Winterroggen und -triticale im Test
Die Anbauflächen von Winterroggen und Wintertriticale sind leicht zurückgegangen. Vor allem der Winterroggen hat unter der diesjährigen Hitze gelitten, erste Ertragsprognosen sind schlecht. Mehr zu den LSV-Ergebnissen lesen Sie im Beitrag.
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Der Anbauumfang von Winterroggen 2022 in Baden-Württemberg hat im Vergleich zum Vorjahr leicht verloren und belief sich zur Ernte auf etwa 8400 Hektar (ha). Große Probleme bereitete dem Getreide, das schwerpunktmäßig auf den sandigen Böden der Landkreise Karlsruhe und Rhein-Neckar-Kreis angebaut wird, die diesjährige Hitze und Trockenheit. Die ersten Ertragsprognosen sind schlecht und gehen von einer durchschnittlichen Ernte von 47 dt/ha aus. Damit bleibt der Kornertrag 2022 deutlich unter dem langjährigen Mittel von 54 dt/ha. Die Anbaufläche Wintertriticale in Baden-Württemberg hat auch leicht an Fläche eingebüßt und kam zur Ernte auf 26.400 ha. Bisherige Schätzungen gehen von einem Durchschnittsertrag um die 69 dt/ha aus.
Prüfung in zwei Varianten
Winterroggen und -triticale werden in den Landessortenversuchen zweifaktoriell geprüft: in der intensiven Variante (V2) kommen Fungizide und Wachstumsregler zum Einsatz, in der reduzierten Variante (V1) wird auf diese Pflanzenschutzmaßnahmen verzichtet.
Die Landessortenversuche Winterroggen (Tabelle 1) werden länderübergreifend ein- und mehrjährig miteinander über den Großraum Süddeutschland verrechnet. Mit den bayerischen, hessischen und rheinland-pfälzischen Standorten standen zur Ernte 2022 insgesamt zehn Roggenversuche zur Auswertung an. Der Durchschnittsertrag über alle Versuchsstandorte lag bei 91 dt/ha in der unbehandelten Variante und bei 99 dt/ha in der behandelten Variante. Ertragsstärkster Standort war Marburg/Hessen mit 126 dt/ha V2 und 110 dt/ha in V1. Am baden- württembergischen Standort Forchheim wurde in diesem Jahr zum ersten Mal nicht beregnet: Entsprechend wurden auf dem lehmigen Sandboden aufgrund der Trockenheit gerade mal 38 dt/ha in beiden Variante gedroschen. Insgesamt blieben die Bestände relativ standfest und lange gesund. Dominierende Blattkrankheiten waren Rhynchosporium und Braunrost.
Die sechs baden-württembergischen Prüfstandorte Wintertriticale (Tabellen 2a und b) konnten in diesem Jahr verrechnet werden. In der reduzierten Variante wurden über die LSV durchschnittlich 100 dt/ha erzielt, in der fungizidbehandelten Variante 110 dt/ha. Am ertragsstärksten war Döggingen mit 130 dt/ha (V2). Im Laufe der Vegetation zeigten sich fast alle kulturrelevanten Infektionen, blieben aber im überschaubaren Rahmen. In Kupferzell gab es bereits Ende April stärkeren Gelbrostbefall, ansonsten waren Blattseptoria und Rhynchosporium die vorherrschenden Krankheiten. Auffallend war 2022 der deutlich sichtbare Mutterkornbefall. Die bisherigen Analysen über die Standorte und Varianten ergaben einen durchschnittlichen Besatz von 0,04%. Der noch geltende Höchstgehalt an Mutterkorn-Sklerotien für Konsumgetreide mit 0,05 % (0,5 g/kg) konnte nicht von allen Prüfsorten eingehalten werden. Zum 01. Juli 2024 wird der Grenzwert auf 0,02 % (0,2 g/kg) gesenkt. Von einer Anpassung für Futtermittel ist bisher nichts bekannt, sie könnte aber in Anlehnung an die Grenzwerte für Lebensmittel zeitnah erfolgen.
Winterroggen geprüft
Beobachtungen aus den LSV Winterroggen Süddeutschland 2021/22 und mehrjährige Ertragsergebnisse über die LSV-Standorte:
*Mittelwert über die Standorte, an denen das Merkmal erfasst wurde; Skala 1-9: je höher die Note, desto negativer die Merkmalsausprägung |
KWS Receptor EU (H) liefert 2022 in beiden Varianten insgesamt mittlere Erträge. Am Standort Krauchenwies ist der Roggen mit Abstand die ertragsstärkste Prüfsorte. Mehrjährig betrachtet liegt das Ertragsniveau über dem Durchschnitt. Leichte Schwächen zeigen sich bei der Standfestigkeit (3,5*). Bei der Rhynchosporiumtoleranz (3,4*) schneidet die Sorte gut ab. Laut Züchter ist KWS Receptor ein Roggen mit hohen Fallzahlen und Amylogrammwerten.
Die Erträge bei KWS Serafino EU (H) liegen 2022 und mehrjährig im Mittelfeld. Eine beachtliche Ertragsleistung erzielt die Sorte am Standort Boxberg. KWS Serafino zeigt leichte Lagerneigungen (3,1*). Die Blattgesundheit ist als durchschnittlich zu bewerten. Laut BSL sind Fallzahl (8) und Amylogramm (9/8) sehr hoch.
KWS Tayo (H) überzeugt im Prüfsortiment 2022 und mehrjährig als ertragsstärkster Winterroggen und bestätigt damit seine hervorragende Einstufung in der BSL (9/9). Die Sorte hat eine gute Strohstabilität (2,3*) und eine gute bis mittlere Blattgesundheit. KWS Tayo ist ein typischer Brotroggen mit sehr hohen Amylogramm-(BSL 9/9) und Fallzahlwerten (BSL 7) und einem großen Korn ((31 g).
KWS Tutor (H) ist in der BSL bei der Mutterkornresistenz sehr gut bewertet (3). Bei Standfestigkeit (3,2*) und Braunrosttoleranz (3,8*) liegt die Sorte etwas unter dem Versuchsmittel. Bei Rhynchosporium zeigt der Roggen eine geringe Anfälligkeit (3,4*). Im Ertrag bleibt KWS Tutor ein- und mehrjährig unter- durchschnittlich. Die Amylogrammwerte (BSL 7/7) und Fallzahl (6) sind gut.
Piano (H) ist ein vergleichsweise kurzer Roggentyp mit einer soliden Standfestigkeit (2,6*) und Halmstabilität (BSL 3). Bei Braunrost zeigt sich die Sorte blattgesund (2,7*), der Rhynchosporiumbefall (4,9*) liegt dagegen deutlich über dem Versuchsmittel. 2022 und mehrjährig kommt Piano nicht über 98% Relativertrag hinaus. Laut Einstufung der BSL ist Piano ein typischer Brotroggen mit sehr hoher Fallzahl (BSL 8) und Amylogrammwerten (BSL8/8). Im Z-Saatgut sind 10 % Populationsroggen eingemischt.
SU Cossani (H)* präsentiert sich 2022 relativ ertragssschwach. Am Standort Krauchenwies hinterlässt die Sorte dagegen einen sehr guten Eindruck. Mehrjährig liegen die Ertragsleistungen stabil bei 97%. Die Sorte zeigt eine sehr gute Standfestigkeit (2,1*). Braunrost-(3,6*) und Rhynchosporiumbefall (4,5*) liegen leicht über dem Durchschnitt. SU Cossani eignet sich als Back- und Futterroggen. Im Z-Saatgut sind 10 % Populationsroggen eingemischt.
Die Sorte SU Perspectiv EU (H) bestätigt auch in diesem Jahr die Einstufung (BSL 8/8) als Hochleistungssorte. Mit Relativerträgen von 103% ein- und mehrjährig belegt sie den zweiten Rang. Hervorzuheben ist die sehr gute Standfestigkeit (2,2*). Bei Rhynchosporium zeigt sich der Roggen anfällig (4,7*). Fallzahl und Amylogramm sind in der BSL mit je 7 hoch eingestuft. Die Sorte wird mit 10%iger Einmischung von Populationsroggen in Verkehr gebracht.
Wintertriticale im Test
Beobachtungen aus den LSV Wintertriticale Baden-Württemberg 2021/22 und mehrjährigen Ertragsergebnisse über die Anbaugebiete
*Mittelwert über die Standorte, an denen das Merkmal erfasst wurde; Skala 1-9: je höher die Note, desto negativer die Merkmalsausprägung |
Belcanto ist eine sehr blatt- und ährengesunde Wintertriticale und trotz ihrer Wuchshöhe, ausgesprochen standfest (2,3*). Die Ertragseinstufungen in der BSL liegen hoch (7/7), was die Sorte 2022 nicht ganz bestätigen kann. Mehrjährig liegt das Ertragsniveau über die Anbaugebiete im Mittelfeld. Mit 80 kg hl-Gewicht schneidet die Sorte im Prüffeld sehr gut ab.
Bogart besticht durch eine hervorragende Standfestigkeit (1,3) und exzellente Gelbrosttoleranz (1,0*). Die Anfälligkeiten für Blattseptoria (4,2*) und Rhynchosporium (3,0*) sind 2022 dagegen deutlich. Ein- und mehrjährig kommt die Sorte auf ein überdurchschnittliches Ertragsniveau in beiden Varianten. Mit 69 kg ist das hl-Gewicht hoch.
Cedrico erreicht in der behandelten Variante einen hohen Kornertrag, in der unbehandelten bewegt sich die Sorte im Mittelfeld. Hervorzuheben ist die sehr gute Fusariumtoleranz (BSL 3). Standfestigkeit (3,2*) und Blattgesundheit sind durchschnittlich. Die Mehltauanfälligkeit (BSL 6) ist im Bedarfsfall abzudecken.
Die mittelspäte Sorte Charme ist eine sehr standfeste (2,2*) und gelbrostresistente (1,3*) Wintertriticale. Ihre gute Einstufung in der BSL (3) bei Blattseptoria (3,2*) und Rhynchosporium (3,0*) bestätigt sich 2022 allerdings nicht ganz. Unter extensiven Bedingungen erzielt die Sorte ein- und mehrjährig weit überdurchschnittliche Erträge und überzeugt mit einem schönen Korn (TKM 48 g) und einem ausgezeichenten hl-Gewicht (80 kg).
Die kurzstrohige Sorte Lombardo zeigt in diesem Jahr Schwächen bei der Standfestigkeit (4,5*) und Blattgesundheit (Gelbrost 5,0*; Rhynchosporium 3,3*). In der behandelten Variante ist das Ertragsniveau über die Anbaugebiete konstant hoch. Unbehandelt ist der Ertrag überdurchschnittlich einzuschätzen. Laut BSL besitzt Lombardo eine exzellente Winterhärte (2).
Lumaco zeigt gute Ertragsleistungen in der unbehandelten Stufe. In Kupferzell ist die Triticale mit Abstand die ertragsstärkste Prüfsorte. Behandelt kommt die Sorte mehrjährig auf mittlere Erträge. Lumaco zeichnet sich durch eine hervorragende Gelbrost- (1,0*) und Rhynchosporiumtoleranz (1,3*) aus und einem niedrigen Mutterkornbesatz (0,01%). Trotz der Wuchshöhe (118 cm) ist die Standfestigkeit zufriedenstellend (3,7*). Lumaco hat ein kleines Korn und kommt auf eine TKM von 41 g.
Die neue Prüfsorte Panaso EU kann 2022 im Ertrag mit Ausnahme vom Standort St. Johann nicht überzeugen und bleibt unterdurchschnittlich. Das Gesundheitsprofil ist gut, besonders in Bezug auf Gelbrost (1,5*). Deutlicher Schwachpunkt ist die mangelnde Standfestigkeit (7,8*). Hl-Gwicht (73 kg) und die TKM (43 g) sind niedrig.
Presley ist in der BSL beim Ertrag mit 8/7 eingestuft und kann diese Bewertung mit 102% in V1 und 100% in V2 ein- und mehrjährig bestätigen. Die etwas kürzere Sorte besticht durch eine gute Standfestigkeit (1,8*), eine hervorragende Gebrosttoleranz (1,0*) und einem geringen Mutterkornbesatz (0,01%). Die Mehltauanfälligkeit (BSL 5) der Sorte sollte man im Auge behalten. Presley hat eine gute Kornqualität (TKM 45 g) und ein hohes hl-Gewicht (79 kg).
Ramdam ist in der BSL als hochertragreiche Sorte (8/8) eingestuft: ein- und mehrjährig erfüllt die Sorte die Erwartungen mit durchschnittlichen Relativerträgen nicht. Die langstrohige Sorte neigt zu Lager (4,2*) und zeigt 2022 einen deutlichen Gelbrostbefall (3,8*). Laut BSL besitzt Ramdam eine herausragende Resistenz (1) gegenüber Braunrost. Die TKM liegt bei 45 g.
Die ein- und mehrjährigen Relativerträge von RGT Flickflac liegen leicht unter dem Durchschnitt. An den Prüfstandorten Krauchenwies und Döggingen sind die Ertragsleistungen sehr gut. Die kurzstrohige Wintertriticale zeigt 2022 Lagertendenzen (4,0*), hat ansonsten eine durchschnittliche Blattgesundheit. Kornqualität (TKM 46 g) und hl-Gewicht (76 kg) sind gut.
Rivolt EU bleibt ein- und mehrjährig der Spitzenreiter im Ertrag. Die Sorte hat eine gute Standfestigkeit (2,8*) und ist durchschnittlich blattgesund mit einer Ausnahme: bei Gelbrost ist die Anfälligkeit relativ hoch (4,5*). Rivolt hat 2022 mit 41 g eine geringe TKM, das hl-Gewicht kommt auf 74 kg.
Empfehlungssorten |
Für den Anbau 2020/2021 empfehlen die Versuchsansteller des LTZ die folgenden Sorten:
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Detaillierte Einzelortergebnisse sowie die Qualitäts- untersuchungen von 2021 werden zeitnah auf LTZ-Homepage unter >Arbeitsfelder >Pflanzenbau >Sorten eingestellt.
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