Neuer Zuchtwert fördert höhere Lebensleistungen
Seit Anfang August gibt es einen neuen Gesamtzuchtwert RZ€, in dem die Nutzungsdauer und Gesundheitsmerkmale stärker gewichtet werden. Damit soll die Zucht auf höhere Lebensleistungen bei Holsteinkühen weiter gefördert werden.
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Wer für seinen Milchviehbetrieb unter Tausenden an verfügbaren Bullen die bestmöglichen auswählen möchte, braucht ein informatives Entscheidungs-kriterium, um die Auswahl einzugrenzen. Mathematisch definierte Selektionsindices bilden das Zuchtziel der Rasse unter den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einer Region ab. Sie liefern so wichtige Informationen.
Dabei fassen Gesamtzuchtwert-Indices, wie der Relativzuchtwert Euro (RZ€) und der Relativzuchtwert Gesamt (RZG) für Holsteins sowie jeweils die beiden Gesamtzuchtwerte (GZW) und Ökologischen Zuchtwerte (ÖZW) für Fleckvieh und Brown Swiss, mehrere Zuchtmerkmale gemäß deren Bedeutung für die Erreichung des Zuchtziels zusammen. Selektionsindices erlauben es so, Bullen nach deren Vererbungspotenzial zu rangieren.
Gesundheitswerte im Blick
Der mit der Zuchtwertschätzung im August erstmals für schwarzbunte und rotbunte Holsteins publizierte RZ€ wird parallel zum RZG ausgewiesen. Vom bewährten und seit 2008 nahezu unveränderten RZG unterscheidet sich der RZ€ dadurch, dass er innovative Merkmale beinhaltet, wie zum Beispiel den Gesundheitskomplex und die Kälberfitness.
Der Gesundheitszuchtwert ist selbst ein Index und umfasst insgesamt 13 Einzelmerkmale der Kategorien Eutergesundheit, Klauengesundheit, Stoffwechselstabilität und Fruchtbarkeitsstörungen. Klassische Euter- und Fundamentmerkmale sind im Gegensatz zum RZG nur indirekt im RZ€ berücksichtigt, beispielsweise über Beziehungen zur Nutzungsdauer. Außerdem weicht die Gewichtung einzelner Merkmale im RZ€ vom RZG ab.
Ein weiterer Unterschied: Während der RZG sowie GZW und ÖZW für Fleckvieh und Brown Swiss auf einer Punkte-Skala (Relativ-Skala) ausgewiesen werden, wird der RZ€ direkt in Euro ausgedrückt. So kann man die ökonomische Überlegenheit der Genetik eines Holsteinbullen direkt aus den Toplisten ablesen – ein Bulle mit einem Zuchtwert von plus 2000 Euro gibt die Hälfte seiner Überlegenheit über das Erbgut an die Nachkommen weiter.
Was das konkret bedeutet, lässt sich an einem Beispiel veranschaulichen: Von einer Kuh mit einem RZ€ von plus 1000 Euro kann man, auf die gesamte Lebensdauer bezogen, einen um 1000 Euro höheren Gewinn im Vergleich zu einer Kuh der Basispopulation erwarten. Dieser Gewinn kann beispielsweise zu einem Teil aus einem Plus im Milchgelderlös, zu einem anderen Teil aber auch aus eingesparten Behandlungskosten für Mastitisfälle resultieren. Einzelzuchtwerte zeigen hier genetische Stärken und Schwächen an.
Hinter anderen Gesamtzuchtwert-Indices steckt übrigens dieselbe Mathematik, die genetische Über- oder Unterlegenheit wird jedoch auf eine Punkte-Skala abgetragen. Im RZG beziehungsweise dem GZW und ÖZW für die süddeutschen Rassen werden der durchschnittlichen Kuh der Basispopulation 100 Zuchtwertpunkte zugeteilt. Auch für diese Indices gilt: Ist ein Zuchttier höher bewertet, deutet das klar darauf hin, dass im Erbgut des Tieres mehr ökonomisches Potenzial steckt.
Bullen passend zum Betrieb
Gesamt-Indices liefern also einen wichtigen Anhaltspunkt, welche Bullen als Anpaarungspartner für einen Betrieb infrage kommen. Sie als Orientierungswerte zu ignorieren, hieße wirtschaftliches Entwicklungsvermögen verschenken. Ein Gesamtzuchtwert-Index sollte allerdings auch niemals alleinig als Kriterium zur Bullenauswahl herangezogen werden. Die Bullenselektion sollte vielmehr nach der Bedürfnislage des Betriebs erfolgen. Dabei sollte die Entwicklung des Betriebs über einen langfristigen Horizont ins Auge gefasst und die betrieblichen Besonderheiten berücksichtigt werden.
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