Schweinezüchter fusionieren mit Zuchtverband im Osten
Die Fusion des Schweinezuchtverbandes Baden-Württemberg (SZV) mit dem Hybridschweinezuchtverband Nord/Ost (HSZV) ist beschlossene Sache. Auf der Mitgliederversammlung von German Genetic/SZV am Dienstag vorvergangener Woche in Denkendorf (Landkreis Esslingen) stimmten die SZV-Mitglieder dem Zusammenschluss einstimmig zu. Zuvor hatten die im HSZV organisierten Schweinezüchter auf ihrer Mitgliederversammlung in Dummerstorf (Mecklenburg-Vorpommern) die Eingliederung ebenfalls einstimmig beschlossen.
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Ziel der Fusion sei es, die erfolgreichen Herdbuch-Zuchtprogramme auf noch breiterer Grundlage weiterzuentwickeln und zu vereinheitlichen, den Marktauftritt überregional aufzubauen und den Kunden leistungsfähige Zuchttiere anzubieten. „Wir sehen uns als Sachwalter, die Herdbuchzucht in Deutschland weiter zu stärken und in die Zukunft zu führen“, machte Hans-Benno Wichert, SZV-Präsident, deutlich, und die Freude über den nunmehr rückwirkend zum 1. Januar 2024 geltenden Zusammenschluss der beiden Schweinezuchtverbände war ihm und seinem Vorstandsteam anzusehen.
Strategien für die Zukunft
Als eine Chance, die Herdbuchzucht in Zukunft weiterhin erfolgreich betreiben zu können – trotz des Strukturwandels und dem damit einhergehenden Bestandsabbau bei den Zuchtsauen – bewertete Torsten Roder, HSZV-Vorstandsvorsitzender, die nach nun zweijährigen Verhandlungen beschlossene Zusammenarbeit mit dem SZV. „Wir stehen mit unserer kompletten Mannschaft hinter der Fusion“, sagte Roder unter dem Beifall der Versammlungsteilnehmer in Denkendorf. Bereits im Juli des vergangenen Jahres war die Eberstation in Malchin in die Besamungsunion Schwein (BuS) des SZV integriert worden.
Zusammenarbeiten, Interessen bündeln und sich den größer werdenden Anforderungen an die Schweinezucht stellen – eine Strategie, mit der sich die organisierten Züchter und Ferkelerzeuger dem Druck aus Politik und Gesellschaft stellen und, so formulierte es SZV-Präsident Hans-Benno Wichert, „dabei die nötige Ruhe bewahren wollen“.
Angesichts der weiter zurückgehenden Nutztierzahlen, der schrumpfenden Fleischproduktion und der anhaltenden Kritik am Fleischverzehr, sprach sich Wichert dafür aus, künftig in der gesamten Wertschöpfungskette abgestimmt zu handeln, gemeinsam Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und fachlich zusammenzuarbeiten. „Auch in Zukunft wird es noch Tierhaltung, Schlachtung und Verarbeitung in Deutschland geben, aber in einem veränderten Umfang und einer veränderten Gestaltung. Den Grad dieser Veränderung wird die Branche jedoch mitbestimmen“, verdeutlichte Wichert.
Keinen Zweifel hegt der SZV-Präsident deshalb an der Zukunftsfähigkeit der Betriebe hierzulande und im Bundesgebiet. „Für Schweinehalter, die weitermachen wollen, gibt es Perspektiven.“ Entscheidend werde jedoch sein, dass sich diese Betriebe verstärkt vertraglich absichern und staatliche Gelder für den Um- und Neubau ihrer Ställe beanspruchen. „Allerdings“, das räumte Wichert ein, „sollte man sich auf diese öffentliche Förderung nicht verlassen. Das zeigen die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren. Eigentlich sollten die Schweinehalter ihr Geld am Markt verdienen können“.
Gefragte Sauen und Eber
Einschneidende Erfahrungen machten derweil die Züchter und Ferkelerzeuger in den zurückliegenden beiden Jahren: Niedrige Preise und ein teils massiver Rückgang an Sauen und Ferkeln – eine Folge der immer größeren Zahl an Betriebsaufgaben. Vor allem das Jahr 2022 markierte einen Tiefpunkt, der auch beim SZV eine wirtschaftliche Delle hinterließ. Doch nun, das zeigte SZV-Geschäftsführer Dr. Raffael Wesoly in seinem Bericht auf, seien die Preise gestiegen und blieben wohl auch für längere Zeit auf einem rentablen Niveau. Dass sich die deutschen Herdbuchzuchtsauen und -eber hierbei als ein stabiles Verkaufsargument erwiesen, dokumentierte der Geschäftsführer anhand aktueller Zahlen: So stieg insbesondere der Verkauf von Ebern in den ausländischen Tochtergesellschaften. Bei der spanischen Tochtergesellschaft „Genomix“ ging der Eberabsatz im vergangenen Jahr um 65 Prozent nach oben. Bei der neuen dänischen Tochtergesellschaft „Pietrain Denmark“ stieg der Absatz von Ebern um 31 Prozent. Ähnliche Entwicklungen zeigten sich auch bei den Hybridsauen und -läufern. Im Vergleich zu 2022 stiegen die Verkäufe bei diesen Tieren im vergangenen Jahr um 4,5 Prozent an, bei den Reinzuchtsauen und -läufern gingen die Zahlen von 2022 bis 2023 um 43 Prozent nach oben. Darauf hatte Christine Noack, SZV-Vertriebskoordinatorin, in ihren Ausführungen hingewiesen.
Gemeinsame Vermarktung
Doch trotz dieser positiven Entwicklung beim Absatz der Sauen und Eber aus der SZV-Herdbuchzucht: Der seit Januar 2022 als Geschäftsführer verantwortliche Dr. Raffael Wesoly setzt darauf, „die Kräfte in einem schwindenden Markt weiter zu konsolidieren“. Konkret: Nach neuen Partnern Ausschau zu halten, mit denen die Herdbuchtiere gemeinsam vermarktet werden können und so den Betrieben eine Zukunft bieten – trotz des Rückbaus in der Tierhaltung, den sich verändernden Ernährungsgewohnheiten und den Debatten um mehr Tierwohl.
Dass diese Strategie Erfolg verspricht, dokumentierte Wesoly anhand mehrerer Kooperationen, allen voran die aktuelle Fusion mit dem HSZV. Ein Jahr zuvor, im März 2023, erwarb der SZV Gesellschaftsanteile an CAM-Genetic, einem Schweinezüchterzusammenschluss im afrikanischen Kamerun. Dort wird inzwischen eine Besamungsstation gebaut, in der künftig SZV-Herdbucheber für den Nachwuchs auf den dortigen Betrieben sorgen sollen. Im gleichen Jahr, im Juli 2023, kaufte der SZV Gesellschaftsanteile an der Eberstation in Malchin in Mecklenburg-Vorpommern und integrierte die Station in die Besamungsunion Schwein (BuS) des SZV, zu der die vier Besamungsstationen Abstetterhof, Herbertingen, Malchin und Stotternheim gehören.
Schließlich, im Herbst 2023, erwarb der SZV Gesellschaftsanteile an dem dänischen Nukleuszuchtbetrieb Eskebjerg. Dort werden seit 2017 German Piétrain-Eber für Kunden aus Asien, Nord- und Südamerika gezüchtet. Aber auch Ausstiege gibt es: Im Dezember 2023 trennte sich der SZV von seinen Gesellschaftsanteilen an der Viehzentrale (VZ). An der Strategie „Aus Wettbewerbern werden Partner“ werde sich für den SZV unter der Marke German Genetic indes nichts ändern, unterstrich Wesoly, der in der Ausdehnung des Geschäftsfeldes einen der Bausteine für den Erhalt dieser nun größten bäuerlichen Herdbuchzucht in Deutschland ausmacht.
Neue Partner
Der 1990 gegründete Hybridschweinezuchtverband Nord/Ost e. V. (HSZV) vertritt die Interessen von Schweinezüchtern in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin-Brandenburg und weiteren Bundesländern. Derzeit zählt der ostdeutsche Verband 88 Mitgliedsbetriebe, die rund 3200 Zuchtsauen der Rassen Deutsches Edelschwein, Deutsche Landrasse, Deutsches Sattelschwein (inklusive Rotbunte Husumer) und Leicoma halten und züchterisch bearbeiten. Von dem Zusammenschluss mit dem SZV erhoffen sich die Schweinezüchter im Osten der Republik eine auf die Zukunft ausgerichtete, schlagkräftige Organisation, die die Herdbuchzucht in dieser Region für die nächsten Jahrzehnte wettbewerbsfähig aufstellt. Bereits 2010 hatten sich die Schweinezüchter im Landesverband Rheinischer Schweinezüchter (LRS) dem SZV angeschlossen, 2014 folgten die Mitglieder der Schweineherdbuchzucht Schleswig-Holstein (SHZ). Durch den Zusammenschluss mit dem HSZV wird der SZV nun zum größten Herdbuchzuchtverband in Deutschland. Die Züchterorganisation zählt künftig 172 Zuchtbetriebe (Abteilung I), 473 Ferkel- und Mastbetriebe (Abteilung II) und 2258 außerordentliche Mitgliedsbetriebe in der Besamung. 2009/2010 formierte sich im SZV die Unternehmensmarke German Genetic mit den zugehörigen Produktmarken German Piétrain (GPi), German Hybrid (GHy) und German Duroc (GDu).
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