Gerichtsurteil: Geflügelstall im Außenbereich verstößt nicht gegen Rücksichtnahmegebot
Das Verwaltungsgericht Augsburg hat entschieden, dass ein (Bio-)-Legehennenstall im Außenbereich nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Das Rücksichtnahmegebot gemäß § 15 BauNVO regelt ein einvernehmliches Nebeneinander verschiedener Bauvorhaben in einem Baugebiet.
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Der Kläger, der selbst einen Legehennenbetrieb hat, versuchte, gegen die Baugenehmigung eines Nachbarn für den Neubau eines Geflügelstalles mit Futtersilos, einer Lagerhalle und einer Einfriedung vorzugehen. Die Genehmigung war mit Auflagen (Immissions- und Lärmschutz, Naturschutz, Wasserrecht) versehen und die Anzahl der Legehennen war auf 3.000 begrenzt.
Nachbar befürchtet Übertragung von Geflügelkrankheiten
Er argumentierte, es bestehe ein erhebliches Risiko, dass von der neuen Anlage Krankheitserreger ausgeströmt würden, die auch seinen Bestand gefährden könnten. Das sei erst recht aufgrund der geplanten Freilandhaltung der Fall. Darüber hinaus kritisierte er die hohe versiegelte Fläche des Bauvorhabens; es bestehe die Gefahr, dass abfließendes Wasser sein Grundstück schädige.
Vor Gericht scheiterte er jedoch mit seiner Klage: Zwar sei er als baurechtlicher Nachbar klagebefugt, da er geltend machen könne, in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Absatz 2 VwGO); allerdings sei er durch die Baugenehmigung tatsächlich nicht in seinen Rechten verletzt.
Das Bauvorhaben liege im Außenbereich (§ 35 BauGB); damit beschränke sich der Nachbarschutz auf die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme stelle. Es sei im vorliegenden Verfahren nicht zu klären, ob alle Anforderungen des § 35 BauGB erfüllt seien.
Welche Anforderungen an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellen seien, sei eine Frage des Einzelfalles. Immissionen, die das nach § 5 Absatz 1 Satz 1 BImSchG zulässige Maß nicht überschreiten, müssten hingenommen werden; sie seien weder ein unerträglicher Eingriff in das Eigentum noch stellten sie eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes dar.
Auch werde durch die vom Kläger befürchtete gesteigerte Gefahr, dass Krankheitserreger seinen Geflügelbestand belasten können, nicht gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen. Ein „generelles Besorgnispotential“ oder nur potenziell schädliche Umwelteinwirkungen, so das Gericht, seien hier nicht ausreichend. Der Schadenseintritt aufgrund der Übertragung von Krankheitserregern sei zu ungewiss, um dieses Besorgnispotential und damit eine konkrete Gefahrenlage begründen zu können. Das ergebe sich u.a. auch aus einer im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens eingeholten Standortanalyse.
Ebenso sei der Nachbar, dem die Baugenehmigung erteilt wurde, ausreichend sachkundig, so dass nicht zu befürchten stehe, mangels Sachkunde des Betreibers würde der benachbarte Betrieb des Klägers gefährdet. Das nach § 5 BImSchG zulässige Maß einer Gefahr für etwaige Krankheitsübertragungen sei daher nicht überschritten. Auch eine signifikante Gefahr der Überschwemmung des klägerischen Grundstücks aufgrund der durchzuführenden Versiegelungen sei – insoweit lagen Berechnungen vor – nicht gegeben.
Die vollständige Entscheidung des VG Augsburg (Az.: Au 5 K 19.1370) zum Nachlesen.