Rekordumsatz und höhere Kosten
Versorgungsängste und rückläufige Milchmengen im ersten Halbjahr führten im Jahr 2022 zu einem massiven Preisanstieg für Milchprodukte im LEH. Vor diesem Hintergrund erzielte die Milchwerke Schwaben eG einen Rekordumsatz in Höhe von 333 Mio. Euro, 33 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Jahresüberschuss lag nahezu unverändert zum Vorjahresergebnis bei fast 1,3 Mio. Euro.
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Der Milchpreis 2022 stieg in eine Höhe, die keiner von uns so vorausgesagt hätte“, berichtete der Vorstandsvorsitzende Joachim Keller. Mit Blick auf die aktuell schwierige Marktlage, die von sinkenden Milchpreisen geprägt ist, meinte er: „Nach einem Hoch kommt meistens auch ein Tief, das einen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbringt, so wie der Preisabschlag der Milchwerke Schwaben im Januar.” Die Milchwerke Schwaben mussten im Januar ihr Milchgeld marktbedingt von 60 Cent auf 45 Cent zurücknehmen. Ein Schritt, der für heftige Diskussion gesorgt hatte. Keller betonte, dass die Milchwerke Schwaben gut aufgestellt sind und warnte davor, den Erfolg der vergangenen Jahre über Bord zu werfen. Er machte aber auch keinen Hehl daraus, dass sich der Preisabstand zu anderen Molkereien im Süden zumindest bis Ende des Jahres vermutlich nicht mehr ganz aufholen lässt. Der derzeitige Milchpreis von 45 Cent soll bis einschließlich Mai gehalten werden.
Explodierende Kosten
Wie hoch die Produktionskosten 2022 gestiegen sind, zeigt der Blick in den Geschäftsbericht. Der weist unter anderem eine Erhöhung des Materialaufwands um 79,9 Mio. Euro auf 289,6 Mio. Euro aus. Darin enthalten sind auch die 214,1 Mio. Euro Milchgeldzahlungen, rund 60 Mio. Euro mehr als 2021. Teurer wurden aber auch die Milchzukäufe, Beifuhrkosten und Aufwendungen für bezogene Hilfs- und Betriebsstoffe, Zusatzstoffe, Verpackungsmaterial sowie vor allem auch die Energie.
Milchgeldzahlungen außerordentlich gut
Die 803 Milcherzeuger lieferten 406,5 Mio. kg Milch, davon 8,8 Mio. kg nach Biolandvorgaben zertifizierte Biomilch. Der Anteil Milch ohne Gentechnik stiegt von 77 auf 80,4 Prozent. Der Brutto-Auszahlungspreis inklusive einer Nachzahlung von 1,2 Cent bei 4,2 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß für Milch ohne Gentechnik lag bei 59,05 Cent/kg und bei konventioneller Milch bei 57,96 Cent/kg. Damit liegt man bei den Milchauszahlungspreisen 2022 laut Geschäftsführer Karl Laible über dem Durchschnitt von Deutschland (+ 0,2 Cent) sowie über dem Schnitt von Baden-Württemberg (+ 1,0) und über Bayern (+ 1,5 Cent). „Wir werden auch 2023 alles Notwendige tun, um unsere Ziele zu erreichen“, versprach Laible. Für Biomilch wurden im Jahr 2022 im Durchschnitt 64,58 Cent/kg brutto ausgezahlt.
Mehr Frische und weniger Pulver
Das für die Milchwerke Schwaben klassische Segment Joghurt und Dessert im Ein-Kilogramm- bzw. 800-Gramm-Becher konnte am stärksten zulegen, berichtete Geschäftsführer Dr. Johann Meier. So erhöhte sich der Absatz um 21,3 Prozent. Bei Käse und SB-Käse verminderte sich der Absatz um 2,3 Prozent auf 32.962 t. Bei den Kleinbechern Milchreis konnte der Absatz um 9,5 Prozent gesteigert werden, bei Butter ging er um 1,0 Prozent auf 5130 t leicht zurück. Verwertungsbedingt verringerte sich der Absatz bei Milchpulver und bei Molkepulver. Investiert wurde laut Meier in eine neue Abfüllleitung für die Frische und eine neue Abfülllinie, in der Trocknung, in der Butterei, in eine PV-Anlage, in neue Stromleitungen, beim Abwasser sowie in die IT-Sicherheit und vieles mehr.
Inflation und Konsumverzicht
„Es ist wenig verwunderlich, dass die Verbraucher bei hohen Inflationsraten mit Konsumverzicht reagieren oder ihre Einkaufsstätte wechseln“, beschreibt Karl Laible die aktuelle Marktlage. Am Spotmarkt werden derzeit 30 Cent für die Milch bezahlt. „Molkereien mit längerfristigen Kontrakten, sowohl im aufgeschnittenen Käse als auch im Basissegment der weißen Produktlinie, sind derzeit deutlich im Vorteil“, so Laible. Die Kontraktverhandlungen Ende April und im Juni sieht er als große Herausforderung – es gibt viel Milch auf dem Markt, bei gleichzeitiger Konsumzurückhaltung. Im Absatz stark gewachsen sind die Milchwerke Schwaben im Zeitraum Januar bis März 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 38,7 Prozent bei Joghurt, um 11,7 Prozent bei Kleinbechern, um 25,3 Prozent bei Butter und um 2,2 Prozent bei Käse sowie 12,5 Prozent bei Pulver. Auch im Biobereich sei der Absatz gut.
Neue Produkte in der Pipeline
Derzeit laufen die Vorbereitungen für den Relaunch der Marke Axel Frischmilch zur Jahresmitte auf Hochtouren. Den Start macht die 1,0 Liter frische Axel Weidemilch 3,8 Prozent Fett. Abgefüllt wird die Milch bei der Molkerei Gropper in Bissingen. Weitere neue Produkte, wie zwei Sorten Axel Weidemilch Scheibenkäse (Gouda und Edamer) sowie der Axel Weidemilch Reibekäse, werden folgen. Ziel ist es, Milch in Produkte mit höherer Wertschöpfung zu positionieren. Eine Möglichkeit bietet Weidemilch und die Zertifizierung mit dem Zusatzmodul QM++ (Haltungsstufe 3). Teile der Landwirte sollen damit beginnen, auf diese Haltungsstufe 3 umzustellen. Seit Jahresbeginn werden ein veganer Grießdessert und ein veganes Reisdessert hergestellt.
Vegane Schiene soll langsam aufgebaut werden
Dass ein Milchwerk in die Herstellung pflanzlicher Produkte investiert, wird unter den Milcherzeuger durchaus kritisch gesehen, wie in der Diskussion deutlich wurde. Ein Redner sprach sich klar dagegen aus und bezeichnete den Einstieg in den veganen Markt als "Schlag ins Gesicht der Milcherzeuger", weil er befürchtet, dass man auf diesem schnell wachsenden und hart umkämpften Markt Gefahr laufe, Geld zu verbrennen. Dr. Meier erinnerte daran, dass man sich gemeinsam dafür entschieden habe, eine vegane Schiene aufzubauen und versicherte, dass man hier ganz klein anfangen wolle, zunächst ohne überhaupt zu investieren, indem die vorhandenen Anlagen (Kleinbecheranlagen) genutzt werden. "Wir wollen schauen, ob wir auf diesem Weg eine Chance haben, für uns einen zusätzlichen Gewinn generieren zu können", so Dr. Meier.
QM++ wird ausgebaut
Sorgen bereiten den Erzeugern auch die zunehmende Zahl an Zertifizierungen für die Molkerei, aber auch auf den Höfen. "Das alles kostet viel Geld, kommt aber bei uns Erzeugern nicht an", so die Kritik. Die Landwirte sind mit viel Arbeit eingedeckt und werden durch den Zertifizierungsaufwand zusätzlich belastet. Laible hob die zunehmende Bedeutung von QM++ und Weidemilch hervor und ließ keinen Zweifel daran, dass das Milchwerk hier mitgehen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichwohl wolle man die Teilnahme für die Erzeuger freiwillig halten, versprach Laible. Und: "Wir wollen da keinen Druck aufbauen, sondern versuchen, Chancen zu nutzen und gemeinsam in den Dialog zu treten."
Turnusmäßige Wahlen
Bei den Wahlen in den Vorstand wurde Joachim Keller einstimmig wiedergewählt. Für den Aufsichtsrat wurden Hans Barth, Markus Hafner und Thomas Bidlingmaier ebenfalls einstimmig im Amt bestätigt. In den Beirat wählten die Mitglieder wieder Helmut Bäumler, Simon Knab, Eberhard Lohrmann und Stephanie Reick. Für den ausgeschiedenen Beirat Ralf Riester wurde Andreas Mink neu gewählt.
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