
Starke Landwirtschaft ist ein Schlüsselfaktor
Zahlreiche Mitglieder, Gäste und Abgeordnete trafen sich am Dreikönigstag mit dem Segen der Sternsinger in der Festhalle in Sigmaringen-Laiz zum traditionellen Kreisbauerntag und dem anschließenden Neujahrsempfang. Eingeladen hatte der Bauernverband Biberach-Sigmaringen.
von Matthias Borlinghaus Quelle Matthias Borlinghaus erschienen am 07.01.2025An die große Unterstützung aus der Bevölkerung für die Bauernproteste im vergangenen Jahr erinnerte der Vorsitzende beim Bauernverband Biberach-Sigmaringen, Karl Endriß. Für Endriß wurde durch die Proteste einmal mehr deutlich, wie wichtig die Landwirtschaft für die gesellschaftliche Stabilität insgesamt ist. „Wir müssen gesamtheitlich denken, um die Menschen im ländlichen Raum zu erreichen“, forderte Endriß und beklagte den Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Für ihn ist es höchste Zeit, „ein Signal pro Landwirtschaft und pro Tierhaltung“ zu setzen, so Endriß. Der Selbstversorgungsgrad von nur noch 60 bis 70 Prozent in Baden-Württemberg über alle Produkte dürfe nicht noch weiter absinken, weil sonst die Abhängigkeit aus dem Ausland vergrößert werde, mahnte Endriß. Vielmehr müsse es darum gehen, die Investitionsbereitschaft, die Eigenverantwortung und die Qualifikation vor Ort zu stärken.
Zukunftsfähige Landwirtschaft
„Wir haben die Bauernproteste erleben dürfen. Da wurde vielen klar, was die Bauern umtreibt“, zog auch der Tübinger Regierungspräsident Klaus Tappeser im Hauptreferat eine positive Bilanz der Proteste. Tappeser sprach zum Thema „Landwirtschaft als Garant für Ernährung und Natur“ und stellte Überlegungen an, wie es mit der Landwirtschaft im Südwesten weitergehen könnte. Dabei ging es einmal mehr um die Vielfalt an Möglichkeiten für die Unternehmen, sich aufzustellen, von der Kostenführer- über die Qualitätsführerschaft bis hin zur Diversifizierung der Betriebe. Für ihn ist klar, dass die Gesellschaft die Landwirtschaft braucht und umgekehrt: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, aber ohne Brot ist halt auch nix.“ Tappeser erinnerte daran, dass man in Baden-Württemberg bereits vor den Protesten einen Strategiedialog begonnen hatte, um die verschiedenen Interessen von Landwirtschaft und Naturschutz zusammenzubringen. „Das Umsetzen wird schwierig, aber es ist leistbar“, zeigte er sich zuversichtlich. Corona und der russische Angriffskrieg hätten gezeigt, wie wichtig Ernährung ist. Steigende Betriebskosten, volatile Märkte, Anpassungen an Klimaanforderungen, Ankämpfen gegen Bürokratie: „Das tägliche Klein-Klein ist anstrengend“, so Tappeser.
Beeindruckt zeigte sich Tappeser vom Mut und dem Vertrauen der jungen Betriebsleiter, die er regelmäßig bei der Meisterbriefverleihung erlebt. „Die wissen, wie man spritzt und düngt“, so Tappeser.
Leistungen müssen honoriert werden
Dass die Pflege unserer Kulturlandschaften Geld kostet, sei im Strategiedialog deutlich geworden. Investitionen in die Natur seien wichtig. Dies belege die seit Jahrzehnten praktizierte Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete. Das seien keine Subventionen, sondern Geld für Leistungen, die die Landwirtschaft erbringt. Der Anstoß für das Biodiversitätsstärkungsgesetz kam aus der Landwirtschaft heraus. Sein Fazit: „Wir müssen einerseits die Wettbewerbsfähigkeit steigern und andererseits die Leistungen für die Gesellschaft besser honorieren.“ Die Bürger müssten ein Gefühl dafür bekommen, was sie an der Landwirtschaft haben. Auch beim Flächenverbrauch müsse man mit Augenmaß vorgehen.
Mehr Vertrauen gefragt
Dass es in Deutschland zu der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar kommt, hängt für Landrätin Stefanie Bürkle indirekt auch mit den Bauernprotesten zusammen. Ihr zufolge wurden im Land rund 400 Protest-Versammlungen durchgeführt. „Sie haben mit dazu geführt, dass sich die Bundesregierung in eine Sackgasse manövriert hat“, so Bürkle. In Sachen Entbürokratisierung habe man auf EU-Ebene vorgelegt, während national der große Wurf noch nicht gelungen sei. „Das Landratsamt hat Vorschläge zum Bürokratieabbau gemacht. Wir hoffen, dass diese bald umgesetzt werden“, so Bürkle. Für die Direktzahlungen mit dem Gemeinsamen Antrag wurden im Kreis Sigmaringen 1312 Anträge eingereicht und knapp 14 Millionen Euro bereits ausbezahlt (96,8 Prozent Auszahlungsquote). Bei der Düngeverordnung nutze man über eine Allgemeinverfügung die gesetzlichen Spielräume im Sinne der Landwirte. Wie Tappeser wünscht auch sie sich wieder mehr Vertrauen statt Misstrauen und verwies auf die finanzielle Unterstützung für landwirtschaftliche Schulen und Ausbildung im Kreis.
Stadt unterstützt Landwirtschaft
„Wir haben stets ein offenes Ohr als Stadtverwaltung für die Landwirtschaft. Die Zukunft der Landwirtschaft wollen wir gemeinsam sichern“, versprach Matthias Dannegger, stellvertretender Bürgermeister von Sigmaringen. Im Schlusswort mahnte Matthias Schwellinger, stellvertretender Vorsitzender vom Verband Landwirtschaftlicher Fachbildung Baden-Württemberg (vlf), mehr Eigenverantwortung für die Unternehmen an. Die Unternehmen ihrerseits seien aufgefordert, ihre Betriebsstrukturen noch besser an die Veränderungen anzupassen. Unter den Gästen waren unter anderem die LBV-Vizepräsidentin Roswitha Geyer-Fäßler und Daniel Hirschmann, Vorsitzender beim Bund der Landjugend Württemberg-Hohenzollern (bdl) sowie der EU-Abgeordnete Norbert Lins, Thomas Bareiß (MdB), Martin Gerster (MdB), Josef Rief (MdB) und Klaus Burger (MdL).


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