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Q-Wohl-Programm

Lässig im Laufstall

Wie leben die Kühe, deren Milch später in den Supermärkten steht? Eine Reihe von Landwirten hat das Pilotprojekt "Profil für die Milch", angeregt, in dem Betriebe im Land ihre Tierwohlstandards für bessere Vermarktungschancen dokumentieren. Prof. Barbara Benz von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen hat das Pilotprojekt federführend begleitet und koordiniert. 30 Milchviehbetriebe wurden hierfür in einem Testlauf geprüft.

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Frau Prof. Dr. Benz von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen hat das Projekt "Profil für die Milch" federführend begleitet.
Frau Prof. Dr. Benz von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen hat das Projekt "Profil für die Milch" federführend begleitet.Klein
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BWagrar: Frau Prof. Benz, wie fällt Ihre Bilanz für das Pilotprojekt aus?

Benz: Meine Bilanz ist sehr positiv. Der Wunsch, das Tierwohl in baden-württembergischen Betrieben zu dokumentieren, wurde seitens der Landwirte an uns herangetragen. Es ist sicherlich positiv, wenn ein entsprechender Vorschlag innerhalb der Branche und gemeinsam mit Landwirten entwickelt wird.

Mir ist es ein großes Anliegen, baden-württenbergische Strukturen bei einem Q-Wohl-Check zu berücksichtigen. Dazu zählt, dass wir eine Vielzahl an Ställen älterer Baujahre haben in denen es vielen Landwirten gelingt, die damit verbundenen stallbaulichen Einschränkungen zu kompensieren. Unser Vorschlag wird dieser Situation gerecht und beinhaltet aber gleichzeitig einen wirklich hohen Standard auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse.

BWagrar: Was ist Ihnen bei den Betriebsbesuchen am häufigsten aufgefallen?

Benz: Am häufigsten aufgefallen ist mir, dass Defizite im Bereich der Haltung sich zuverlässig auch an den Tieren erkennen lassen und umgekehrt. Ich halte es für den richtigen Weg, eine Aussage bezüglich Tierwohl auf ein stabiles Fundament zu stützen, das hat sich für mich bei den Betriebsbesuchen immer wieder bestätigt.

Mit dem vorgeschlagenen Kriterienkatalog gelingt es, einen hohen Tierwohlanspruch mit der Praxis in Einklang zu bringen. Mir ist auch aufgefallen, dass Betriebsleiter teils unsicher sind, was die Wahrnehmung ihrer Tierhaltung von außen betrifft. Ich hatte den Eindruck, dass manche sich etwas hilflos fühlen und besorgt sind, was die Akzeptanz ihrer Tierhaltung und ihre Vermarktungschancen in der Zukunft angeht. Das finde ich schade.

Denn in den Familienbetrieben wird mit so viel Engagement und Sachverstand für das Wohl der Tiere gesorgt, es besteht dabei oft eine große Offenheit, die Haltung weiter zu verbessern und die Anregungen, die wir dazu über die sogenannten "Alternativen" im Kriterienkatalog aufzugreifen.

Es wäre aus meiner Sicht daher wünschenswert, eine Möglichkeit zu schaffen, geprüftes Tierwohl in der Milchkuhhaltung zu dokumentieren, um den Betrieben hier mehr Sicherheit zu geben.

BWagrar: Teilnehmende Milchviehbetriebe könnten über das Q-Wohl-Programm das Tierwohl im Rahmen ihrer Milcherzeugung nachweisen. Auf wie vielen Höfen könnte das auf Dauer realistisch werden?

Benz: Auf diese Frage kann ich derzeit nur antworten, es hängt davon ab, wie sich die Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels bzw. der Molkereien entwickeln. Wenn die Prozeßqualität hinsichtlich Tierwohl bescheinigt werden soll, dann können das viele baden-württembergische Betriebe leisten.

Unser Vorschlag stellt eine gute Diskussionsgrundlage dar, um eine baden-württembergisches Qualitätsprogramm daraus zu entwickeln. Das Ergebnis des Pilotprojektes zeigt, dass fast ein Viertel der beteiligten Betriebe die Anforderungen direkt erfüllen könnten, und über die Hälfte der Betriebe dazu mit vertretbarem Aufwand und Investitionen  in der Lage wären.

Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass die beteiligten Betriebe nicht ganz repräsentativ für Baden-Württemberg sind, da innerhalb des Pilotprojektes zunächst nur Laufstallhaltungen im Fokus standen.

BWagrar: Inwiefern hebt sich das Q-Wohl-Label von der Masse anderer Qualitätskennzeichnungen für Lebensmittel ab?

Benz: Eine Qualitätskennzeichnung bezüglich Tierwohl wird noch nicht so lange nachgefragt und ist an der Ladentheke meines Erachtens bislang noch kaum angekommen. Ich sehe es kritisch, wenn vereinzelt pauschal mit "tiergerechter Haltung" oder mit kleinen Betriebsgrößen geworben wird.

Heute interessieren sich Verbraucher verstärkt für die Bedingungen, unter denen Lebensmittel hergestellt werden. Ich finde, wir sollten das ernst nehmen und fundiert, wissenschaftlich basiert beantworten. Dazu gehört unbedingt eine gute Kenntnis über Haltung und Management in der Praxis, denn nur so wird eine Bewertung der Lebenswirklichkeit von Tieren und Landwirten gerecht.

Es ist nun mal so, dass wir Kühe, denen es ganz offensichtlich sehr gut geht, sowohl in neueren als in älteren Ställen vorfinden können. Tierwohl ist keine Frage des Stall-Baujahres.

Unser Kriterienkatalog ist umfassend, der Standard ist hoch - aber er ist für viele Betriebe erfüllbar und beinhaltet Anreize für Optimierungen. Das ist in dieser Form einzigartig. Wer die Anforderungen erfüllt, kann sich sicher sein, dass es bezüglich des Tierwohls in seinem Betrieb keine Zweifel geben wird. Das hilft beiden, den Betrieben wie den Verbrauchern. 

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