Landessortenversuche Erbsen und Bohnen 2023
Das Anbaujahr 2023 für Körnererbsen und Ackerbohnen lässt sich mit folgenden Schlagworten zusammenfassen: späte Aussaat, kleinwüchsige Pflanzen, Wassermangel zur Blüte und Hülsenbildung, Frühreife und verzögerte Ernte.
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In Baden-Württemberg spielen Ackerbohnen und Körnererbsen neben der Sojabohne eine wichtige Rolle als regionale Proteinlieferanten für die Veredelung und den Lebensmittelbereich. Die Hotspots für die Erbsen liegen in den anbaustarken Regionen im Norden wie dem Main-Tauber- und dem Neckar-Odenwald-Kreis. Ackerbohnen werden vor allem in den viehhaltungsstarken Regionen Alb-Donau-Kreis und Biberach angebaut. Noch sind die Anbauflächen 2023 bei Erbsen mit 4 200 ha und bei Bohnen mit 3 600 ha einigermaßen stabil. 2023 enttäuschen die Erträge mit 18,8 dt/ha bei Körnererbsen (Vorjahr 32 dt/ha) und bei Ackerbohnen mit 22,4 dt/ha (Vorjahr 31 dt/ha). Ob diese Körnerleguminosen mit den starken Ackerkulturen Winterweizen, Winterraps und Mais weiterhin konkurrieren und sich gegen die gut bezahlte Soja durchsetzen können, bleibt abzuwarten (Datenquellen: Statistisches Landesamt; Gemeinsamer Antrag 2023).
Die Landessortenversuche (LSV) für Ackerbohnen und Körnererbsen sind reine Sortenversuche. Sie werden vierfach wiederholt angelegt und länderübergreifend mit Prüfstandorten in Bayern, Hessen und Rheinland- Pfalz ein- und mehrjährig über die Anbaugebiete Süd-/Südwestdeutschland verrechnet.
Körnererbsen: Späte Aussaat, verzögerte Ernte
Aufgrund der langanhaltenden Niederschläge und der schlechten Befahrbarkeit der Flächen zog sich die Aussaat über die zehn Versuchsstandorte vom 2. März (Lautersheim/Rheinland-Pfalz) bis zum 5. Mai (Frankendorf/Bayern). Bei ausreichender Bodenfeuchte und warmer Witterung war der Aufgang zunächst gut, kühle Nächte bremsten die Vegetation allerdings ein. Mit zunehmender Wärme ging die Entwicklung zügig voran, die Pflanzen blieben jedoch klein im Wuchs. Ab Juni begann mit der heißen und trockenen Phase die Wasserverfügbarkeit im Boden knapp zu werden, so dass es zu Problemen in der vegetativen Phase kam. Auch zum Zeitpunkt der Blüte war das Wasserangebot für eine gute Hülsenbildung zu gering, so dass die Anzahl der ausgebildeten Hülsen in diesem Jahr deutlich reduziert war. Die Blühdauer fiel mit teilweise weniger als zehn Tagen sehr kurz aus. Lager vor der Ernte gab es kaum und war nur sortenbedingt.
Zu Vegetationsbeginn kam es regional zu geringfügigem Befall mit Blattrandkäfer. Lokal waren Insektizidmaßnahmen gegen Erbsenwickler und Blattläuse notwendig. Anfang Juli wurden die ersten Versuche gedroschen, die letzten Parzellen wurden am 16. August beerntet. An manchen Versuchsstandorten begann kurz vor Druschreife eine Regenphase, die das Wachstum der Körnererbsen erneut anregte und zu unharmonischer Abreife führte, mit Folgen für die Ernte.
Die durchschnittliche Erntemenge über alle Standorte fiel mit 27 dt/ha, im Vergleich zum Vorjahr mit 46 dt/ha, sehr niedrig aus. Frankendorf, langjährig der ertragsstärkste Versuchsstandort, kam 2022 auf einen hervorragenden Kornertrag von 68 dt/ha. 2023 lag der Durchschnittsertrag bei nur 17 dt/ha. Der Versuch in Boxberg wurde witterungsbedingt vor der Ernte abgebrochen, der Standort Orschweier konnte wegen massiver Lücken nicht ausgewertet werden.
Insgesamt standen acht Körnererbsensorten zur Prüfung an, darunter die praxisbewährte Sorte Astronaute, aber auch die vielversprechenden Neuzulassungen Batist und Iconic. Auf Wunsch des Züchters wurde die Sorte Orchestra wegen nicht korrekter technischer Angaben beim Versuchssaatgut aus der Wertung genommen.
Ackerbohnen: Keine zufriedenstellenden Erträge
Die LSV Ackerbohnen konnten 2023 aufgrund der Nässe im Boden erst spät – von Ende März bis Ende April – über die insgesamt sechs Standorte gesät werden. Darauf folgten, ähnlich wie bei den Erbsen: eine leicht verhaltene Jugendentwicklung aufgrund der niedrigen Temperaturen, Wassermangel und kontinuierliche Nordostwinde in der Blüte und zur Hülsenbildung, rasche Abreife und Regenfälle zur Erntezeit.
Vereinzelt wurde Befall mit Blattrandkäfern an den Jungpflanzen festgestellt. Überwinternde, virustragende Blattläuse infizierten im Frühjahr einen Teil der jungen empfindlichen Bestände mit dem Nanovirus. In manchen Versuchen wäre eine rechtzeitige Insektizidgabe zur Schadensbegrenzung sicher sinnvoll gewesen. In Orschweier wurde mit Einsetzen der Niederschläge der komplette Bestand schwarz, einschließlich der Hülsen. Untersuchungen ergaben, dass es sich um das Phytopathogen Pythium ultimum und um Fusarium handelte. Entsprechend niedrig fiel der diesjährige Ertrag mit 21 dt/ha (42 dt/ha im Vorjahr) aus.
Die Ernte der Prüfstandorte zog sich bis Ende August. Mit einem Durchschnitt von 24 dt/ha (2022 durchschnittlich 45 dt/ha) und einer Tausendkornmasse von 424 g (2022 460g) kann das Ergebnis nicht zufriedenstellend sein. Insgesamt wurden bei den Ackerbohnen neun Sorten an sechs Standorten geprüft. Die bedeutendsten Sorten im Praxisanbau sind seit Jahren Tiffany und Trumpet.
Prüfsortiment Futtererbsen 2023 Süd-/Südwestdeutschland
Astronaute gilt als wichtigste Körnererbse in der Praxis. Die sehr gute Einstufung in der BSL beim Kornertrag (9) kann die Sorte nach einem schwachen Vorjahr 2023 bestätigen. Astronaute ist eine harmonische und ertragsstabile Körnererbse mit etwas längerer Blühdauer und früher Reife.
Die Neuzulassung Batist wird in der BSL mit 9 als hochertragreich eingestuft. Im ersten Prüfjahr kommt die Sorte nicht ganz auf das angestrebte Ertragsniveau und erzielt 102 Prozent relativ. Die Topleistungen laut BSL, auch beim Rohproteinertrag, muss die Sorte noch unter Beweis stellen. Batist ist langwüchsig und sehr standfest.
Die kleinkörnige (TKM 181 g) Erbse Bellanos kommt mit den Bedingungen 2023 nicht zurecht und bleibt mit insgesamt 86 Prozent über alle Standorte ausgesprochen ertragsschwach, trotz der guten Bewertung in der BSL bei Korn und Protein (8/8). Auch mehrjährig kann die Sorte nicht überzeugen. Bellanos hat trotz ihrer Wuchslänge eine ausgezeichnete Strohstabilität und eine sehr gute Hülsenfestigkeit.
Die neu zugelassene Sorte Iconic erhält in der BSL die höchste Einstufung bei Korn- und Proteinertrag (9/9). Im ersten Prüfjahr präsentiert sich die Sorte mit 113 Prozent Relativertrag überragend. Auf die mehrjährigen Ergenisse darf man gespannt sein. Die Standfestigkeit der Prüfsorte ist gut.
Kameleon schneidet 2023 mit 102 Prozent Relativertrag insgesamt nicht schlecht ab, erfüllt aber nicht ganz die Ertragserwartung. Mehrjährig liegt das Leistungsniveau bei Korn und Protein im Mittelfeld. Die kurze Sorte hat eine durchschnittliche Standfestigkeit.
Die Hochertragssorte (BSL 9/9) Orchestra fällt 2023 aus der Wertung, da die Angaben zum TKM bei Versuchssaatgut nicht stimmig waren. Mehrjährig liegt das Leistungsniveau beim Kornertrag und vor allem beim Proteinertrag auf sehr hohem Niveau. Orchestra gilt als ausgesprochen harmonisch und ertragsstabil. Trotz ihres kurzen Wuchses kann die Erbse zu Lager neigen.
Protin ist eine großkörnige Erbse (240 g), die sich 2023 wie schon im Vorjahr mit den extremen Witterungsverhältnissen schwer tut: Insgesamt kommt sie nicht über 83 Prozent Ertragsleistung hinaus und bleibt mehrjährig unterdurchschnittlich. Die hohen Proteinwerte von 2022 lassen auf einen guten Proteinertrag (BSL 8) schließen. Die Standfestigkeit ist gut und die Blüte mit durchschnittlich sieben Tagen sehr kurz.
Symbios bestätigt auch in diesem Jahr die hervorragende Einstufung der BSL (9) beim Kornertrag: mit 109 Prozent relativ ist die Sorte über die Standorte konstant und ertragsstabil. Mehrjährig erreichen Korn- und Proteinertrag mit 103 und 102 Prozent ein hohes Niveau. Die kurzwüchsige Symbios ist durchschnittlich standfest und blüht lange.
Prüfsortiment Ackerbohnen 2023 Süd-/Südwestdeutschland
Allison präsentiert sich 2023 wie schon im Vorjahr heterogen: Die Relativerträge schwanken zwischen 96 bis 129 Prozent. Insgesamt kommt die Sorte auf 102 Prozent. Mehrjährig zählt Allison mit 104 Prozent relativ Kornertrag und Prozent relativ Proteinertrag zu den leistungsstärksten Ackerbohnen. Die Sorte ist vicin- und convicinarm sowie standfest. Am Standort Orschweier fällt die Sorte 2023 durch starken Fusariumbefall auf. In Baden-Württemberg ist Allison mittlerweile eine der wichtigsten Sorten im Praxisanbau.
Die EU-Sorte Caprice liefert 2023 mit 108 Prozent Relativertrag ein sehr gutes Ergebnis und zeigt sich über die Standorte verhältnismäßig konstant. Mehrjährig wird die Sorte bei Korn- und Proteinertrag mit 102 Prozent eingeschätzt. Caprice liegt in der Standfestigkeit leicht unter dem Versuchsmittel.
Die Neuzulassung Genius hat ein hohes Kornertragspotential (BSL 7), was sie 2023 mit 104 Prozent relativ bestätigt. Erste Ergebnisse beim Protein lassen auf einen hohen Ertrag schließen. Die Sorte ist sehr standfest und hat eine geringe Reifeverzögerung des Strohs. Die TKM liegt mit 470 g hoch.
Iron, ebenfalls eine vicin- und convicinarme Neuzulassung, hinterlässt im ersten Prüfjahr einen ertragsstabilen und starken Eindruck. Mehrjährig muss die Sorte die hohen Ertragserwartungen, auch in Bezug auf Rohprotein, noch unter Beweis stellen. Iron ist strohstabil. Auffällig ist 2023 der hohe Anteil an Ausfallkörnern. Die TKM ist mit 480 g die höchste.
Die neu zugelassene Sorte LG Viper überzeugt an keinem Prüfstandort. Auch mehrjährig verrechnet gibt sie ein schwaches Bild ab. LG Viper ist kurz und außerordentlich standfest. In Orschweier zeigt sie sich relativ fusariumtolerant. Auffällig ist die starke Reifeverzögerung.
Die EU-Sorte Protina steht 2023 im ersten Versuchsjahr. Mit nur 93 Prozent Relativertrag kommt die Sorte mit den baden-württembergischen Prüfstandorten und den diesjährigen Bedingungen nicht zurecht. Im bayerischen Oberhummel belegt sie mit 113 Prozent Kornertrag Rang eins. Mehrjährige Ergebnisse werden zeigen, was von der Sorte zu erwarten ist. Protina ist langwüchsig, ausgesprochen strohstabil und zeigt eine nur geringe Reifeverzögerung.
Stella zählt ein- und mehrjährig zu den ertragsstärksten Ackerbohnen im Prüfsortiment und hinterlässt auch 2023 einen homogenen, ertragsbeständigen Eindruck. Ebenso kann die Sorte mehrjährig beim Proteinertrag mit 103 Prozent überzeugen. Die längerwüchsige Ackerbohne neigt zu Lager und zeigt sich auch überdurchschnittlich anfällig für Fusarium. Das TKM kommt auf etwas niedrige 364 g.
Die vicin- und convicinarme Tiffany bleibt bundesweit und in Baden-Württemberg die bedeutendste Sorte im Praxisanbau. Wie im Vorjahr kommt sie aber auch 2023 nicht über ein unterdurchschnittliches Ertragsniveau hinaus. Der mehrjährige Proteinertrag ist mit 100 Prozent zufriedenstellend. Trotz ihrer Länge ist Tiffany außerordentlich standfest und in der Reife etwas früher.
Trumpet ist ein Garant für einen hohen und stabilen Kornertrag, was die Sorte auch 2023 an den baden-württembergischen Standorten als ertragsstärkste Ackerbohne beweist. Der Proteinertrag liegt wegen des niedrigen Proteingehalts (BSL 3) mehrjährig bei 96 Prozent relativ. Die langwüchsige Sorte ist außergewöhnlich strohstabil und reift gleichmäßig und zügig ab. Die TKM ist mit 393 g niedrig.
Empfehlungssorten 2023:
- Körnererbsen: Astronaute, Kameleon (auslaufend), Orchestra (eingeschränkte Empfehlung, da 2023 keine Daten), Symbios.
- Ackerbohnen: Allison, Stella EU, Trumpet.
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