
Gemeinsam auf dem Weg
Eine Region, acht Brenner. Wie bringt man sie auf einen Nenner? Sie sind über den Kressbronner Brennerweg miteinander verbunden. Was macht seinen Reiz aus? Die schöne Landschaft, die Ausblicke auf Bodensee und Alpen? Sicherlich. Die hervorragenden Destillate? Bestimmt. Am spannendsten ist es aber, die Brenner selbst zu erleben, sich von ihnen ihre Philosophien erläutern zu lassen. Denn die sind höchst unterschiedlich, jedoch einheitlich in ihrem Streben nach Qualität.
von Friedrich Springob erschienen am 19.03.2025Wobei es natürlich auch Gemeinsamkeiten gibt. Zuerst der Ort, sieben Brenner kommen aus Kressbronn, einer aus dem Nachbardorf. Vier sind Gastronomen, andere haben Ferienwohnungen. Alle profitieren sie vom Fremdenverkehr am See. Und alle sind Abfindungsbrenner, die sich einer hohen Destillatqualität verschrieben haben. „Wir treffen uns im Winter mindestens einmal im Monat, um gemeinsame Aktionen zu planen, vor allem aber um unsere Produkte zu bewerten. Das oberste Prinzip: Schonungslos ehrlich! Alles andere hilft nichts, wenn man sich verbessern will“, stellt Reiner Willmann den Grundsatz der losen Vereinigung klar.
Anregungen aufgreifen
Lose deshalb, weil sie keine Verein ist, aber dennoch fest, weil sie das gemeinsame Interesse, die Brennereien und ihre Verankerung im Tourismus voranzubringen, verbindet. Darum der Brennerweg. Die Idee dazu hatten zunächst Dietmar Opitz und Bernd Brugger. Die beiden haben 2014/16 gemeinsam die Brennerausbildung in Offenburg absolviert und lernten dort in der Region Brennerwege kennen. „Das sollte doch auch bei uns am Bodensee funktionieren“, waren sich die beiden einig. Sie fanden vor Ort rasch Mitstreiter, stießen aber auch auf Hindernisse. „Es haben weniger Kollegen Interesse signalisiert als von uns erwartet“, resümieren die Initiatoren, „immerhin existieren hier in Kressbronn rund 100 Brenngenehmigungen.“ Ein weiteres Hindernis: die Finanzierung. Der frischgewählte Bürgermeister reagierte zunächst zurückhaltend auf die Idee, als ihm dann aber die acht Brenner die Bedeutung ihrer Zunft für die Verwertung des Obstes und den Erhalt der Kulturlandschaft verdeutlichten, schlug seine Skepsis in Begeisterung um. In der Folge wurden ein bedeutender Haushaltsposten für die Einrichtung des Brennerwegs festgelegt. Pläne wurden gemacht, die Texte geschrieben, die Schilder entworfen und produziert – dann kam Corona. Eingeweiht wurde der Weg im Juni 2021 trotzdem, aber ohne Minister, Staatsekretärin und sonstige Prominenz.
Nun kehrt langsam Normalität ein, der Tourismus am See nimmt wieder zu und damit auch der Verkehr auf dem Brennerweg. Man kann ihn sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad erschließen. Gut ausgeschildert und mit attraktiven Aussichten auf den See und das Alpenpanorama, vorbei an Obstkulturen und Weinbau. Damit hat man dann auch schon die Destillat-Rohstoffe im Blick. Ihre Veredlung wird dann von den Brennern gerne erläutert.
Wie eingangs erwähnt, sind die Betriebsphilosophien dabei sehr unterschiedlich. Grob lassen sie sich entlang der Linie „mit oder ohne Gastronomie“ unterscheiden. Denn die Gastronomen Dietmar Opitz, Uwe Osswald, Adelbert Rist und Alois Rottmar setzen „naturgemäß“ darauf, dass sie ihre Destillate vor allem über ihre Gastwirtschaft absetzen. Für die Brenner mit Ferienwohnungen spielt die Vermarktung an die Gäste ebenfalls eine Rolle, wenn auch eine etwas geringere. Andere Brenner wie Bernd Brugger und Daniel Strohmaier setzen ebenfalls auf die Direktvermarktung, dort aber verstärkt auf vorbeifahrende Feriengäste. Daher kommt ihnen der Brennerweg besonders entgegen.
Diese beiden Brenner haben ihren Schwerpunkt noch mehr im Obstbau. Bernd Brugger setzt dabei voll auf Mechanisierung und umgeht damit den immer schwieriger und kostspieliger werdenden Einsatz von ausländischen Erntehelfern. „Die Investition in meine Erntemaschine, die in einem Vorgang rüttelt und aufliest, wird sich innerhalb weniger Jahre rentieren“, zeigt er sich überzeugt. Er setzt hinsichtlich der Destillate auf zwei Qualitätsschienen: für seine Direktvermarktung auf Klasse und dann auch noch – auf einer zweiten Schiene – auf Masse, die er an eine regionale Verschlussbrennerei vermarktet. Hier profitiert er von der steuerfreien Überausbeute. Die Quereinsteiger Reiner Willmann und Benedikt Bentele schließlich sind Nebenerwerbsbrenner, die ihre Leidenschaft für Destillate entdeckt haben. Reiner Willmann stammt von einem Kressbronner Obsthof, ist studierter Agraringenieur und hat in der Lebensmittelindustrie gearbeitet. Benedikt Bentele war als Pflegedienstleiter tätig. Die Bedeutung der Brennerei für ihren Lebensunterhalt ist daher gering, ihr Ehrgeiz ist es aber nicht – im Gegenteil: „Wir setzen kompromisslos auf Qualität“, benennen sie ihr Credo.
Die herausragende Güte ist den Kressbronner Brennern vielfach bestätigt, im regionalen Rahmen bei der Prämierung des südwürttembergischen Kleinbrennerverbandes, aber auch auf internationalem Parkett bei der Destillata. Dabei waren sie mit diversen Sorten erfolgreich, Quitte, Aprikose, Williams und Schwarze Johannisbeere zum Beispiel. Besonders bemerkenswert: „In der Kategorie Sauerkirschbrand kamen die vier letzten Sortensieger von den Kressbronner Brennern. Das ist wahrscheinlich historisch einmalig“, stellt Reiner Willmann stolz fest.
Vermarktungserfolge
Mit solchen Erfolgen im Rücken wird auch die Vermarktung einfacher, im Hofladen im direkten Kundenkontakt, übers Internet, aber auch im Handel und in der Gastronomie. Reiner Willmann hat sogar schon Sternelokale, unter anderen in Berlin, als Kunden gewinnen können.
So unterschiedlich die acht Brenner also sind, ihr gemeinsames Interesse ist, die Obstbrände voranzubringen und ihnen den Rang, der ihnen gebührt, einzuräumen. Das machen sie jeder für sich und alle miteinander bei Aktionen wie „Kressbronn brennt“. Destillatliebhaber können die Qualität bei einer dieser Veranstaltungen erfahren – und im Wortsinn, wenn sie mit dem Rad auf dem Brennerweg unterwegs sind. Was sie dabei noch lernen: Die Qualität im Glas ist Quintessenz der Landschaft. Auch das zu vermitteln ist, bei allen Unterschieden, eine Gemeinsamkeit der Kressbronner Brenner.
- Benedikt Bentele: ?benedikt.bentele@gmx.de,?Hauptstr. 23/1, 88079 Kressbronn a. B.
- Bernd Brugger: ?info@destillerie-brugger.de, ?Ortsstr. 43, 88085 Langenargen/Oberdorf
- Dietmar Opitz: ?kontakt@froheaussicht.de, Kümmertsweiler 1, Kressbronn a.B.
- Uwe Osswald: ?info@gasthaus-forst.de,?Wiesenweg 6, Kressbronn a. B.
- Adelbert Rist: ? info@gasthaus-seerose.de, Nitzenweiler 12, Kressbronn a.
- Alois Rottmar: ?info@weinbau-rottmar.de, Dorfbach 14, Kressbronn
- Daniel Strohmaier: ?d.strohmaier@t-online.de,?Betznauer Str. 7, Kressbronn
- Reiner Willmann: ?reiner@obstgut-willmann.de,?Ottenberghalde 41, Kressbronn
Hier eine – nicht vollständige – Aufstellung von anderen Brennerwegen:
- Kappelrodeck: www.schwarzwald-tourismus.info/veranstaltungen/11.-kulinarische-schnapsbrunnentour-c14d6e6496
- Walberla/Franken www.walberla.de/anbieter/brennereien.html
- Wartmannsroth/Rhön: https://brennerweg.de/
- Österreich: www.austrian-whisky.at/whiskytrail
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