Milchpreis fällt, Anforderungen steigen
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Insgesamt gibt es 533 MBW-Lieferanten mit 181 Mio. kg Milch. Rund 150 Erzeuger produzieren Milch ohne Gentechnik (72 Mio. kg). Für diese Milch gibt es einen Zuschlag von einem Cent. Von ihrem Vertragspartner MWB erhielten die Milchlieferanten der Genossenschaften für 2015 einen Auszahlungspreis von 30,14 Cent pro kg (4,0 Fett/3,4 Eiweiß) – ohne Qualitätszuschläge und Mehrwertsteuer und ohne Nachzahlung. Die Teilnahme am verschärften Programm QM-Milch 2.0 startet für alle MBW-Lieferanten zum 1. Januar 2017. Dabei muss ein umfangreicher Kriterienkatalog unter anderem zu Tierschutz sowie Eigenkontrolle eingehalten werden.
MEG Pforzheim steht gut da
Die MEG bekommt ihre Milch von 120 Lieferanten (Vorjahr: 128), die im Schnitt 335.000 kg pro Betrieb und Jahr produzieren, berichtete der Vorstandvorsitzende Dietrich Waidelich. Die Mitgliederzahl betrug 134 und blieb unverändert gegenüber 2014. Die wirtschaftliche Lage der eG ist überraschend gut. Das lag an Zinserträgen, Steuerrückzahlungen aus den Jahren 2011 bis 2014 und Kostenerstattungen. Das Ergebnis 2016 dürfte vergleichsweise schlechter ausfallen, schätzt Waidelich.
Zahlen aus dem Geschäftsbericht
Der Umsatz fiel von 16,24 Mio. Euro im Jahr 2014 auf 13,38 Mio. Euro im Jahr 2015. 2015 wurden 40,28 Mio. kg angeliefert. Das waren 2,9 Prozent mehr als im Vorjahr (39,14 Mio. kg). Das Ergebnis mit 38.000 Euro (Vorjahr: 18.000 Euro) geht in voller Höhe in die Rücklagen.Die operative Geschäftstätigkeit der eG läuft bereits über die FrieslandCampina Heilbronn.
Wahlen in die Gremien
Bei den Wahlen wurde Dietrich Waidelich, Simmersfeld-Ettmannweiler, als Vorsitzender des Vorstand in seinem Amt bestätigt, ebenso wiedergewählt wurde Thomas Gille, Wiernsheim-Serres, der Aussichtsratsvorsitzende.
Mehr Milch und weniger Handel
"Wir haben heute einen Käufermarkt", berichtete Berthold Hungenbach, Bereich Landwirtschaft, Mitglieder und Logistik bei FrieslandCampina in Köln in seinem Vortrag zum Milchmarkt. Den deutschen Markt beschieb er als vergleichsweise stabil. Dort habe FrieslandCampina leicht mehr Produkte verkauft als in den Vorjahren. Sorgen bereitet ihm der Preisrückgang bei den Produkten. Im 2014 lag das weltweite Wachstum bei 10,1 Prozent, allein 6,4 Prozent kamen aus der EU. 2015 sind es weltweit nur 3,4 Prozent und 2,5 Prozent aus der EU. Das zeigt: Ein Großteil des erzeugten Drucks kommt aus der EU, so Hungenbach.
Absatz stockt
Allein in die ölexportierenden Länder gehen 718.000 Tonnen Vollmilchpulver (umgerechnet 6,3 Mrd. kg Milch) und ähnliche Mengen Magermilchpulver. „Das sind gewaltige Milchmengen“, so Hungenbach. Nach China gingen 2014 rund 646.000 t Vollmilchpulver. 2015 waren es nur noch 326.000 Tonnen. Das sind 2,7 Mrd. kg Milch weniger. Durch das Russland-Embargo konnte eine weitere Milliarde kg Milch, verarbeitet in Käse, nicht abfließen. Das hat die Märkte kräftig aufgemischt und den Absatz extrem unter Druck gesetzt.
Gewaltiger Druck bei der Anlieferung in Holland
Die Campina-Lieferanten in Deutschland haben ab Ende 2015 bis heute Woche für Woche 5 Prozent mehr als in den entsprechenden Vorjahreswochen angeliefert. In NRW waren 8 bis 9 Prozent, teilweise auch 10 Prozent mehr. Im Süden Deutschlands war das Wachstum eher etwas verhaltender, so Hungenbach. Frankreich war 2015 ähnlich wie Deutschland zunächst nur gemäßigt und dann gehen Jahresende deutlich mehr. In Irland und in den Niederlanden gab es ein besonders starkes Wachstum: angefangen mit zunächst 2,8 Prozent im 1. Quartal, dann im 2. Quartal bereits 5 Prozent über Vorjahr und im 3. Quartal dann bei 10 Prozent und zum Jahresende waren es 20 Prozent über Vorjahr. Dadurch gab es einen gewaltigen Druck auf die Milchverarbeitung bei Campina. Angefangen mit zunächst 2,8 Prozent im ersten Quartal, kletterte die Anlieferungsmenge dort im zweiten Quartal bereits auf fünf Prozent über Vorjahr, dann im dritten Quartal auf zehn Prozent und lag zum Jahresende um 20 Prozent über dem Vorjahr. Nach Ende der Quotenregelung verhielten sich die Erzeuger, wie wenn jemand einen Schalter umlegt: Zuvor gab es für jedes Kilo überlieferte Milch eine 1:1-Abgabe von 28 Cent. Sobald der Markt frei war, wurde der normale saisonale Anlieferungsverlauf außer Kraft gesetzt. Pro Woche bekamen die Campina-Werke in den Niederlanden am Jahresende 203 Mio. kg Milch angeliefert. Dies waren bis zu 30 Mio. kg pro Woche (1200 Lkw-Ladungen) mehr als in normalen Jahren. Das Unternehmen musste gegensteuern: Es hat ihren Milcherzeugern einen Bonus bezahlt, wenn sie die Milchanlieferung senken. In Belgien zum Beispiel hat man bei über 50 Prozent der Milchlieferanten eine Kündigung ausgesprochen und sie einvernehmlich an andere Molkerei-Unternehmen vermittelt. Viel Milch wurde auf den Spotmärkten verkauft. Man hat sich von Einkaufsverpflichtungen verabschiedet und Lohnverarbeitung vergeben. Luft gab es erst ab 1. Februar 2016 als ein zusätzliches Werk in Betrieb ging, in dem 750 Mio. kg Milch pro Jahr verarbeitet werden können. „Damit werden wir mit der zusätzlich kommenden Milch fertig. Aber an eine vernünftige Wertschöpfung ist derzeit nicht zu denken“, so Hungenbach.
Neue Landliebe-Produkte
In Deutschland will FrieslandCampina die Marke Landliebe weiter ausbauen. Ab März 2016 gibt es Schoko- und Vanille-Drinks aus Joghurt. Ab Oktober 2016 sollen drei Sorten Landliebe-Käse auf den Markt kommen. Dafür benötigt man in Heilbronn gentechnikfreie Landliebe Milch von den MBW-Lieferanten. Die bestehende Warteliste der Lieferanten soll aufgelöst werden.
Ausblick und Diskussion: Weltweit gibt es derzeit 2 bis 3 Prozent zu viel Milch, schätzt Hungenbach. Rund 54 Mrd. kg Milch werden über den Export gehandelt, davon kommen 18,5 Mrd. kg aus der EU. Bei einer Gesamtmenge an Milch von weltweit über 750 Mrd. kg Milch ist der gehandelte Anteil relativ gering und 2 bis 3 Prozent Milchmenge wären etwa 18 Mrd. kg. "Diese Mengen wegbringen, wird ganz schwierig", so Hungenbach. Denn das ist etwa die Hälfte der in Deutschland produzierten Milch. Das zeigt, dass Deutschland dies nicht alleine leisten kann. In Deutschland müsste man den Kuhbestand um 50 Prozent runterfahren, europaweit wären es 15 Prozent weniger Kühe.
Der Vorsitzende Waidelich rechnet mit Blick auf den Milchmarkt mit einem schwierigen Jahr. Er forderte die Kollegen auf, das Milchangebot moderat zu fahren. Seine Botschaft lautete: „Wir sollten nicht mehr produzieren als die Nachfragseite uns für einen uns auskömmlichen Milchpreis abnehmen kann.“ Seiner Auffassung nach brauche man die Politik nach wie vor. Dort könne man allerdings nur etwas erreichen, wenn man gemeinsam auftritt.
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