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Milcherzeugergemeinschaft Südwest eG

Erzeuger blicken zuversichtlich nach vorn

Mit der Übernahme des Deutschlandgeschäfts von FrieslandCampina durch die Unternehmensgruppe Theo Müller (UTM) zum 1. April 2023 haben sich die Mitglieder der Milcherzeugergenossenschaften auf ihren Jahresversammlungen im Juni beschäftigt. Die MEG Südwest, die Milcherzeuger-Genossenschaft Pforzheim, die Molkereigenossenschaft Creglingen und die Milcherzeugergenossenschaft Unterland-Hohenlohe-Franken eG (MEGU) liefern ihre Milch seit Jahren nach Heilbronn.

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Aufmerksam verfolgten die rund 100 Teilnehmer und Gäste den Bericht des Vorsitzenden der MEG Südwest eG, Walter Bauer, im Möglinger Bürgerhaus.
Aufmerksam verfolgten die rund 100 Teilnehmer und Gäste den Bericht des Vorsitzenden der MEG Südwest eG, Walter Bauer, im Möglinger Bürgerhaus.Borlinghaus
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Eigentlich wollte UTM das Deutschland Geschäft von FrieslandCampina zum 1. Oktober 2022 übernehmen, jetzt hat sich die Übernahme bis zum 1. April 2023 hingezogen, weil das Kartellamt in Teilen eine Markt beherrschende Stellung abgeleitet hatte. Auflage war, dass Müller (UTM) bestimmte Teilbereiche an andere Unternehmen abgibt. Dabei wurde über die Marke Landliebe, das Flaggschiff von FrieslandCampina in Deutschland, schon seit einigen Jahren nicht mehr die Milchmenge verarbeitet, wie sie für eine optimale Kapazitätsauslastung der Werke Heilbronn und Schefflenz notwendig gewesen wäre. Deshalb vermarkten die vier Erzeuger-Genossenschaften ihre rund 200 Millionen Kilogramm (kg) Milch (einschließlich einem Teil der Milch von der Milchzentrale Nordbaden) mit Hilfe der Milchwirtschaftlichen Beteiligungsgesellschaft (MWB) über weitere Abnehmer.

MWB hat derzeit drei Vertragspartner

Vertragspartner der MWB sind derzeit neben der Landliebe GmbH, die zur UTM gehört, auch noch die Bayerische Milchindustrie eG (BMI) und die Milchwerk Bad Wörishofen GmbH. Dass die UTM nun die Marke Landliebe wieder nach vorne bringen möchte, ist für die Milcherzeuger in der Region eine sehr gute Nachricht. Auch der bestehende Liefervertrag zwischen MWB und FrieslandCampina wurde von UTM eins zu eins übernommen. Er läuft noch bis Ende 2025. „Für Aussagen über einen künftigen Milchliefervertrag ist es heute noch zu früh, weil sich Müller in Heilbronn erst einmal zurechtfinden muss“, meinte Walter Bauer, Vorsitzender der MEG Südwest auf der Jahresversammlung am 22. Juni in Möglingen. Für ihn ist klar, dass das Werk ausgelastet werden muss. Bauer forderte die Mitglieder auf, in Sachen Vertragsverhandlung Geduld zu haben und dem neuen Abnehmer einen Vertrauensvorschuss zu geben. Die Verzögerungen bei der Übernahme von rund einem halben Jahr dürften die UTM viel Geld gekostet haben, umso wichtiger sei es gewesen, dass die Landwirte stabil ihren Lieferverpflichtungen nachgekommen seien.

Umstellung hat funktioniert

Dass es für die MWB im Jahr 2022 alles andere als einfach war, berichtete Dietrich Waidelich, Vorstand der MWB und Vorsitzender der Milcherzeuger-Genossenschaft Pforzheim eG. Über die für Oktober 2022 geplante Übernahme wurden die Milcherzeuger erst im Juni 2022 informiert. So blieben nur wenige Wochen, um die Administration umzustellen. Dienstleistungen, wie die Milcherfassung, Erzeugerbetreuung und die Logistik, hat die BMI übernommen, einschließlich der bisherigen Mitarbeiter Dirk Schmalz und Michael Hofmann. Die Buchhaltung will die MWB künftig in Eigenregie durchführen. Schlussendlich habe die Umstellung bis zum 1. Januar 2023 geklappt. „Bis Oktober hätten wir das definitiv nicht geschafft“, zeigte sich Waidelich erleichtert.

Milchgeld direkt über MWB

Der Umsatz der MEG Südwest ging von 32 Mio. Euro im Jahr 2021 auf 49.000 Euro im Jahr 2022 zurück. Grund dafür ist, dass das Milchgeld seit 2022 direkt von der MWB und nicht mehr über die Genossenschaft ausbezahlt wird – ein Schritt, durch den man in der Buchhaltung Kosten sparen kann. Die Zahl der Milchlieferanten ging im Berichtszeitraum von 197 auf 181 zurück, die Milchmenge verringerte sich um rund eine Million kg auf nun rund 83 Millionen kg. Die Bilanzsumme hat sich wegen der neuen Milchgeldregelung auf 2,5 Millionen Euro (Vorjahr: 5,3 Mio. Euro) mehr als halbiert. Der Milchauszahlungspreis für das Jahr 2022 lag bei netto 52,94 Cent pro kg einschließlich Nachzahlungen bei 4,2 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß inklusive Zu- und Abschlägen. Der Jahresüberschuss beträgt 32.241 Euro, davon gehen 3300 Euro in die gesetzliche Rücklage und knapp 28.900 Euro in die anderen Ergebnisrücklagen. Die MEG rechnet auch für 2023 mit einem positiven Jahresergebnis.

Wahlen in den Gremien

Bei den turnusmäßigen Wahlen wurde im Vorstand Jürgen Ziegler wiedergewählt. Für den Aufsichtsrat wurden Markus Bauer und Andreas Daferner im Amt bestätigt. Neu in den Aufsichtsrat wählten die Mitglieder Bernhard Geiger zum Nachfolger für den langjährigen Aufsichtsrat Erwin Bässler, der feierlich verabschiedet wurde.

Blick auf die Partner und Abnehmer

Historisch blickt die Unternehmensgruppe Theo Müller Müller (UTM) auf eine Bilderbuch-Geschichte zurück – angefangen mit einer kleinen Dorfmolkerei im Jahr 1896, gegründet von Ludwig Müller. Im Jahr 1971 übernahm Theo Müller, der Enkel des Gründers, die Molkerei seines Vaters Alois Müller mit damals vier Mitarbeitern in Aretsried im Landkreis Augsburg. Heute hat der Konzern weltweit über 32.000 Mitarbeiter und 8,8 Mrd. Euro Umsatz mit 17 Produktionsstätten sowie Geschäftsbeziehungen in über 70 Länder, berichtete Stefan Weiberg, Leiter Milcheinkauf bei UTM, auf der Generalversammlung der MEG Südwest eG.

Breit aufgestellt mit vielen Marken

Als einer der ersten habe Müller Milchfrischeprodukte bundesweit verkauft. Berühmt wurde er mit der Buttermilch. 1980 kam die Spedition Culina hinzu und man hat eine eigene separate Becherproduktion aufgebaut, Optipack. 1987 fand der Eintritt in den englischen Markt statt, wo man heute Marktführer ist. Im Jahr 1994 erfolgte die Übernahme der Sachsenmilch, dann im Jahr 2000 die Übernahme der staatlichen Molkerei Weihenstephan beziehungsweise 2010 die Übernahme aller Anteile von Weihenstephan. Zuletzt gelang es im April 2023 das Deutschlandgeschäft von FrieslandCampina zu übernehmen. Dazu gehören die Markenrechte und Produkte der Marken Landliebe, Puddis, Südmilch und Mondelice sowie die Produktionsstandorte Köln, Heilbronn und Schefflenz einschließlich der Mitarbeiter. Die UTM ist bis heute komplett in Familienbesitz. Stefan Müller, der Sohn von Theo Müller, ist Chef des Konzerns

Ziel: Landliebe wieder nach vorne bringen

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir mit unseren Produkten in einem gewissen Umfang in jedem Kühlschrank in Deutschland drin sind,“ meinte Weiberg. Müller mache mittlerweile auch die Fruchtzubereitung selbst, also längst nicht nur die Joghurtbecher oder die Logistik. Stolz sei man jetzt auf Landliebe, als einem wichtigen Baustein in einer starken Marken-Familie. Schließlich sei Landliebe eine der beliebtesten Marken in Deutschland, was sich derzeit leider nicht in den Einkaufswägen bemerkbar mache. „Das wird sich jetzt ändern“, ist sich Weiberg sicher. So wolle man die Werbung, zum Beispiel eine Radiowerbung bei SWR 1, massiv ausbauen, um den Absatz anzukurbeln. „Daran werden wir arbeiten“, so Weiberg. 

Lizenzen mussten verkauft werden

Was UTM mit der Übernahme des FieslandCampina Deutschand Geschäfts laut Kartellamt Auflage nicht mehr selber weiter herstellen darf, ist die Marke Tuffi, die in Köln produziert wurde, also komplett mit allen Produkten. Und für die Marke Landliebe sind es der Milchreis, Milchmischgetränke sowie Trinkmilch in Glasflaschen, hierfür musste UTM die Lizenzen an andere Wettbewerber abgeben, erläuterte Weiberg die Übernahmemodalitäten.

Regionaler Zukauf bleibt wichtig

Den Produktionsstandort Köln will die Unternehmensgruppe Theo Müller Ende Oktober dieses Jahres schließen. Für den Standort Heilbronn sieht Weiberg eine starke Kompetenz im Dessert-Bereich. Für die Trinkmilch, die in Köln produziert wurde, prüfe man gerade, wo sie künftig am besten hergestellt wird. Laut Weiberg achtet UTM im Frischebereich darauf, dass der Rohstoff regional eingekauft wird. Angesichts steigender Transportkosten dürfte es sich immer weniger rechnen, die Milch über weite Strecken zu transportieren. Für die heimischen Milcherzeuger ist das eine gute Nachricht: Milch aus Polen oder Tschechien zu holen - diese Rechnung geht in er Regel nicht auf. Denn die Beschaffung im Umkreis der Molkerei ist deutlich effizienter.

Müller hält den Druck vom Handel besser Stand

Stefan Weiberg erläuterte auch, dass bei Müller aufgrund des starken Markengeschäfts der Druck auf die neuen Haltungsstufen umzustellen, nicht ganz so hoch ist wie in vielen anderen Molkereien, bei denen ein Großteil der Milch in die Handelsmarken geht. Vor allem mit Blick auf Bayern meinte Weiberg: „Für unsere „Alt-Standorte“ planen wir nicht, nach Haltungsformen einzukaufen.“ Gleichwohl werde man die Entwicklung beobachten und es sei klar, dass sich auch UTM dem Trend über kurz oder lang nicht entziehen kann. In Bayern kämen immerhin noch 15 bis 16 Prozent der Milchmenge aus Anbindehaltung. „Das ist gut so, kann einen aber auch ganz schnell einholen“, so Weiberg. Ganz anders in Leppersdorf: dort gibt es keine Anbindehaltung mehr. „Da ist dann auch die Logistik eine ganz andere“, so der Milcheinkäufer.

Käse und Trockenprodukte bei der BMI

Dass aus der MWB-Milch am Standort in Windsbach Schnittkäse hergestellt wird, berichtete Johannes Nussbaumer, Milcheinkäufer bei der Bayerischen Milchindustrie (BMI), Landshut. Foliengereift liege der Käse geschmacklich in Richtung Emmentaler und er schmecke auch etwas nussig, so Nussbaumer, der das Unternehmen mit seiner Geschichte und seinen verschiedenen Geschäftsfeldern vorstellte. Die 1952 gegründete Genossenschaft BMI ist mit rund 30 Milchliefergenossenschaften einer der größten Molkenverarbeiter Deutschlands; daneben ist die Produktion von Käse eine weitere tragende Säule. BMI verarbeitet jährlich über 800 Millionen Kilogramm Milch, mit rund 890 Mitarbeitern und über 800 Millionen Euro Jahresumsatz. „Ursprung der BMI sind die Trockenwerke. Man wollte die Restprodukte der Molkereien gebündelt verarbeiten, das war die Idee von BMI“, so Nussbaumer.

Standorte müssen ständig modernisiert werden

Im Werk in Zapfendorf werden noch anteilig Frischeprodukte für Lactalis produziert. Hier will man das Geld reinvestieren, das man aus dem Verkauf des Frischewerks in Würzburg an Lactalis bekommen hat. Im Werk in Jessen, Sachsen-Anhalt, wird mit 1,2 Mio. kg Milch pro Tag Käse hergestellt. Die beiden kleineren Werke in Winzer (Bayern) und in Peiting (Bayern) sammeln die Molke aus ganz Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Vielschichtig unterwegs, gibt es Frischkäse, Mozzarella, Hartkäse und Molkepulver, High-Proteinprodukte.

Exportemärkte sind wichtig - hohe Kosten erschweren den Absatz

Wie Nussbaumer deutlich machte, spielen für die BMI die Exportmärkte aber vor allem auch die Stromkosten in Deutschland eine wichtige Rolle für den Geschäftsverlauf. Hohe Stromkosten lassen die Herstellkosten explodieren. „Da ist es gut, wenn man sich mit dem Verkaufen Zeit lassen kann“, so Nussbaumer. Die Verwerfungen am Markt, dass eine Molkerei deutlich besser zahlen kann als die andere, dürften künftig weiter zunehmen, schätzt Nussbaumer. Und: „Da ist es wichtig, dass man Vertrauen hat in die Molkerei, an die man liefert. Dass man weiß, was die machen und dass die Molkerei auch selbst weiß, was sie macht.“ Nussbaumer glaubt nicht, dass die Milchpreise zu stark fallen werden, und falls doch, werden sie nicht lange unten bleiben, weil es sonst langfristig zu wenig Milch geben wird, und ohne Milch gibt es auch keine Molkereien mehr. „Das wird nicht passieren“, so Nussbaumer. Seiner Einschätzung nach wird man im August und September dieses Jahres das Preistief erreicht haben.

 

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