
Beisaaten als natürliche Helfer im Rapsanbau
Ein vielversprechender Ansatz zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln wird derzeit auf den Feldern der Betriebsgemeinschaft Laupheim-Wain im Landkreis Biberach erprobt: Begleitpflanzen in Raps sollen als natürliche Abwehr gegen Schädlinge und Unkraut dienen. Bei einer Presseveranstaltung des Bauernverbands Biberach-Sigmaringen e.V. am 23. Oktober 2024 wurden die ersten positiven Ergebnisse präsentiert.
von Jonas Klein erschienen am 18.11.2024„Wir wollen mit den Begleitpflanzen die Rapsschädlinge ablenken und die Bodenoberfläche gegen Unkräuter beschatten“, erläutert einer der beteiligten Betriebsleiter Lukas Bidmon das Konzept. Bisher musste die Fläche noch nicht gegen Rapserdfloh behandelt werden, weil die Schadschwelle laut Gelbschalenfängen noch nicht erreicht war. Michael Ziesel vom Landwirtschaftsamt Biberach bestätigt: „An den Rapspflanzen mit Beisaaten war deutlich weniger Lochfraß zu sehen.“ Kreisobmann Karl Endriß und sein Stellvertreter Michael Zettel vom KBV Biberach-Sigmaringen luden die Presse ein, um den Praxisversuch und das Engagement der Laupheimer Praktiker für einen nachhaltigen Pflanzenbau sichtbar zu machen.

Moderne Technik in der Betriebsgemeinschaft
Die Versuchsaussaat erfolgte in zwei Durchgängen. Zuerst wurden Beisaatmischungen in Streifen von 4 m Breite in Breitsaat gesät. Dann erfolgte eine weitere Breitsaat von Raps in einer separaten Überfahrt. Jede Überfahrt verursachte Kosten von rund 60 Euro pro Hektar. Zudem wurde ein innovatives Sägerät der Firma Amazone ausprobiert, das Raps und Begleitpflanzen in einem Arbeitsgang ausbringen kann. Zu den Untersaaten gehören Mischungen mit Komponenten wie Alexandrinerklee, Lupinen, Öllein, Perserklee, Ramtillkraut, Serradella, Bockshornklee, Linse, Ackerbohne, Platterbse und weitere. Die eingesetzten Leguminosen als Beisaaten erfüllen dabei eine Doppelfunktion: Sie unterdrücken nicht nur unerwünschten Bewuchs, sondern reichern auch den Boden mit Stickstoff an. „Und im Winter frieren die Begleitpflanzen ab und liefern wertvolles Futter für die Regenwürmer“, sagte Hubert Henle, der ebenfalls als Betriebsleiter an der Betriebsgemeinschaft beteiligt ist.
Die Zusammenarbeit mehrerer Betriebe - des Schlossguts Laupheim sowie der Betriebe Habdank (Wain), Henle (Westerflach) und Mast (Untersulmetingen) - ermöglicht die effiziente Nutzung moderner Landtechnik, die für die entsprechenden Einzelbetriebe kaum auszulasten wäre. „Das hilft, um die Kosten für die effiziente Technik gut zu verteilen und diese teure Technik bezahlbar zu machen“, betont Kreisobmann Karl Endriß. So verfügt der Betrieb beispielsweise über die notwendige Technik zur Bandspritzung sowie eine kameragesteuerte Hacke, um Pflanzenschutzmittel zu reduzieren mit hoher Genauigkeit auszubringen.
Regionale Anpassung notwendig
Ein wichtiger Aspekt bei der Entwicklung nachhaltiger Anbaumethoden ist die Berücksichtigung lokaler Bedingungen. „Termine zum Pflügen oder zur Saat von Zwischenfrüchten, die von Hamburg bis zum Bodensee gelten sollen, passen oft nicht zu den regionalen Gegebenheiten“, kritisiert Endriß bundesweit einheitliche Vorgaben. Die Landwirte in der Region brauchen die Freiheit, Entscheidungen entsprechend ihrer Erfahrung und der lokalen klimatischen Bedingungen zu treffen. Deshalb sind lokale Versuche wie der in Laupheim Gold wert, um den Austausch zwischen Landwirten und Ämtern zu fördern und praxisnah zu zeigen, welche Maßnahmen zur Pflanzenschutzmittelreduktion vor Ort funktionieren und umsetzbar sind. Die Ergebnisse eines solchen Praxisversuchs sind zwar nicht so präzise durchgeführt und ausgewertet wie die Versuche am LTZ Augustenberg, dafür kommen sie sehr nah an die Betriebsbedingungen und die auf dem Hof verfügbare Technik heran. Die Betriebsgemeinschaft hat den Beisaatenversuch auf eigene Kosten in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsamt Biberach angelegt. Der Versuch läuft aktuell im dritten Versuchsjahr, anvisiert werden drei bis fünf weitere Jahre, um zuverlässige Ergebnisse zu liefern. „Daten aus solchen freiwilligen Anbauversuchen können zudem wichtige Impulse für die Gesetzgebung in der Zukunft liefern“, erklärte Ziesel.

Brücken zwischen konventionell und öko
Der Versuch, der bereits im dritten Jahr läuft, zeigt exemplarisch, wie konventionelle und ökologische Ansätze gewinnbringend kombiniert werden können. „Konventionelle und ökologische Landwirte können viel voneinander lernen“, ist Bidmon überzeugt. „Wenn man undogmatisch zusammenarbeitet und die besten Ansätze aus beiden Welten einbindet, entstehen gute Ergebnisse für die Landwirtschaft insgesamt.“ So setzt die Betriebsgemeinschaft eine siebengliedrige Fruchtfolge mit robusten Sorten in Mulchsaat um, in der unter anderem Raps, Gerste, Weizen, Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln sowie eine Vielzahl von Zwischenfrüchten enthalten sind.
Das Engagement der Landwirtschaft für die Pflanzenschutzmittelreduktion wird in der Öffentlichkeit leider leicht übersehen. „Der chemische Pflanzenschutz ist nur eines von vielen Werkzeugen, die wir einsetzen, um eine gesunde Ernte einzufahren“, erklärte Henle. Praktiker suchen laufend nach neuen Kombinationsmöglichkeiten aus ackerbaulichen Maßnahmen und Technik, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf ein nötiges und effizientes Maß zu reduzieren. Die Praktiker lobten die Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsamt Biberach, das den Anbauern mit kompetenter Beratung zur Seite steht.
Die Betriebsgemeinschaft Laupheim-Wain wird den Versuch weiterführen, um die Langzeitwirkung der Beisaaten zu dokumentieren. „Damit der Versuch zuverlässige Ergebnisse liefert, muss er mehrere Jahre laufen“, erklärt Ziesel vom Landwirtschaftsamt. Das übergeordnete Ziel ist dabei klar definiert: Pflanzenschutzmittel sollen nur noch im unbedingt notwendigen Maß eingesetzt werden.

Kein Pflanzenschutz ist keine Alternative
Um die Wirksamkeit von Pflanzenschutzmaßnahmen zu überwachen, legen die Betriebsleiter in vielen Kulturen Nullparzellen ohne Pflanzenschutz an. „In der Nullparzelle bei den Zuckerrüben hat Cercospora 2024 fast den gesamten Ertrag gekostet“, sagte Bidmon. Früher hätte ein so feuchtes Jahr wie 2024 Ansicht zu einer Hungersnot geführt, ist sich Endriß sicher. Die Nullparzellen in Kartoffeln und Raps hätten ähnlich ernüchternde Ergebnisse geliefert. Selbst beim Weizen brach der Ertrag unbehandelt um zwei Drittel ein.
Ohne Pflanzenschutz geht es also nicht. Auch auf der 0,75 Hektar großen Versuchsfläche versprechen sich die Praktiker und das Landwirtschaftsamt zwar eine Pflanzenschutzmittelreduktion, rechnen durch den höheren Aufwand bei der Saat am 4. September 2024 und für das Saatgut aber mit Mehrkosten im Vergleich zur Variante ohne Begleitsaaten. Vielleicht können solche die Versuchsergebnisse anstoßen, dass ein solcher Aufwand, der im öffentlichen Interesse der Pflanzenschutzmittelreduktionbetrieben wird und obendrein die Biodiversität fördert, in Zukunft honoriert wird. „Zudem liefern die Beisaaten Vorteile für die Folgekultur und können Schädlinge in Schach halten, gegen die in Zukunft vielleicht keine Pflanzenschutzmittel mehr zur Verfügung stehen werden“, kommentierte Bidmon die langfristige Perspektive der Begleitpflanzen. Nun warten die Praktiker auf das Frühjahr, wenn sich zeigen wird, wie gut sich der Raps gegen die Begleitpflanzen durchgesetzt hat. Ende Oktober zeigte sich der Raps im Versuchsfeld vital und kompetitiv.
- Unkrautunterdrückung: Begleitpflanzen beschatten den Boden und erschweren Unkräutern das Wachstum, was Herbizide sparen kann, sofern die Begleitpflanzen zuverlässig abfrieren.
- Bodenbedeckung: Die Blätter der Bei- und Untersaaten schützen den Boden vor Regen und Wind.
- Nährstofflieferung: Leguminosen binden Stickstoff aus der Luft. Nach dem Absterben stellen sie Nährstoffe für den Raps und für Bodenlebewesen bereit.
- Grundwasserschutz: Begleitflora nimmt Nährstoffe auf und schützt vor Auswaschung und unerwünschten Nährstoffausträgen.
- Biodiversität: Begleitpflanzen fördern die Biodiversität und damit die Widerstandsfähigkeit des Agrarökosystems.
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