
Herausforderungen angehen
Das Ampel-Aus bremst auch die Lobbyarbeit der Kleinbrennerverbände aus. Zu tun gibt es für sie und ihre Mitglieder dennoch genug. Das wurde bei der Versammlung des Nordwürttemberger Kleinbrennerverbandes Ende Januar in Hessigheim deutlich.
von Friedrich Springob erschienen am 12.02.2025Wie schon in den vergangenen Jahren hatte der Vorsitzende Karl Müller zu drei regionalen Versammlungen eingeladen. Diesmal traf man sich in Neidlingen, Hessigheim und Kupferzell – die Tagesordnung besaß immer die gleiche Struktur. In Hessigheim begrüßte Gerhard Koch die Anwesenden und übergab das Wort an Karl Müller. Der gab einen Einblick in die Verbandsarbeit. Die Herausforderungen dabei sind vielfältig. So macht sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft nicht zuletzt in einem Rückgang der Mitglieder bemerkbar. Innerhalb von zehn Jahren hat der Landesverband rund ein Drittel seiner Mitglieder verloren, von 1800 sank die Zahl auf nun 1250 Brenner in der Region Nordwürttemberg. Der gesellschaftliche Trend zu einem geringeren Alkoholkonsum, der sich zum Beispiel in solchen Aktionen wie dem „Dry January“ bemerkbar macht, setzt den Spirituosenproduzenten ebenfalls zu. Auch die Wirtschaftlichkeit der in der Produktion auf 300 Liter reinem Alkohol beschränkten Abfindungsbrennereien steht in Frage.
Welche Antworten können der Verband und die Kleinbrenner auf solche Herausforderungen finden? Karl Müller lieferte da wichtige Stichworte. Die Kernforderung, das Brennkontingent auf 500 Liter reinem Alkohol jährlich zu erhöhen, liegt derzeit wegen des Ampel-Aus auf Eis. Sobald die neue Bundesregierung formiert ist, werden die Kleinbrennerverbände bei ihr in der Sache auch wieder vorstellig, verspricht der Landesvorsitzende. Was den sinkenden Alkoholkonsum angeht, gibt es verschiedene Antworten und Strategien: die weitere Verbesserung der Qualität. Der Verband unterstützt seine Mitglieder hierin durch Seminarangebote und die alle zwei Jahre durchgeführte Landesprämierung, die eine Standortbestimmung ermöglicht. Auch eine Anpassung des Produktsortimentes bietet sich angesichts der Verschiebungen im Spirituosenmarkt an. Denn wenn viele hochprozentige Spirituosenkategorien schwächeln und auf der anderen Seite der Anteil der Aperitife und Mixgetränke mit einem niedrigeren Alkoholgehalt steigt, dann ist es vielleicht an der Zeit, sich mit seinem Sortiment auch in dieser Richtung zu bewegen.
Was den Mitgliederschwund angeht, sucht der Verband gemeinsam mit den anderen Regionalverbänden und dem Bundesverband Antworten. Das ist es mit einer Erhöhung des Mitgliedsbeitrags allein für den Landesverband nicht getan, auch wenn der wichtig ist und dankenswerterweise auch akzeptiert wurde. Es geht darum, die Kräfte zu bündeln. Ausdruck davon ist zum Beispiel die Tatsache, dass im Herbst 2024 mit Anna Steinmann aus Franken zum ersten Mal eine gesamtdeutsche Destillatkönigin gekürt worden ist. 20 Jahre lang hatte der Nordwürttemberger Verband sie allein aus seinen Reihen gestellt. Während dies ein wichtiges Signal für ein gemeinsames Auftreten nach außen ist, ist die strategische Neuausrichtung der Geschäftsführung des Bundesverbandes eine strukturelle Änderung mit Wirkung nicht zuletzt in die Regionalverbände hinein.

Silke Eckert-Lion ist die Nachfolgerin des langjährigen Bundesgeschäftsführers Gerald Erdrich. Ihre Aufgabe ist es, die Geschäftsstelle zu einem Kompetenzzentrum für alle Landesverbände und deren Mitglieder auszubauen. Eine Notwendigkeit angesichts der Herausforderungen, aber auch eine Chance angesichts der bereits vollzogenen oder anstehenden Generationswechsel bei den Geschäftsführungen der Regionalverbände. Silke Eckert-Lion stellte sich bei den Versammlungen den Mitgliedern persönlich vor und lud sie ein, mit Ideen und Vorschlägen auf sie zuzukommen.
Anschließend erhielten Vertreter des Zolls das Wort. Der direkte Austausch der „Kontrollbehörde“ mit ihren „Kunden“ ist wertvoll und hilft beiden Seiten. Etwa, wenn die Brenner vom Zoll die wichtigsten Gründe für eine Zurückweisung ihrer Anträge auf eine Brenngenehmigung erfahren. Der häufigste Grund ist schlicht der, dass die Anträge zu spät beim Zoll eingehen, nicht fünf Tage vor dem geplanten Brenntermin, wie es mindestens erforderlich wäre. Ein noch früherer Eingang wäre angesichts der Unwägbarkeiten der Postzustellung und des saisonal hohen Arbeitsaufkommens beim Zoll wünschenswert. Da kann auch die Teilnahme am E-Mail-Vorabmitteilungsverfahren für eine Beschleunigung und sichere Zustellung sorgen. Das Verfahren wird im Merkblatt 1222, das vom Zollportal heruntergeladen werden kann, beschrieben (s. Kasten). Ein anderer wichtiger Grund für eine Zurückweisung ist das unvollständige Ausfüllen der Formulare – auch ein Fehler, der sich vermeiden lässt.
Umgekehrt zeigten sich die Zollvertreter dankbar für die Anregungen der Praktiker. Etwa für den Vorschlag, dass das Formular für die Online-Anmeldung vor dem Absenden durch den Brenner ihm noch einmal alle gemachten Einträge zur Kontrolle zeigt. Die zuständige Beamtin vom Hauptzollamt Stuttgart, Ulrike Kolbert, versprach solche Anregungen in ihre Gespräche mit der Generalzolldirektion einzubringen. So entstand in Hessigheim ein lebendiger Dialog und Austausch. Ein wichtiges Thema dabei bezog sich dabei auch auf die Brenngenehmigungen, die ab 2027 nur noch online beantragt werden können. Die Befürchtung ist, dass spätestens dann viele, besonders ältere Brenner und Stoffbesitzer, aufgeben. Da versprach Karl Müller, dass die Verbände sich für eine Härtefallregelung einsetzen werden, die bestenfalls auch zeitlich unbefristet ausgestaltet werden wird.
Es schloss sich das Referat von Berndt Eckert, dem Geschäftsführer der LGG Steuerberatungsgesellschaft, an. Er unterrichtet schon traditionell die Brenner über aktuelle Entwicklungen im Steuerrecht. Themen, die er behandelte, waren unter anderem die Umsatzsteuer-Pauschalisierung, der von 22.000 auf 25.000 Euro angehobene Grenzwert für Kleinunternehmer, die Steuerfreistellung von PV-Anlagen, die Neuregelung der Grundsteuer und die verpflichtende Einführung der eRechnung. Alles Themen, die der Beratung bedürfen, alles Themen, wo die auf die Landwirtschaft spezialiserte LGG gerne hilft.
Abschließend dankten Karl Müller und sein Stellvertreter Gerd Kinzinger den Rednern und den anwesenden Brennern für ihre Teilnahme und ihre Beiträge zu dieser gelungenen Versammlung.
Das im Text erwähnte Merkblatt für Abfindungsbrenner und Stoffbesitzer findet man auf www.zoll.de nach Eingabe der Nummer 1222 in die Suchmaske. Dort stehen auch alle anderen relevanten Formulare für Brenner.
Die neue Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Klein- und Obstbrenner Silke Eckert-Lion ist unter folgender Adresse zu erreichen:
Bundesverband der Deutschen Klein- und Obstbrenner e. V. Hardtstrasse 35 – 37 76185 Karlsruhe Telefon: 0721/9555117 Telefax: 0721/550688 E-Mail: kontakt@bdko.deWebsite: bdko.de
Die LGG Steuerberatungsgesellschaft hat neun Standorte in Baden-Württemberg. Alle Büros und Ansprechpartner sind auf der Website www.lgg-steuer.de/kanzleistandorte zu finden.
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