Schwieriges Jahr prima gemeistert
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Nach einem schwierigen ersten Halbjahr 2016 konnten die Ulmer Milchwerke in der zweiten Jahreshälfte wieder deutlich zulegen. Butter- und Käsepreise stiegen in der zweiten Jahreshälfte, so dass man in Ulm in drei Cent-Schritten den Auszahlungspreis für die Milch Monat für Monat anheben konnte auf 35 Cent zum Jahresende 2016. Jetzt will man alles daran setzen, die Leistungsfähigkeit weiter auszubauen, berichtete der Vorstandsvorsitzende Anton Köberle. Er rief die Milchwirtschaft zu mehr Selbstbewusstsein und Standhaftigkeit auf: "Es kann nicht sein, dass der LEH oder Tierschutzorganisationen den Landwirten ständig neue Vorgaben präsentieren. „Jeder glaubt, er kann aus Wettbewerbsgründen den anderen links oder rechts überholen. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.“
Milchpreis über dem Durchschnitt
Im Dezember konnte man sich zur anstehenden Novemberauszahlung zu einer vorgezogenen Nachzahlung von einem Cent entschließen, für die schwierigen Monate Juni, Juli, August und September. „So kam das Geld auf die Betriebe, wo es dringend gebraucht wurde“, so Köberle. Er bedankte sich bei den Gremien für diese vorausschauende Entscheidung und betonte, dass der in Ulm bezahlte Auszahlungspreis voll erwirtschaftet wurde. Für das gesamte Jahr 2016 können die 980 Mitglieder mit einer weiteren Nachzahlung von einem Cent je kg rechnen, so Köberle. Unterm Strich zahlen die Milchwerke 2016 ein Milchgeld von netto 30,56 Cent pro kg bei 4,2 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß. Damit liegt man über dem Bundesschnitt und über dem Schnitt von Bayern und Baden-Württemberg. Die Biomilchlieferanten erhielten netto 49,47 Cent pro kg bei 4,2 Prozent Fett. Mit 1,8 Cent pro kg Milch liegen die Erfassungskosten in Ulm deutlich unter dem Durchschnitt von Süddeutschland. Die Zahl der Erzeuger lag Ende 2016 bei 980 Landwirten.
Potenziale bei GVO-frei und Bio
Wachstumspotenziale haben GVO-freie Milch sowie Biomilch. Köberle betonte aber auch: „Auf unserem portugiesischen oder spanischen Käsemarkt weiß kein Mensch, was GVO-frei bedeutet“. In Ulm wird ab 1. April 2017 rund nur ein Drittel der Milch (140 Mio. kg) GVO-frei verarbeitet für den Frischebereich und zum Teil auch für den Käse. Insgesamt wurden 2016 rund 426 Mio. kg Milch verarbeitet, 8,0 Mio. kg mehr als im Vorjahr. Den Biomarkt will man weiter ausbauen, ein neuer Joghurt soll im Sommer auf den Markt kommen. Bei Bio stieg die Anlieferungsmenge 2016 bereits deutlich. Tendenz weiter steigend.
Kapazitäten ausgebaut
Im Käseexport insgesamt sieht man in Ulm weiter guter Chancen und auch in Deutschland hat die Nachfrage nach Käse zugelegt. Dabei hat man in Ulm das Preistief bei Schnittkäse im Frühjahr 2016 noch in mahnender Erinnerung: „In den 23 Jahren, in denen ich in dem Unternehmen war, habe ich noch nie so einen tiefen Schnittkäsepreis erlebt“, erinnert sich Geschäftsführer Jakob Ramm. Sechs Monate später hat sich der Preis um 1,38 Euro pro kg erhöht, was im Milchgeld rechnerisch 14 Cent ausmachte. Innerhalb von drei Jahren konnte man in Ulm die Käseproduktion von 20.000 Tonnen auf 30.000 Tonnen zu erhöhen, berichtete Geschäftsführer Jakob Ramm. Zu Jahresbeginn 2016, so Ramm, waren alle Kapazitäten voll ausgelastet, es gab wenig Spielraum in den Verwertungen. Bestände wurden aufgebaut und der Preisdruck nahm zu. In der zweiten Jahreshälfte jedoch hat sich die Lage entspannt. In Ulm wurden weitere Verarbeitungskapazitäten fertiggestellt und es wurde weniger Milch angeliefert. „So entstand wieder mehr Flexibilität in der Verarbeitung“. Zunächst wurde die Käseproduktion gedrosselt und Magermilchpulver für die Intervention produziert. So haben sich die Käsepreise erholt, die Butterpreise erreichten zum Jahresende sogar Höchststände.
Nur schwache Preiserholung bei Magermilchpulver
Bei Magermilchpulver haben sich die Preise nur unterdurchschnittlich erholt, also schwächer als bei den übrigen Milchprodukten. Die deutsche Produktion stieg auf 436.000 t und erreichte damit den höchsten Stand seit Anfang der 90er Jahre. Die Intervention musste in Anspruch genommen werden. 335.000 t gingen EU-weit in die Intervention, so viel wie seit Jahren nicht. 59.000 t wurden aus Deutschland angedient. Zusätzlich haben sich auch in der Privaten Lagerung Bestände aufgebaut, europaweit 68.000 t. „Das wird uns wieder auf die Füße fallen, aber so wie es aussieht nicht in diesem Jahr,“ so Ramm.
Abschreibungen laufen nach Plan
Investiert wurde bei den Ulmer Milchwerken 2016 insgesamt 3,3 Mio. Euro, schwerpunktmäßig in die Erweiterung des Rohmilch und Kesselmilchtanlagers, die Erneuerung der Rohwaren- und Rohmolketanks und in die Klimatisierung im Frischebereich. Die Abschreibungen lagen mit 5,8 Mio. Euro auf Vorjahreshöhe. „Durch die maximal möglichen Abschreibungen ist die vier Jahre alte Käsereianlage bereits zu 65 Prozent abgeschrieben, ab 2019 werden die Abschreibungen spürbar sinken, was dann auch dem Milchpreis zu Gute kommen wird. Geschäftsführer Karl Laible drückte es so aus: „Wir verringern unser Fremdkapital planmäßig bei nun auch ansteigendem Erlösniveau.“
Starker Markenauftritt
Für die Markenbutter gibt es seit Januar ein neues Produktdesign mit dem Ulmer Münster als Motiv aufgedruckt, das sehr gut angenommen wird, berichtete Geschäftsführer Karl Laible. Er erhofft sich hier bis zu 1,0 Mio. Euro Umsatz bis Jahresende. Sportidol Alina Reh wirbt weiter erfolgreich für Weideglück. Die neu gestalteten Sammel-Fahrzeuge bezeichnete Laible als "fahrende Liftfaßsäule" und damit als tolle Werbung für die Produkte des Unternehmens. Wie 2016 sollen 2017 wieder in der Schwäbischen Zeitung Inserate geschaltet werden, es gibt ein Gewinnspiel mit dem Ravensburger Spieleland, Radiospots und einiges mehr. „Wir brauchen den Konsumpatriotismus mit Produkten aus der Region, aus Deutschland“, meinte Laible. Mit Blick auf die nächsten Monate sprach Laible von Preisstabilität und Chancen, die Preise nach oben anzupassen.
Milchpreis voll erwirtschaftet
Joachim Keller, der Aufsichtsratsvorsitzende, ließ in seinen Ausführen keinen Zweifel daran, dass er sich mit den Abläufen und den Entscheidungen des Unternehmens intensiv auseinandergesetzt hat. Unter seiner Kontrolle wurden unter anderen Außenstände genehmigt, Investitionsmaßnahmen getroffen und das Werbebudget festgelegt. Es gab Personalgespräche und vieles mehr. Keller hat nach eigenen Angaben auch selbst die Buchführung kontrolliert, wie Belege stichprobenweise auf ihre Richtigkeit geprüft. „Hierfür standen mir unzählige Ordner der Buchhaltung von Geschäftsjahr 2016 zur Verfügung.“ Außerdem gab es ein Vier-Augengespräch mit dem Wirtschaftsprüfer vom Genossenschaftsverband. Als es ab Oktober über die Maßen steil nach oben ging mit dem Milchgeld, kamen bei dem ein oder anderen Erzeuger durchaus Zweifel auf, ob dieses Geld tatsächlich vom Unternehmen erwirtschaftet wurde. Keller hat hier nachgehakt und mitunter auch unangenehme Fragen gestellt: „Ich bin der Meinung, dass diese Gespräche und auch die Kontrolle richtig waren“, so Keller. Sein Fazit: „Der Milchpreis war voll erwirtschaftet und wurde sofort an die Milcherzeuger weitergegeben.“ Und: „So wird Genossenschaft gelebt.“
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