"Jeder Handgriff kann das Virus bringen"
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Eiskalt erwischt hat es Ingrid und Georg Frick aus Stockach, als der Anruf vom Veterinäramt kam, dass es die Aufstallpflicht gibt. Im Jahr 2012 haben sie mit der Straußenhaltung begonnen und sind das erste Mal direkt mit der Vogelgrippe konfrontiert. „Seit 12. November sind wir dabei provisorische Ställe zu errichten“, erzählt Ingrid Frick. Eine echte Herausforderung für die vier Strauß-Hähne, ihre 14 Hennen und die Masttiere, die normalerweise auf mehreren Hektar Fläche unterwegs sind. „Ein Strauß braucht Licht, Luft und Bewegung“, sagt Ingrid Frick. Die Stallhaltung bringe in der Regel langfristig zahlreiche negative Folgen mit sich. Pilzinfektionen, Knochenschwäche, Verhaltensauffälligkeiten seien keine Seltenheit.
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„Laut Haltungsrichtlinie sollten Strauße nicht länger als zehn Tage am Stück im Stall gelassen werden“, erzählt Ingrid Frick. Nun müssen auf dem kleinen Betrieb die Tiere schon mehr als einen Monat drinnen bleiben. Die Auswirkungen sind mittlerweile an den Tieren zu spüren. Die Anzahl der Verletzungen nimmt zu, sie lassen Federn, weil sie bei ihrer Reviermarkierung ständig an der Stallwand streifen und der Hahn ist nicht mehr gemeinsam mit den Hennen zu halten. „Der ging so sehr auf seine Hennen los, dass diese völlig verstört in der Ecke saßen“.
Zudem ist Ingrid Frick den ganzen Tag dabei die Ställe zu reparieren. Wenn ein 130 Kilo-Tier gegen die Wand prallt sei immer irgendwo eine Latte gebrochen. Mittlerweile haben Fricks eine Methode gefunden um den Stall „Wildvogeldicht“ zu halten. Nachdem erste Versuche mit Maschendrahtzaun an der Trittkraft der Strauße scheiterten, haben sie alles mit elastischen Netzen abgedichtet. Die Konstruktion eines Wintergartens bietet nun wenigstens einigen Tieren einen kleinen Auslauf. In insgesamt 13 Ställe sind die Tiere verteilt. Das bedeutet jedes Mal vor Eintreten die Schuhe zu desinfizieren und auch große Vorsicht beim Transport von den Futterbehältnissen. „ich brauche derzeit rund eine Stunde mehr am Tag für die Fütterung. Dazu kommen zahlreiche Gedanken, ob nicht irgendwo eine Lücke in all den Vorsichtsmaßnahmen klafft, die sie täglich treffen. Das bereite so manche schlaflose Nacht, wenn „jeder Handgriff den Virus bringen könnte“.
Fünf Quadratmeter Fläche sind für ein Tier im Stall vorgeschrieben. Um alle Strauße unterbringen zu können mussten Masttiere außer der Reihe geschlachtet werden. Positiv sei die Welle der Solidarität gewesen: Das Fleisch der Strauße wird gewöhnlich über E-Mail an Stammkunden vermarktet. „In einer Mail habe ich die Situation geschildert und Fleisch zum Verkauf angeboten“, erzählt Ingrid Frick. Zahlreiche Empfänger hätten die Nachricht an Freunde und Bekannte weitergeleitet und das Fleisch – übrigens bei der Schlachtung dreifach auf das H5-Virus getestet – war binnen weniger Tage verkauft. Ingrid Frick hofft, dass die Aufstallpflicht zum 1. Februar entfällt: „Es geht nicht länger!“. Das sei gegen die Natur dieser Tiere. Und auch gegen ihre eigene Philosophie. Im Laufe der Zeit würden weitere Probleme anfallen, beispielsweise fressen die Strauße um diese Jahreszeit noch von der Wiese. Nun wird Heu zu gefüttert. Die Tiere sollten artgerecht gehalten werden. Sollte sie dennoch verlängert werden, wird sie eine Sondergenehmigung beantragen. Die gebe es, aber dann müssten alle drei Wochen Kotproben von den Tieren genommen und beprobt werden. Die Strauße sind nicht über die Tierseuchenkasse versichert. „Ich will nicht wissen was passiert, wenn dann eine Probe positiv wäre“.
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