Rekord bei Umsatz und Milchpreisen
Höhere Produktpreise haben der Hohenloher Molkereigenossenschaft im Jahr 2022 einen unerwarteten Rekordumsatz von 328,8 Mio. Euro (+ 42,8 Prozent) und einen Jahresüberschuss von 11,1 Mio. Euro beschert. Der Umsatzsprung liegt weit über dem Branchendurchschnitt von plus 25 Prozent.
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Auf das außergewöhnliche und herausfordernde Jahr 2022 ging Vorstandsvorsitzender Manfred Olbrich in seine Rede vor der Generalversammlung 21. Juni in Wolpertshausen ein. Die Corona-Pandemie und der Ukrainekrieg haben Unsicherheiten in allen Warenbereichen ausgelöst. Teilweise total gestörte Lieferketten und die Energiekrise führten zu enormen Kostensteigerungen in allen Bereichen.
Historisch gutes Geschäftsjahr
Die Milcherzeuger konnten sehr gute Ergebnisse erzielen und die Molkereigenossenschaft ein sehr gutes Geschäftsjahr meistern. Offen sei, ob es sich um eine längerfristige Verhaltensänderung der Verbraucher handelt. Bereits im letzten Jahresquartal habe sich der Milchmarkt deutlich gedreht und die Vorzeichen für 2023 sind sehr verhalten, stellte Olbrich fest. „Zurückgehende Milchpreise und nur verhalten sinkende Kosten schaffen eine völlig andere Situation als im Vorjahr.“
Strukturwandel dürfte wieder an Fahrt aufnehmen
Nachdem sich der Strukturwandel in der Hochpreisphase verlangsamt hat, wird davon ausgegangen, dass der Strukturwandel wieder an Fahrt gewinnt. Niedrige Preise und die Vorgaben zum Tierwohl werden im Verbund mit fast keinen Stallneubauten zu deutlichen Milchrückgängen führen. Allerdings werde durch Preisrückgänge auch ein Verbrauchsanstieg erwartet, was die Marktverhältnisse wieder schnell drehen könnte, vermutet Olbrich.
Haltungsformen rücken wieder in den Fokus
Wegen der knappen Verfügbarkeit von Milch sind die Themen Nachhaltigkeit und Haltungsformen in den Hintergrund gerückt. Jedoch sind beide Themen seit diesem Jahr beim Lebensmitteleinzelhandel (LEH) wieder deutlich präsent. Olbrich appellierte an die Mitglieder, in die Haltungsformkennzeichnung einzusteigen: „Von Ihrer Teilnahme hängt die Zukunftsfähigkeit unserer Molkerei ab.“ Mit dem Mehrerlös je Liter Milch würden durchaus Chancen bestehen, aus diesen Anforderungen langfristig zu profitieren.
Weiter profitabel bleiben
Der geschäftsführende Vorstand Martin Boschet will trotz kurzfristiger großer Herausforderungen und kaum prognostizierbarer Zukunft nicht das Große und Ganze aus dem Blick verlieren. Vorrang habe in der Molkerei unverändert die Erwirtschaftung eines wettbewerbsfähigen Milchpreises, dabei profitabel zu bleiben, die Bilanz zu stärken und in einem schrumpfenden Markt bestehen zu können. Boschet sieht eine Aufgabe auch darin, öffentlich Position zu beziehen.
Kritik an einseitigen Belastungen
In diesem Zusammenhang sollte man sich nicht wundern, wenn der geplante Umbau der Tierhaltung zu noch mehr Tierwohl erst gar nicht angegangen wird und die Stalltüren an vielen Stellen geschlossen werden. Hier haben Landwirte kein Vertrauen mehr in die Regierung, weil sie in der Vergangenheit zu oft enttäuscht wurden. Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz oder die geplante Verschärfung des Tierschutzgesetzes bedeute das Ende der Kombi-Haltung von Milchkühen. Das führt in Süddeutschland zu einem Strukturbruch in der Haltung von Milchkühen. Die vorgesehene Übergangsfrist von fünf Jahren sei zu kurz gegriffen, kritisierte Boschet.
Bauern und Molkereien müssen Kosten tragen
Die geplante Finanzierung von Tierwohlprogrammen ordnete er in die Kategorie Schildbürgerstreich ein. Die von den Molkereien zu zahlende Abgabe bei Milch, bei der man von 2 Cent/kg spricht, würden letztlich die Milchbauern selbst finanzieren müssen. Denn Boschet teilt die Befürchtung der Marktexperten, nach der die Abgabe nicht einfach an die Verbraucher weitergegeben werden kann. Belastet würden alleine die deutschen Bauern, weil die „Tierwohlsteuer“ nicht an der Ladenkasse erhoben werden soll. Ähnlich einseitig zulasten der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und des erarbeitenden erwirtschafteten Wohlstands verlaufe die Transformation zur Klimaneutralität. „Dies bezahlen wir mit den höchsten Stromkosten in Europa“, beklagt Boschet, der 2022 in der Hohenloher Molkerei eine Steigerung der Stromkosten um 2,5 Mio. Euro oder 73 Prozent zu verkraften hatte.
Vorteilhaftes Geschäftsmodell
Als äußerst vorteilhaft hat sich nach Boschets Bericht das Geschäftsmodell der Molkerei herausgestellt, mit seinem hohen Anteil an Handelsmarken im Lebensmitteleinzelhandel und Discount. Durch die Sondersituation an den Märkten konnte die Molkerei einen der höchsten Milchauszahlungspreise in Deutschland im Durchschnitt des Jahres 2022 voll erwirtschaften. Er liegt im Durchschnitt aller Milchqualitäten bei 4,2 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß bei 59,14 Cent/kg inkl. 9,5 Prozent MwSt. Das entspricht 54,01 Cent/kg netto (plus 16,01 Cent/kg). Insgesamt wurden 219,6 Mio. Euro netto Milchgeld (+ 66,5 Mio. Euro) ausbezahlt. Als größter Butterhersteller in Baden-Württemberg habe man zusätzlich von den historisch höchsten Butterpreisen profitiert, die im Schnitt ein Plus von 62,1 Prozent erreichten. Den Erfolg führt Boschet aber auch auf ein stringentes Kostenmanagement und kluge Vertragsabschlüsse zurück.
Kosten und Investitionen
Insgesamt wurden von den 175 Molkereimitarbeitern in Schwäbisch Hall 414,4 Mio. kg Milch verarbeitet (+ 5,6 Mio. kg oder 1,4 Prozent). 843 Erzeuger lieferten 405,7 Mio. kg (+ 5,55 Mio. kg) während der Zukauf von Milch konstant blieb. Die um 20,1 Prozent (13,6 Mio. Euro) erhöhten Aufwendungen zeigen, dass auch die Kosten teilweise durch die Decke gegangen sind. Boschet bezifferte sie auf knapp 3 Cent/kg Milch. Die Investitionen von 8,5 Mio. Euro wurden mit Eigenmitteln finanziert. Die Abschreibungen lagen bei 4 Mio. Euro. Für 2023 sind Investitionen von 11,3 Mio. Euro vorgesehen. Bis Mitte des Jahres werden im Werk die EU-Vorgaben zu den angebundenen Deckeln auf den Packungen (Tethered-Cap) umgesetzt. 15 bis 17 Mio. werden hierfür in neue Abfüllmaschinen investiert. Als weitere Projekte nennt Boschet in den nächsten 2,5 Jahren einen größeren Dampfkessel samt Blockheizkraftwerk, den Bau eines Maschinenraums und die Modernisierung des Laborbereichs.
Bilanzsumme hat sich kräftig erhöht
Die Bilanzsumme hat sich um 35 Prozent auf 105, 6 Mio. Euro erhöht. Mit dem Bilanzgewinn von 2,233 Mio. Euro und den Ergebnisrücklagen beträgt das Eigenkapital bei 63 Mio. Euro. Die Eigenkapitalquote liegt aufgrund der erhöhten Bilanzsumme knapp unter 60 Prozent. Die Rückstellungen betragen 8,9 Mio. Euro. Zur weiteren Stärkung des Eigenkapitals stimmte die Versammlung mehrheitlich zu, den Jahresüberschuss von 11,1 Mio. Euro in vollen Umfang einschließlich des Gewinnvortrags den Rücklagen zuzuführen.
Fusion mit Milcherzeugergemeinschaft Schwäbisch-Gmünd West e. G.
In einem weiteren Tagesordnungspunkt beschlossen die 161 stimmberechtigten Mitglieder der Generalversammlung einstimmig die Fusion mit der letzten seit 1982 selbstständig gebliebenen Zuliefergenossenschaft, der Milcherzeugergemeinschaft Schwäbisch-Gmünd West e. G.. Deren Mitgliederversammlung (40 Mitglieder, 34 aktive) hatten eine Woche zuvor zu 100 Prozent der Verschmelzung zum 1. Januar 2024 zugestimmt.
Wahlen in die Gremien
In den Vorstand der Hohenloher Molkerei wurde Jürgen Stolz aus Weikersheim-Laudenbach einstimmig wiedergewählt. Ebenfalls wurden bei den turnusgemäßen Wahlen in den Aufsichtsrat acht Mitglieder des Aufsichtsrats einstimmig wiedergewählt, darunter der stellvertretende Vorsitzende Andreas Frey aus Mittelfischach. Neu in das Gremium wurde Patrick Wöller aus Heuchlingen-Holzleuten im Ostalbkreis gewählt.
Auszeichnungen
Stolz sind Olbrich und Boschet auf das Ergebnis der DLG-Prüfungen 2022 . Mit 49 Gold- und zehn Silbermedaillen sei es der Molkerei gelungen, ihr sehr gutes Vorjahresergebnis ihrer Produkte zu toppen. Außerdem ist die Hohenloher Molkerei zum wiederholten Mal mit dem DLG-Bundesehrenpreis ausgezeichnet worden, der höchsten deutschen Qualitätsauszeichnung.
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