Biosicherheit auf den Betrieben hat nun erste Priorität
Lange ging die Angst um, nun ist es Wirklichkeit geworden: Deutschland ist nicht mehr frei von der Afrikanischen Schweinepest (ASP). In Brandenburg ist bei einem Wildschwein-Kadaver wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt im Landkreis Spree-Neiße diese Woche das Virus festgestellt worden. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) geht davon aus, dass der Eintrag bereits vor einigen Wochen stattgefunden hat. Schweinehalter sind nun angehalten, die Biosicherheitsmaßnahmen auf ihren Betrieben sorgfältig einzuhalten.
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Nach dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) im Landkreis Spree-Neiße in Brandenburg gelten für die dortigen Landwirte nun strenge Auflagen. So wurde um den Fundort des Wildschweinkadavers in einem Umkreis von drei Kilometern eine eingezäunte Kernzone eingerichtet, die nicht betreten werden darf. Dadurch soll verhindert werden, dass Schwarzwild aufgescheucht und aus dem Gebiet vertrieben wird.
Der Umkreis von weiteren 15 Kilometern um den Fundort wurde vom zuständigen brandenburgischen Gesundheitsministerium darüberhinaus als gefährdetes Gebiet eingestuft. Das Areal wird demzufolge in den benachbarten Landkreis Oder-Spree und nach Polen ausgedehnt. Hier gelten zusätzlich strenge Maßnahmen und Beschränkungen:
- Jagdverbot für alle Wildarten, um Schwarzwild nicht aus dem Gebiet zu vertreiben,
- intensive Fallwildsuche durch geschultes Personal und unter Beteiligung von ortsansässigen Jägern,
- das Einrichten von Sammelstellen für Fallwild,
- unschädliche Beseitigung aller Wildschweinkadaver unter hygienischen Bedingungen,
- Ernteverbot für Maisflächen, um Wildschweinrotten nicht aus dem Gebiet zu vertreiben,
- Verbringungsverbot von Schweinen und Schweinefleischprodukten.
Übertragungsrisiko so gering wie möglich halten
Darüber hinaus sollen Schweinebetriebe in der Region auf ihre Biosicherheits-maßnahmen überprüft und Jäger ausfindig gemacht werden, die gleichzeitig Schweinehalter sind. Damit soll das Übertragungsrisiko der ASP so gering wie möglich gehalten werden. Der Schutz der umliegenden schweinehaltenden Betriebe habe oberste Priorität, erklärte Gesundheitsministerin Ursula Nonnenmacher in einer hierzu einberufenen Pressekonferenz am gestrigen Donnerstag. Der vom Fundort nächstgelegene Schweinebetrieb liegt etwa sieben Kilometer entfernt.
Das Risiko einer Einschleppung des Erregers nach Deutschland war vom FLI im Vorfeld als hoch eingestuft worden. Der Grund: Die räumliche Entfernung zum nächstgelegenen bestätigten Fall von ASP in Polen beläuft sich auf gerade mal 30 Kilometer. Die Nähe zur deutsch-polnischen Grenze von etwa sechs Kilometern habe einen Eintrag durch ein über die Grenze wanderndes Wildschwein ziemlich wahrscheinlich gemacht. Eine Einschleppung durch den Menschen über kontaminierte Lebensmittel könne laut den Wissenschaftlern ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. An die zuständigen Veterinärbehörden in Polen richtete das FLI in einer Stellungnahme vergangene Woche deshalb den dringenden Appell, die notwendigen Schutzmaßnahmen einzuleiten.
Schutzzäune sollen Ansteckungsrisiko minimieren
Die ASP breitet sich seit 2007 im asiatisch-europäischen Raum aus und hat 2014 die Ostgrenze der EU erreicht. Über größere Entfernungen wird die ASP durch menschliche Aktivitäten wie die unsachgemäße Entsorgung kontaminierter Lebensmittel verbreitet. So kam es zu Einträgen nach Tschechien und Belgien, die laut FLI beide getilgt werden konnten. Hierbei habe die Errichtung von Zäunen einen wichtigen Beitrag geleistet. Auch Brandenburg hatte im Dezember 2019 einen Schutzzaun gegen die ASP an der Grenze zu Polen errichtet.
Für Landwirte sei es nun äußerst wichtig, die betriebliche Biosicherheit sorgfältig einzuhalten. Dies biete immer noch den besten Schutz vor dem Eintrag des Erregers in Nutztierbestände. Hierzu dient die Schweinehaltungshygiene-verordnung als gesetzliche Grundlage.
Zudem sollten verendete Wildschweine bundesweit weiterhin intensiv auf das Vorhandensein der ASP untersucht werden und tot aufgefundene Wildschweine sofort der zuständigen Behörde gemeldet werden. Das erfolgt im Regelfall durch einen Anruf. Eine Markierung und Georeferenzierung der Fundstelle erleichtere das weitere Vorgehen. Wünschenswert wäre auch ein Foto der Fundstelle und des Tierkörpers. Mit der Tierfund-APP beziehungsweise dem Tierfund-Kataster (https://www.tierfund-kataster.de/tfk/tfk_erfassung.php) können die Daten laut FLI einfach übermittelt werden.
Wichtig bleibe es zudem, möglicherweise kontaminierte Schweineprodukte wie Wurst und Fleisch so zu entsorgen, dass Wild- und Hausschweine keinen Zugang haben. Fahrzeuge, Bekleidung, Schuhwerk und Ausrüstungsgegenstände, die beispielsweise bei der Jagd kontaminiert worden sein könnten, sollten unbedingt gereinigt und desinfiziert werden.
Zuständig für die Umsetzung der Seuchenschutzmaßnahmen der Schweinepestverordnung, insbesondere der Einrichtung von Sperrbezirken und Beobachtungsgebieten, sind die Bundesländer. In einigen Bundesländern haben Übungen zur ASP-Bekämpfung stattgefunden. Regelmäßig stattfindende Task Force- Sitzungen zur aktuellen Situation und Fragen der Seuchenbekämpfung finden unter der Federführung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) statt. Das BMEL hatte bereits vorab Vorbereitungen für den Ernstfall getroffen und mit Änderungen im Tiergesundheits- und im Bundesjagdgesetz dafür gesorgt, dass die zuständigen Behörden im Ausbruchsfall folgende Anordnungen treffen können:
- Einschränkung des Personen- und Fahrzeugverkehrs innerhalb bestimmter Gebiete.
- Absperrung eines bestimmenden Gebietes.
- Beschränkungen oder Verbote der Jagd.
- Beschränkungen oder Verbote der Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen, um eine Auswanderung von Wildschweinen zu vermeiden.
- Anlegen von Jagdschneisen und die vermehrte Fallwildsuche, um die Infektionsmöglichkeiten gesunder Wildschweine zu minimieren.
- Möglichkeit, dass gegebenenfalls Dritte (zum Beispiel Forstbeamte oder Berufsjäger) beauftragen werden können, eine verstärkte Bejagung durchzuführen.
Welche Folgen der Ausbruch für den Export dauerhaft hat, ist laut Bundesagrarministerin Julia Klöckner derzeit nur schwer einzuschätzen. Innerhalb der EU könne der Handel mit Schweinen und Schweinefleisch weitgehend aufrechterhalten werden. Von Einschränkungen betroffen seien nur Betriebe im betroffenen Gebiet. Nach Angaben des Ministeriums müsse man aber davon ausgehen, dass Schweinefleischexporte aus Deutschland besonders nach Asien weitgehend wegfallen. Südkorea habe die Einfuhr von Schweinefleisch aus Deutschland bereits gestoppt. Weitere Exportstopps jenseits der EU könnten folgen - mit allen Folgen, die das für die inländischen Märkte hat. Durch ein mögliches Überangebot könnte es für Schlachtbetriebe zu Preisturbulenzen kommen.
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