversuche Winterweizen früh sind zweifaktoriell angelegt, das heißt in der intensiven Variante (V2) werden zur Gesunderhaltung der Bestände Fungizide und Wachstumsregler eingesetzt, in der reduzierten Variante (V1) wird darauf verzichtet.
2021 war kein optimales Jahr für den Winterweizen, weder im Ertrag noch in der Qualität. Niederschläge waren zwar ausreichend vorhanden, aber es fehlte die Wärme. Zunächst war der Feldaufgang zügig und einheitlich. Auswinterungsschäden wurden nicht verzeichnet. Zum einen war der Winter recht mild, zum anderen lagen die Bestände in den Höhenlagen an den wenigen Frosttagen großteils unter einer Schneedecke.
Unstetes Wetter sorgt für hohe Fusariumbelastung
Bedingt durch die kühle Witterung blieb der Weizen lange Zeit gesund. Mit der Wetteränderung im Juni und dem ständigen Wechsel von nassen und kühlen Perioden und kurzen, heftigen Hitzephasen entwickelten sich die Pilzkrankheiten, allen voran Blattseptoria und Ährenfusarium, explosionsartig.
Durch heftige Unwetter zum Ende der Vegetation ging mancher Weizen noch kurz vor der Ernte ins Lager. Aufgrund der unsteten Witterung konnten nicht alle Standorte termingerecht gedroschen werden, was auf Kosten von Ertrag und Qualität ging. In Kupferzell zeigte der Weizen Ende Juni unerklärliche Absterbeerscheinungen, die Schadursache war Halmbruch. Entsprechend schwach fielen die Erträge aus. Insgesamt wurden über alle Standorte und Sorten 81 Dezitonnen je Hektar in der reduzierten und 91 dt/ha in der intensiven Variante gedroschen. Im Vergleich zum vergangenen Jahr (V1: 93 dt/ha, V2: 99 dt/ha) sind das etwa zehn dt/ha im Schnitt weniger.
Zu den wichtigen Kriterien bei der Sortenwahl von Winterweizen zählen Fusariumtoleranz und Fallzahlstabilität. Wetterextreme wie in diesem Jahr mit Gewitter, Hagel, starken Niederschlägen und große Temperaturunterschiede bis zur Ernte haben die Sorten hinsichtlich dieser Eigenschaften sehr gefordert. Prognosen gehen von einem extremen Fusariumjahr aus. Die bisher einzigen Ergebnisse aus den LSV vom Standort Kraichtal können diese Befürchtungen nur untermauern, vor allem wenn der Weizen wie in Kraichtal als Folgekultur nach Mais stand und die Versuchsfläche pfluglos bearbeitet wurde. Hier liegen in der reduzierten Variante, das heißt auf eine Ährenbehandlung wurde verzichtet, bis auf eine Sorte alle Weizen zum Teil deutlich über dem Grenzwert von 1,25 Milligramm je Kilogramm.
In der BSL wird die Anfälligkeit für Ährenfusarium anhand mehrjähriger Resistenzprüfungen als visueller Befall beurteilt. Sichtbarer Ährenbefall führt nicht zwangsläufig zu hohen Mycotoxin-Werten im Korn, ist aber wahrscheinlich. Ein Beispiel ist die EU-Sorte Filon: In den Versuchen wurden die Ähren als stark fusariumbefallen beurteilt, im DON-Gehalt liegt die Sorte weit unter dem Versuchsmittel. Sichere und belastbare Aussagen zur Fusariumanfälligkeit können letztendlich nur über labortechnische Untersuchungen getroffen werden.
Aus der Praxis ist in diesem Jahr vielfach zu hören, dass es Probleme mit den Fallzahlen und der Fallzahlstabilität, vor allem in Spätdruschgebieten gibt. Die Richtwerte für die Erfassung liegen bei 250 Sekunden für A-Weizen und 220 s für B-Weizen. Ergebnisse aus den LSV liegen aktuell nicht vor, es ist aber davon auszugehen, dass einige Sorten in den kritischen Bereich von unter 220 s fallen werden. Auch beim Hektolitergewicht sind in diesem Jahr Abstriche zu machen: mit 74 Kilogramm im Durchschnitt liegen alle Sorten unter den vom Handel geforderten 76 kg für Brotweizen und 78 kg für Qualitätsweizen.
Höhere Nachfrage nach frühen Sorten
Frühe Winterweizensorten werden aus klimatischen und arbeitstechnischen Gründen immer stärker nachgefragt. Einerseits kommen die frühen Sorten mit der Frühsommerhitze und -trockenheit besser zurecht und sind in der Regel drei bis fünf Tage eher druschreif, andereseits kann es, wie in diesem Jahr, witterungsbedingt Schwierigkeiten mit der Ernte der spätreifen Sorten geben. Etwa 30 Prozent (640 ha) der baden-württembergischen Vermehrungen mit insgesamt 2160 ha entfielen 2021 bereits auf die frühen Weizensorten, allen voran die Sorten Chevignon (151 ha), Porthus (101 ha) und Campesino (84 ha).
17 Sorten im Test – Die Sortenbeschreibungen
Beobachtungen aus den LSV Winterweizen, früh, Baden-Württemberg 2020/21 und mehrjährige Ertragsergebnisse über den Großraum Südwestdeutschland:
- Ertrag: V1: 81 dt/ha, V2: 91 dt/ha (Verrechnung über Hohenheim-Gülzow-Methode)
- agronomische Werte V1*: Lager vor Ernte (2,7)
- Krankheiten V1*: sichtbares Ährenfusarium (4,1); Blattseptoria (5,8); Braunrost (4,9); Weißährigkeit (4,0): umfasst Schneeschimmel, Wurzel- und Halmbasiskrankheiten; Spelzenbräune (1,9) nur ein Standort; Gelbrost und Mehltau wurden 2021 nicht bonitiert.
- Qualitäten V2*: Tausendkornmasse (38,7 g), Rohprotein (13,6 Prozent Trockenmasse); Hektolitergewicht (74,3 kg); sonstige Qualitätsparameter laut BSL (Beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes 2021).
*Mittelwert über die Standorte, wo das Merkmal erfasst wurde; Skala 1 bis 9: je höher die Note, desto negativer die Merkmalsausprägung. **mehrjährige Provokationsversuche; Quelle: LfL.
Akzent A: Der Weizen erzielte 2021 hohe Erträge in Kupferzell und Döggingen. Insgesamt bleibt er auch mehrjährig im unterdurchschnittlichen Bereich. Die Ertragsleistung leidet im frühen Weizensortiment durch das spätere Ährenschieben und die späte Abreife. Trotz langem Wuchs ist die Sorte durchschnittlich standfest. Bei Ährenfusarium ist Akzent in der BSL mit 3 bonitiert und belegt dies mit der geringsten Infektion (2,8*) in den Versuchen. Die Tausendkornmasse (TKM) ist hoch (42,7 g), Protein und Hektoliter (hl)-Gewicht sind durchschnittlich. Laut BSL sind Fallzahl (7) und Fallzahlstabilität hoch.
Ambello EU (A): Die langjährig geprüfte Sorte überzeugt durch ihre Homogenität und konstanten Erträge um den Durchschnitt. Ambello ist ausgesprochen blatt- und ährengesund mit einer leichten Schwäche bei Blattseptoria (6,1*). Der Grannenweizen ist kurzstrohig und sehr standfest (1,9*). TKM, Protein und hl-Gewicht sind in diesem Jahr durchschnittlich. Laut BSL hat der Weizen eine sehr hohe Fallzahl (8) und Mehlausbeute (9).
Apostel A steht als mittelfrühe Vergleichssorte in der Prüfung und wird in den LSV Winterweizen ausführlicher beschrieben.
Campesino B ist ein hochertragreicher Brotweizen. Ein- und mehrjährig bekräftigt er die hohe BSL- Einstufung (9/8). Campesino ist ein ausgesprochen ährenbetonter Typ. Die Sorte ist sehr standfest (1,8*) und besitzt eine sehr gute Braunrostresistenz (2,8*). Bei Ährenfusarium weist sie 2021 den stärksten Befall im Sortiment auf. Auch bei der Weißährigkeit (4,3*) liegt Campesino über dem Mittel. Der Proteingehalt (12,5 Prozent) ist unterdurchschnittlich, das hl-Gewicht (75,1 kg) gut. Fallzahl und Fallzahstabilität sind laut BSL gut.
Chevignon EU (B) ist eine Sorte hervorragenden Erträgen. Eine konstante Sorte über alle Standorte und Varianten. Er neigt zu Lager (3,8*) und sichtbarem Ährenfusarium (4,7*), auch bei Spelzenbräune (3,0*) zeigen sich Schwächen. Die Braunrosttoleranz (4,3*) ist gut. Hl-Gewicht, Protein und TKM sind 2021 durchschnittlich. Laut BSL ein Weizen mit sehr hoher Fallzahl (8) und Mehlausbeute (8).
Das Leistungsvermögen von Complice EU (B) liegt ein- und mehrjährig weit über dem Durchschnitt. In Döggingen tat sich die Sorte 2021 dagegen schwer. Der Weizen neigt zu Lager (3,4*) und Braunrostbefall (5,8*). Auch bei Ährenfusarium (5,4*) schneidet die Sorte unterdurchschnittlich ab. Complice schiebt die Ähren sehr früh. Die TKM ist hoch (42 g), hl- Gewicht und Protein liegen im unteren Bereich. Laut BSL ein Brotweizen mit guter Fallzahl (7) und Mehlausbeute (7).
Der EU-Weizen Filon (B) ist eine low-input Sorte, die 2021 an allen Prüfstandorten hohe Ertragsleistungen, vor allem in der reduzierten Variante zeigt. Auch mehrjährig ist die Sorte auf konstant hohem Niveau. Sortencharakteristisch sind das sehr frühe Ährenschieben und die gute Standfestigkeit (1,9*). Bei der Blattgesundheit zeigt die Sorte deutliche Schwächen. Auch bei der Ährengesundheit gibt es Auffälligkeiten mit Ährenfusarium (4,9*) und Weißährigkeit (4,5*). Hl-Gewicht und TKM sind gering, der Proteingehalt durchschnittlich. Laut Züchter ein Weizen mit hohen Fallzahlen.
Foxx A ist ein auffallend homogener Grannenweizen. In der intensiven Varianten bringt er gute Erträge, in der reduzierten Variante platziert er sich im Mittelfeld. Foxx ist aufgrund seiner Wuchslänge leicht lageranfällig (3,3*) sowie braunrostanfällig (6,5*). Ansonsten ist die Sorte bei Blatt- und Ährengesundheit unauffällig. Der Weizen schiebt die Ähren spät und hat eine mittelspäte Reife. Die Qualitäten sind gut bis durchschnittlich. Laut BSL hat die Sorte eine ausgezeichnete Fallzahlstabilität und hohe Fallzahl (8).
Hyvega A: der Hybridweizen ist in beiden Varianten mit Abstand die Nummer 1 im Ertrag und in der BSL mit (9/9) bonitiert. Die Sorte ist langwüchsig und hat gewisse Standprobleme. Die Sorte besitzt gute Resistenzen, vor allem gegen Braunrost. Die Ährengesundheit ist durchschnittlich. Beim Ährenschieben ist die Sorte früh, bei der Abreife eher im Mittelfeld. Hyvega besitzt durchschnittliche A-Qualitäten. Mit 76,2 kg erzielt sie in diesem Jahr die höchste TKM. 2021 wurde die Sorte in Krauchenwies nicht ausgesät und konnte deshalb nicht orthogonal verrechnet werden.
Lemmy ist ein verhältnismäßig frühreifer A-Weizen, der 2021 und mehrjährig in V1 ertraglich leicht unter dem Durchschnitt liegt. In V2 ist er ertragsschwächer. Die Sorte ist standfest und hat eine mittlere Blattgesundheit mit Ausnahme einer stärkeren Braunrostanfälligkeit (5,8*). Auffällig waren 2021 die zahlreichen weißährigen Pflanzen (4,5*). Lemmy ist gegen die Orangerote Weizengallmücke resistent. Die Stärke der Sorte ist die hohe N-Effizienz: Über die Standorte erreicht sie 2021 einen Rohproteingehalt von 14,7 Prozent.
Macaron EU (B) ist ein kurzstrohiger, standfester Grannenweizen. Im Ertrag kommt die Sorte auf ein unterdurchschnittliches Niveau. Behandelt liegt sie mehrjährig im Mittelfeld. Die Sorte zeichnet sich durch frühes Ährenschieben sowie einer sehr frühen Abreife aus. Macaron ist durchschnittlich blattgesund, zeigt aber 2021 deutliche Braunrostinfektionen (6,3*) und weißährige Pflanzen (4,2*). Der Befall mit Ährenfusarium (3,1*) ist gering. Die Qualitäten 2021 sind durchschnittlich. Macaron wird als sehr winterhart eingestuft**.
Porthus B: Am Standort Döggingen kommt der Weizen auf sehr hohe Erträge, insgesamt und mehrjährig bleibt er jedoch unterdurchschnittlich. Sehr schwache Erträge zeigt er in Kupferzell, was vermutlich auf Halmbruch zurückzuführen ist und sich in einer deutlichen Weißährigkeit (4,8*) niederschlägt. Der langwüchsige Weizen hat Standprobleme (4,1*) und ist anfällig für Braunrost (6,8*). Ansonsten ist die Blattgesundheit solide. Porthus gilt als typischer 'Maisweizen': In der BSL ist er bei Ährenfusarium mit 3 bonitiert. Hl- Gewicht und Protein sind mittel, Fallzahl (7) und Mehlausbeute (8) laut BSL hoch.
RGT Sacramento B ist ein Grannenweizen, der gewöhnlich Ertragsvorteile in der reduzierten Variante hat, was er mehrjährig unter Beweis stellt. 2021 liegt er aufgrund der schwachen V1-Ergebnisse in Tailfingen und Orschweier in der intensiven Stufe vorne. Die Sorte ist kurz und standfest (1,7*). Die Fusariumresistenz ist gut, ebenso die Braunrostresistenz. In den LSV zeigt der Weizen den stärksten Blattseptoriabefall (6,3*), auch bei der Weißährigkeit (4,3*) liegt er über dem Mittel. Für einen Brotweizen hat Sacramento gute Qualitätseigenschaften.
RGT Volupto EU (B) hat einen kurzen Wuchs und zeigt in den LSV 2021 die beste Standfestigkeit (1,4*). Beim Ertrag hinterlässt die Sorte einen sehr inhomogenen Eindruck: Die Relativerträge reichen von 85 bis 120 Prozent. Mehrjährig bleibt sie auf unterdurchschnittlichem Niveau. Laut Züchter gab es zur Aussaat 2020 Probleme mit der Triebkraft, was sich in den Bonituren 'Mängel nach Aufgang' und 'Mängel nach Winter' teilweise niederschlägt. Volupto ist durchschnittlich blatt- und ährengesund mit Ausnahme der Braunrostanfälligkeit (6,0*). Im Sortiment schiebt der Weizen die Ähren verhältnismäßig spät. Die Qualitäten sind durchschnittlich, die TKM mit 33,7 Gramm ist sehr niedrig.
Rubisko EU (A) ist ein langjährig geprüfter Grannenweizen mit einem leicht unterdurchschnittlichen Ertrag. Die Sorte ist kurz, standfest (2,4*) und blattgesund, besonders in Bezug auf Braunrost (2,5*). Bei Ährefusarium ist Rubisko in der BSL mit 3 bonitiert und kann die Einschätzung in den LSV 2021 belegen (3,0*). TKM und Protein sind im Mittel, das hl-Gewicht ist mit 71,9 kg niedrig. Volumen- (BSL 7) und Mehlausbeute (BSL 9) sind hoch.
SU Aventinus A ist ein kurzer, ährenbetonter Weizen mit einer hervorragenden Standfestigkeit (1,5*). Wie im Vorjahr zeigt sich die Sorte 2021 über die Standorte homogen und kommt auf überdurchschnittlich Kornerträge. Auch mehrjährig bleiben die Erträge im oberen Bereich. Die Blattgesundheit ist solide, bei Braunrost (5,5*) und Ährenfusarium (5,4*) zeigt sich erhöhter Befall. Die Qualitäten sind durchschnittlich, die Fallzahlen sind laut BSL (8) sehr hoch und stabil. SU Aventinus wird als sehr winterhart eingestuft**.
Die Sorte SY Koniko tut sich als Eliteweizen im Relativertrag schwer. Die Leistungen liegen 2021 und mehrjährig weit unter dem Durchschnitt. Aufgrund der Wuchslänge neigt SY Koniko stark zu Lager (6,1*). Beim Ährenschieben und der Reife ist der Weizen eher mittelspät. Blatt- und Ährengesundheit sind durchschnittlich, die Braunrostresistenz (3,8*) gut. SY Koniko kann mit 14,8 Prozent den höchsten Proteinertrag im Sortiment vorweisen, auch hl-Gewicht (75,8 kg) und TKM (40,6 g) sind gut. Die Fallzahlen sind laut BSL (9) hervorragend und stabil. Auch Volumen- und Mehlausbeute werden mit 8 sehr gut bewertet.
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