0-1-2-3: Die Eierkennzeichnung als Beispiel
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In zahlreichen Befragungen haben Verbraucher bekundet, dass sie die bestehenden intensiven Formen landwirtschaftlicher Nutztierhaltung weit überwiegend ablehnen und sich eine eindeutige Kennzeichnung alternativer Formen der Tierhaltung wünschen, um diese Produkte im Handel kaufen zu können.Ob es sich dabei nur um Lippenbekenntnisse oder eine echte Kaufabsicht handelt, hat Prof. Dr. Ulrich Hamm vom Fachgebiet Agrar- und Lebensmittelmarketing zusammen mit zwei wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen in einer sehr umfassenden Studie untersucht.
40 Studien zu Verbraucherwünschen bei Milchkühen und Masttieren
Dabei wurden alle wissenschaftlichen Artikel ausgewertet, die Präferenzen und Zahlungsbereitschaften von Verbrauchern in Europa und Nordamerika zu Milchkühen und Masttieren analysiert hatten. Und es wurden nur Studien zu Rate gezogen, die seit 2005 in den international am höchsten angesehenen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Die meisten der 40 identifizierten Studien wurden in den USA durchgeführt, gefolgt von Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, Belgien und sieben weiteren europäischen Ländern sowie Kanada.
Freilandhaltung bevorzugt
Tabelle 1 (siehe unten zum Herunterladen) zeigt die Ergebnisse der Bewertung der Konsumenten bezogen auf die Freilandhaltung. Abgesehen von einer Studie, die keine statistisch signifikanten Ergebnisse erzielte, war die Bewertung der Freilandhaltung von Tieren durch Konsumenten durchgängig positiv. In allen Studien, in denen Freiland- und Öko-Haltung gemeinsam getestet wurden, war die Freilandhaltung entweder das am stärksten bevorzugte oder das nach der Öko-Haltung am zweitstärksten bevorzugte Haltungsverfahren – unabhängig von der Tierart und dem Land, in dem die Studie durchgeführt wurde. Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, wurden in vielen Studien noch eine oder mehrere Alternativen der Tierhaltung getestet. Auch hier waren die Konsumentenbewertungen mit Ausnahme einer Studie positiv.
In 6 Studien wurden die Verbraucher nach ihren Einstellungen zu Tierhaltungsverfahren und in 11 weiteren Studien nach ihrer Zahlungsbereitschaft in Verbrauchergruppen (Verbrauchersegmente) unterteilt. In allen der vorgenannten Studien wurde neben dem Segment der Öko-Verbraucher noch mindestens ein Verbrauchersegment festgestellt, das stark positive Einstellungen oder hohe Zahlungsbereitschaften für besondere Haltungsverfahren hatte, am häufigsten für die Freilandhaltung.
Stufenweise Kennzeichnung gewünscht
Die Studien zeigen, dass die meisten Verbraucher für das Thema Tierhaltung sensibilisiert sind und dass sich die Verbraucher eine detaillierte Kennzeichnung der Tierhaltungsverfahren in mehreren Stufen wünschen. Die Erfolge der 0-1-2-3-Eierkennzeichnungsregelung sind seit ihrer Einführung im Jahr 2002 in Bezug auf die erzielten Marktanteile und die realisierten Zahlungsbereitschaften von Verbrauchern für besondere Formen der Legehennenhaltung eindrucksvoll. Sie belegen auch, dass die Argumentation, dass deutsche Verbraucher nur Lippenbekenntnisse abliefern, aber nicht entsprechend handeln, einer Überprüfung in der Realität nicht standhält.
Tabelle 3 zeigt die Entwicklung der Verbraucherpreise für Eier aus verschiedenen Haltungsverfahren (Öko-, Freiland- und Bodenhaltung) seit 2010. Während die Preise für Bodenhaltungseier von 2010 bis 2016 sanken, sind sie im gleichen Zeitraum für Freiland- und besonders für die Öko-Haltungen deutlich gestiegen. Zeitgleich stieg die Nachfrage nach Freiland- und Öko-Eiern kräftig weiter.
Appell an die Adresse der neuen Bundesregierung
Im Interesse von Verbrauchern und der gesamten Fleisch- und Milchbranche sollte die neue Bundesregierung eine verbindliche Kennzeichnungsregelung für Fleisch- und Milchprodukte analog zur Eierkennzeichnung einführen. Eine drei- oder vierstufige Kennzeichnungsregelung ist von Verbrauchern geschätzt und gelernt, was nahezu alle ernst zu nehmenden wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu dem Thema zeigen, und auch die am Markt realisierten Zahlungsbereitschaften der Verbraucher und die Marktanteilsveränderungen der Eiernachfrage.
Zwischen den beiden Extremen, Tierhaltung nach gesetzlichen Mindeststandards und Öko-Tierhaltung, gibt es für Produkte aus Freilandhaltung und einer Zwischenstufe zwischen dem gesetzlichen Mindeststandard und der Freilandhaltung zahlungskräftige und zahlungswillige Verbrauchersegmente, die auf ihre Erschließung warten.
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