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Landessortenversuche 2021

Ergebnisse für die Sommergerste sind da

Der Anbau von Sommergerste in Baden-Württemberg ist mit nur 52.000 Hektar in diesem Jahr stark eingebrochen – das entspricht einem Flächenrückgang von nahezu 20 Prozent im Vergleich zu 2020. Ursache für den Rückgang war der dramatische Preisverfall für Braugerste während der Coronakrise. Auch ertragsmäßig blieb die Sommergerste 2021 hinter den Erwartungen zurück.
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Müller-Belami
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Anfänglich waren die Prognosen aufgrund der guten Wasserversorgung und moderaten Temperaturen vielversprechend. Staunässe, Lager und die verzögerte und immer wieder unterbrochene Ernte trug einen wesentlichen Teil dazu bei, dass der durchschnittliche Kornertrag nicht über 57 dt/ha hinauskam. Die Lagerbestände an Sommergerste vom Vorjahr sind aufgebraucht, auch weil ein Teil der Braugerste im letzten Jahr aufgrund der geringen Preisunterschiede als Futtergerste verkauft wurde. Verschärft wird die knappe Versorgungslage mit Malz- und Brauware durch die fehlenden Rohstoffe aus den Gerste exportierenden Ländern wie Frankreich und Großbritannien, denn auch hier wurde der Gerstenanbau 2021 drastisch reduziert. Zwischenzeitlich haben sich die Covid 19-Restriktionen gelockert, der Bierkonsum steigt und die Nachfrage der Mälzereien und Brauereien nach Rohware zieht spürbar an. Die aktuellen Braugerstenpreise sind so hoch wie schon lange nicht mehr, was mittelfristig den heimischen Braugerstenanbau wieder beleben dürfte.

Auch die Vermehrungsfläche von Sommergerste in Baden-Württemberg verzeichnete einen Rückgang von 150 ha und belief sich 2021 auf 1015 ha. Bei den wichtigsten Vermehrungssorten gab es einen Wechsel: die Sorte Avalon (218 ha) musste ihre Spitzenstellung der letzten Jahre zugunsten von Amidala (345 ha) räumen. Die Vermehrung von RGT Planet blieb mit 302 ha annähernd konstant.

In diesem Jahr konnten in Baden-Württemberg alle acht Versuchsstandorte mit Sommergerste  beerntet und ausgewertet werden. Sommergerstenversuche werden zweifaktoriell angelegt, d.h. in der intensiven Variante V2 werden zur Gesunderhaltung der Bestände Halmverkürzer und Fungizide eingesetzt, in der reduzierten Variante V1 wird auf diese Pflanzenschutzmaßnahmen verzichtet. Die Aufwuchsbedingungen für die Sommergerste waren überwiegend zufriedenstellend. Bei ausreichend Bodenfeuchte lief die Saat gut und gleichmäßig auf. Wechselhafte und kalte Witterung bis Ende April und Spätfröste im Mai bremsten die Entwicklung der Bestände erheblich. Es folgte eine Phase heftiger Niederschläge und Unwetter. Sonne und Wärme fehlten und zögerten Abreife und Ernte hinaus. Auch Lager und Halmknicken gehörten 2021 zu den Problemen in der Sommergerste.

Mit durchschnittlich 58 dt/ha in der reduzierten Variante und 68 dt/ ha in der intensiven Variante über alle Standorte liegt das Leistungsniveau hinter dem letztjährigen Ergebnis (72 dt/ha; 76 dt/ha). Massive Ertragseinbrüche gab es in Döggingen mit 64 dt/ha in V1 (2020: 90 dt/ha) und 74 dt/ha in V2 (2020: 100 dt/ha) und in St. Johann mit 47 dt/ha in V1 (2020: 73 dt/ha) und 55 dt/ha in V2 (2020: 76 dt/ha). Auch der Versuch in Orschweier mit seinen extrem kurzen Beständen und sehr später Ernte kam auf lediglich 51 dt/ha (V1) und 54 dt/ha (V2). Nur Tailfingen konnte mit 68 dt/ha in V1 und 78 dt/ha in V2 zufriedenstellende Erträge verzeichnen. Wie die Jahre zuvor war Ramularia die bestimmende Krankheit, regional wurden Netzflecken und Rhynchosporium registriert. Schwer zu schaffen machten den Versuchsbetreuenden dieses Jahr die tierischen Schädlinge: Wühlmäuse in Döggingen, Feldmäuse in Eiselau, massive Fraßschäden in Boxberg durch Erdflöhe und Starkbefall mit Getreidehähnchen in St. Johann.

Laut Braugerstengemeinschaft entfielen in Baden-Württemberg 2021 etwa 67 % der Sommergerste auf Braugerste. Die wichtigen Qualitätskriterien für die Abnahme als Braugerste konnten in dieser Saison knapp erfüllt werden. Mit durchschnittlich 11,3 % bewegen sich alle Prüfsorten, mit Ausnahme von Avalon (11,7 %), im Normbereich von 9,5 % - 11,5 %. Bei einer Sortierung von 93,6 % liegt der Vollgerstenertrag mit 64 dt/ha gegenüber dem Vorjahr (73 dt/ha) auf einem relativ niedrigen Niveau. Die höchsten Werte lieferten Amidala, KWS Jessie und Leandra mit 65 dt/ha. Avalon erzielte 2021 die mit Abstand besten Sortierungen (96,3 %  > 2,5mm und 84,4 %  > 2,8mm). Das vom Handel vorausgesetzte Mindesthektolitergewicht von 62 kg bei Futtergerste wurde mit durchschnittlich 60 kg von keiner der geprüften Sorten erreicht.

Landessortenversuche Sommergerste 2021

Mehrjährige Ertragsergebnisse und Beobachtungen aus den LSV Sommergerste 2021 über die Anbaugebiete Baden-Württemberg auf einer Skala von 1 bis 9. Je höher die Note, desto negativer die Merkmalsausprägung. Die Werte wurden über die Standorte, wo das Merkmal erfasst wurde, gemittelt.

Ertrag: V1 58,4 dt/ha, V2 67,6 dt/ha; Vollgerstenertrag in V2: 63,5 dt/ha (die Sortenbeurteilungen beziehen sich auf die Relativerträge); agronomische Werte V1: Lager vor Ernte (3,3); Halmknicken (4,8); Ährenknicken (2,3); Krankheiten V1: Ramularia (5,9); Netzflecken (2,5); Rhynchosporium (2,9); Zwergrost (2,8); Mehltau (1,2); Qualitäten V2: Rohprotein (11,3 % in % TM); Tausendkornmasse TKM (46,7 g); Sortierung > 2,5 mm (93,6 %) Sortierung >2,8 mm (63,5 %) über alle Standorte.

Die Sorten im Überblick

Accordine ist eine Low-Input-Gerste. Die Sorte liegt in ihren Ertragsleistungen ein- und mehrjährig in der reduzierten Variante im Mittelfeld. In der intensiven Variante sind die Erträge insgesamt geringer. Accordine ist eine langwüchsige, mittelspät abreifende Sommergerste mit knapp durchschnittlicher Strohstabilität (3,6) und Blattgesundheit. Die Sorte erhielt 2018 aufgrund ihrer guten Brau- und Malzqualitäten eine Verarbeitungsempfehlung. Mit einem Vollgerstenanteil von 93,5 % und einem Eiweißgehalt von 11,5 % erfüllt Accordine die Richtwerte für die Erfassung.

Amidala erhielt 2021 eine Verarbeitungsempfehlung durch die Braugerstengemeinschaft aufgrund ihrer hervorragenden Malz- und Braueigenschaften. In den LSV bringt die Sorte ein- und mehrjährig weit überdurchschnittliche Kornerträge, besonders in der reduzierten Anbaustufe. Den Ertrag bildet Amidala über ihre sehr hohe Tausendkornmasse (50,4 g). Bei Standfestigkeit, Halm- und Ährenstabilität gibt es keine Auffälligkeiten. Das Gesundheitsprofil ist durchschnittlich mit Ausnahme von einem starken Ramulariabefall in diesem Jahr (6,6). Die Sorte punktete mit einer guten Sortierung (95,2 %) und dem höchsten Vollgerstenertrag (65,1 dt/ha). Aufgrund der geringen Bestockungsneigung empfiehlt der Züchter eine entsprechend erhöhte Aussaatstärke.

Avalon erhielt ab 2015 die Verarbeitungsempfehlung durch die Braugerstengemeinschaft. Seit Jahren zählt Avalon zu den bedeutendsten Braugerstensorten, verzeichnet aber in der Vermehrung 2021 deutliche Rückgänge. Im Vergleich zu neueren Sorten zeigen sich zunehmend Schwächen: Zum einen fällt die Sorte bei den Erträgen immer weiter ab, zum anderen nimmt die Mehltauanfälligkeit (2,5) zu. Positiv zu bewerten ist der geringste Ramulariabefall (4,8) unter den diesjährigen Prüfsorten. Auch überzeugt Avalon nach wie vor durch die besten Sortierungen über alle Fraktionen (96,3 ?% bei > 2,5 ?mm), einen hohen Vollgerstenanteil (64,7 ?kg) und einer guten TKM (49,2 ?g). Beim Proteingehalt erfüllt die Sorte mit 11,7 % die Qualitätsanforderung (max. 11,5 ?%) nicht ganz.

KWS Jessie kann ihr hohes Ertragspotential ein- und mehrjährig in der intensiven Stufe voll ausspielen. Auch in der reduzierten Stufe liegt sie deutlich über dem Durchschnitt. Die Sorte generiert ihren Ertrag über die sehr hohen Bestandesdichten. KWS Jessie ist kurzstrohig mit einer mittleren Standfestigkeit (3,3), einer guten Ährenstabilität (1,9) sowie einem durchschnittlichen Resistenzspektrum. Trotz leicht unterdurchschnittlicher Sortierung (93,4 ?%) kommt die Sorte auf einen sehr guten Vollgerstenanteil (64,8 ?dt/ha). Der Proteingehalt ist mit 11,0 ?% niedrig. Für KWS Jessie wurde eine Verarbeitungsempfehlung ab 2021 durch die Braugerstengemeinschaft ausgesprochen.

Leandra untermauert auch 2021 ihre guten Resistenzeigenschaften bei Mehltau (1,0), Netzflecken (2,3), Rhynchosporium (2,1) und Zwergrost (2,0). Im Ertrag liegt Leandra mehrjährig in beiden Varianten leicht unter dem Durchschnitt. Standfestigkeit (3,2) und Strohstabilität (5,1) der Sorte sind mittel. Leandra generiert niedrige Proteingehalte (11,2 ?%) und hohe Vollgerstenerträge (64,6 ?dt/ha). Die Sommergerste wurde 2019 zur Verarbeitung empfohlen. Aufgrund ihrer Gesundheit und Winterhärte eignet sich Leandra laut Züchter auch zur späten Herbstaussaat.

Lexy ist neu zugelassen und wurde in die großtechnischen Praxisversuche (Berliner Programm) 2021 aufgenommen. Aktuell ist Lexy laut BSL die ertragsstärkste Sorte auf dem deutschen Braugerstenmarkt in beiden Intensitätsstufen (BSL 8/8). In den LSV erreicht die Sorte ein- und mehrjährig ein sehr hohes Leistungsniveau. Hinsichtlich Agronomie und Resistenzen ist sie als durchschnittlich einzustufen. Der Vollgerstenanteil (64,1 ??kg) ist hoch, der Proteingehalt niedrig (11,0 ?%). Aufgrund der Ertragsstärke kommt Lexy auch für eine Futternutzung in Betracht.

Prospect überzeugt in den LSV 2021 und mehrjährig durch hohe Erträge (Bestandesdichtetyp), kommt aber nicht ganz an das Leistungssniveau der besten Sorten heran. Die Stärken von Prospect liegen in ihrer Standfestigkeit (2,5) und ihrer guten Halmstabilität (3,9). Die Toleranzen gegenüber den wichtigsten Gerstenkrankheiten sind durchschnittlich mit Ausnahme einer erhöhten Anfälligkeit für Zwergrost (3,5). Die Kornqualitäten sind ausgewogen Prospect erhielt 2020 aufgrund guter Malz- und Braueigenschaften die Verarbeitungsempfehlung vom Sortengremium des „Berliner Programms“.

Quench wurde 2006 zugelassen und behauptet sich, wenn auch nur marginal, nach wie vor auf dem Braugerstenmarkt, wird jedoch aufgrund ihrer schwachen Ertragsleistung immer mehr von den neueren Sorten verdrängt. Quench gehört zu den spät abreifenden Sommergersten. Zwergrost- (3,5) und Rhynchosporiumanfälligkeit (3,6) sollte bei dieser Gerste im Auge behalten werden. Marktwaren- und Vollgerstenanteil sind laut BSL mit 7 hoch eingestuft. Bei ungünstigen Bedingungen wie 2021 reagiert Quench mit niedriger Sortierung (90,0 ?%) und geringem Vollgerstenertrag (58,4 ?kg).

RGT Planet ist nach wie vor deutschlandweit die anbaustärkste Sorte. Auch in Baden-Württemberg steht sie in der Vermehrung an zweiter Stelle. Sowohl 2021 als auch mehrjährig bestätigt die Gerste ihr hervorragenden Ertragsleistungen in beiden Intensitäten. Die Sorte schiebt die Ähren früh und ist bei der Blattgesundheit als durchschnittlich zu bewerten. Hinsichtlich Standfestigkeit (4,4) und Halmstabilität (5,8) zeigt sie 2021 Schwächen. Der Vollgerstenanteil liegt mit 64,6 ?kg über dem Durchschnitt und der Proteingehalt erreicht niedrige 11,2 ?%. Die Sorte wird im Vertragsanbau empfohlen. Aufgrund der außergewöhnlich hohen Erträge wird RGT Planet auch gerne als Futtergerste eingesetzt.

Die Empfehlungssorten 2022

Empfehlungssorten 2022 LTZ: Avalon (auslaufend), RGT Planet (im Vertragsanbau), Accordine: regionale Anbauempfehlung, Prospect: regionale Anbauempfehlung.

Empfehlungssorten 2022 Landesbraugerstengemeinschaft: Avalon (auslaufend), RGT Planet (im Vertragsanbau), Amidala.

Tabellen LSV Sommergerste 2021

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