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Augustenberger Obstbautag

Neue Sorten und neue Unterlagen

Neben den Themen Betriebswirtschaft und Biodiversität, über die wir in BWagrar Heft 49 berichten, hob der 26. Augustenberger Obstbautag noch jede Menge weiterer Themen auf den Schild. Sortenempfehlungen, Ausdünnversuche und Unterlagentests waren dabei genauso ein Thema wie Schadwanzen oder Ansatzpunkte zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln.

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Trotz Blütenfrösten lohnte auch in diesem Jahr eine Fruchtausdünnung. Was zum besseren Ergebnis führte - der Einsatz des Darwingeräts, ATS oder ein anderes Mittel - wurde in einem Versuch in Augustenberg getestet. 
Trotz Blütenfrösten lohnte auch in diesem Jahr eine Fruchtausdünnung. Was zum besseren Ergebnis führte - der Einsatz des Darwingeräts, ATS oder ein anderes Mittel - wurde in einem Versuch in Augustenberg getestet. Brigitte Werner-Gnann
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Über lange Zeit war die Unterlage M9 die Standardunterlage im Apfelanbau. Doch mittlerweile wird nach Verbesserungen gesucht, die robuster sind gegenüber Feuerbrand, Triebsucht, Blutlaus, Kragenfäule und Frost. Darüber hinaus sollen sie einen positiven Einfluss auf Ertrag und Fruchtgröße haben, der Alternanz entgegenwirken und möglichst keine Wurzelausläufer oder Luftwurzeln zeigen. In einem Versuch, über den Wolfgang Bauer vom Landwirtschaftsamt Bruchsal berichtete, wurden neuere Unterlagen mit Gala als Veredlungssorte geprüft. Dabei lieferten die aus den USA kommenden Genever-Unterlagen CG 11 und CG 41 bessere Erträge als M 9, teils bis zu 60 Prozent mehr und das bei guten Fruchtgrößen. Bei der Sortierung punktete CG 11 noch vor CG 41, die Vorteile in punkto Luftwurzeln zeigte. MM 106 sowie AR 295-6 hatten zu viele Baumausfälle, bei P67 war die Veredlungsstelle problematisch und Pajam 1 brachte zu viele Wurzelausläufer hervor.

Ausdünnung zeigt Wirkung

Frostnächte im Frühjahr haben einmal mehr in diesem Jahr die Apfelblüte erwischt. Danach stellte sich die Frage, ob eine Ausdünnung überhaupt noch sinnvoll ist. Überprüft wurde dies, wie Bauer berichtete, in einem Versuch mit der Sorte RoHo 3615, die für die Marke Evelina steht. Getestet wurde eine dreimalige ATS-Gabe ab offener Königsblüte mit einer Variante, die ebenfalls dreimal ATS erhielt mit anschließender Benzyladeninbehandlung (BA) bei einer Fruchtgröße von 8 bis 16 mm sowie der Einsatz des Darwingeräts mit einmaliger BA-Gabe. Nach Abschluss des Versuchs zog der Mitarbeiter des Landwirtschaftsamtes den Schluss, dass auch in diesem Jahr Ausdünnungsmaßnahmen sinnvoll waren, zumindest in dieser Anlage. Ohne zusätzliche Handausdünnung konnte aber dennoch kein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden. Am besten schnitt die Variante mit dreimaliger ATS-Gabe plus BA ab.

Mit Pacific Red, Frisco, Nimba, Sweet Lorenz, Rocket und Poisdel stellte Vincent Braun vom Landwirtschaftsamt Bruchsal eine Reihe früher Kirschsorten vor, die zwar früher blühen und reifen als die Vergleichssorten Burlat und Carmen. So ganz überzeugen konnte das Sortiment für die Prüfjahre 2018 bis 2021 aber noch nicht. Entweder waren die Früchte weicher, platzanfälliger oder nicht ganz so gut im Geschmack, vor allem aber konnten sie mit Ausnahme von Sweet Lorenz im Ertrag nicht mit den am Markt etablierten Sorten Burlat und Carmen mithalten.  

Neue Unterlagen für Zwetschgen

Um die Probleme mit Scharkabefall bei Zwetschgen zu vermindern, werden neben hypersensiblen Sorten auch hypersensible Unterlagen diskutiert. Dabei sterben über die hypersensible Reaktion infizierte Zellen ab und das Virus kann sich im Baum nicht weiter ausbreiten. Damit dies funktioniert, sollten allerdings hypersensible Unterlagen nur mit hypersensiblen Sorten kombiniert werden, ansonsten stirbt der Baum langsam ab. Braun berichtete über Tests mit den Unterlagen WeiWa, Dospina 235 und Docera 6. Bei der vegetativen Entwicklung zeigte Docera 6 den größten Durchmesser, insgesamt war die Wüchsigkeit der Unterlagen aber sehr ähnlich. Während WeiWa nur wenig Wurzelschosser aufwies, gab es diese bei Docera 6 durchgängig und bei Dospina 235 traten sie mit zunehmendem Alter stärker auf. Weiwa lieferte am Standort Augustenberg den höchsten Ertrag,  Dospina 235 punktete mit den größeren Fruchtkalibern.   

Über ein ungewöhnlich hohes Aufkommen an Schadwanzen in diesem Jahr berichteten Dr. Christine Dieckhoff und Dr. Kirsten Käppler vom LTZ Augustenberg. Neben der Rotbeinigen Baumwanze, der Rand- und Lederwanzen sowie der Grünen Stinkwanze zählen die Grüne Reiswanze und die Marmorierte Baumwanze zu dieser Kategorie, wobei die beiden letzteren auffällig häufig waren. Die aus Asien eingewanderte Marmorierte Baumwanze hat nicht nur ein breites Wirtspflanzenspektrum, worunter auch viele Obstarten fallen, sondern auch ein hohes Vermehrungspotenzial. Die Grüne Reiswanze, die sich ebenfalls stark vermehren kann, hat sich erst in den letzten Jahren als Schädling hervorgetan, obwohl sie schon länger in unseren Gefilden zu finden ist.

Schadwanzen traten später in Erscheinung

Bedingt durch die Kälteperiode in den Frühjahrsmonaten traten die Schadwanzen erst Mitte Juni auf und damit rund drei Wochen später als im Vorjahr. In einem vom Bundeslandwirtschaftsministerium geförderten Projekt (Verbundvorhaben BC-InStink) sollen biologische Pflanzenschutzstrategien gegen die beiden invasiven Baumwanzen entwickelt werden. Dazu ist ein Monitoring angelaufen, bei dem die Wanzen und mögliche natürliche Gegenspieler sowie die wanzentypischen Schadbilder (Ernte- und Lagerbonitur) erfasst werden sollen. Im Anschluss ist geplant, die Möglichkeiten einer wirtschaftlich tragfähigen Massenzucht auszuloten.  

Freisetzung muss genehmigt werden

Ein wichtiger Gegenspieler der Marmorierten Baumwanze ist die Samuraiwespe, die nach Funden in der Schweiz und in Italien im vergangenen Jahr erstmals auch in Deutschland angetroffen wurde. Der Nützling, der die Eier der Marmorierten Baumwanze stark parasitiert, scheint sich also in Europa auszubreiten, was durch einen Fund am Bodensee in diesem Jahr untermauert wird. Durch eine lokale Etablierung könnte die nützliche Wespe sich besser ausbreiten und damit die Schäden durch die Wanze schneller reduzieren, doch für eine Freisetzung ist die Genehmigung des Bundesamtes für Naturschutz nötig, wobei diese einzeln für jedes Bundesland zu beantragen ist. Dies ist in Baden-Württemberg erfolgt, eine Genehmigung liegt bislang aber noch nicht vor.

Ansatzpunkte für weniger Pflanzenschutz

Über erste Erfahrungen aus dem Demonstrationsbetriebsnetzwerk, über das Ansätze zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes ausgelotet werden sollten, berichteten Simone Kretz und Jonathan Wenz vom LTZ Augustenberg. Dieses Demonstrationsnetzwerk soll einen Beitrag dazu leisten, das im Biodiversitätsstärkungsgesetz festgelegte Ziel zu erreichen, den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel bis zum Jahr 2030 um 40 bis 50 Prozent in der Menge zu reduzieren. Neben 24 Ackerbaubetrieben nehmen jeweils sechs Obst- und Weinbaubetriebe teil. Auf diesen Betrieben sollen praxistaugliche Maßnahmen erprobt werden und Ideen von Betriebsleitern, der Landwirtschaftsverwaltung und der Forschung getestet werden. Erkenntnisse daraus sollen diskutiert und in die Breite getragen werden. Die Betriebe im Obstbau verteilen sich auf den Bodensee (3 Betriebe), den Ortenaukreis sowie auf Nordwürttemberg und Nordbaden.

In diesem Jahr richtete sich der Fokus auf die Erfassung von Schaderregern und den Test von Maßnahmen, um den Insektizideinsatz zu reduzieren. Mit Weißtafeln und Pheromonfallen sollten Schädlinge wie Apfelwickler, Kleiner Fruchtwickler und die San-José-Schildlaus erfasst werden, allerdings gab es kaum Fänge. Um die Möglichkeiten eines sparsameren Insektizideinsatzes zu überprüfen, wurden auf den Betrieben verschiedene Varianten angelegt. Neben einer unbehandelten Kontrolle erfolgte die Bekämpfung nach betriebsüblicher Vorgehensweise sowie nach einer eher abwartenden und damit risikoreicheren Strategie. Ab nächstem Jahr soll zusätzlich noch der Einsatz alternativer und nützlingsschonender Pflanzenschutzmittel erprobt werden.

Mit Ohrwürmern gegen Blutläuse

Ein Fokus der Versuche richtete sich auf die Förderung von Ohrwürmern, um den Blutlausbefall zu regulieren. Dazu wurden Bambusbehausungen und Tontöpfe in den Anlagen aufgehängt. Tendenziell zeigten sich in den Varianten mit der Förderung der Nützlinge weniger Blutlauskolonien. Ob dies allerdings auf den aufgehängten Unterschlupf zurückzuführen ist, ist noch nicht erwiesen, da die Bambusbehausungen kaum belegt waren. Zudem war ein inhomogenes Auftreten des Schädlings in der Anlage zu beobachten. Bleibt die Frage zu klären, inwiefern solche Unterschlupfmöglichkeiten tatsächlich zur Reduktion von Blutlauskolonien beitragen können und ob die Zahl der notwendigen Zahl solcher Unterschlupfe auch von anderen Faktoren wie dem Wuchs der Bäume (Baumhabitus) abhängt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen Untersuchungen, die der Frage nachgingen, ob eine Förderung von Ohrwümern den Birnblattsauger in Schach halten kann. Auch bei diesem Versuch traten vergleichsweise wenig Schädlinge auf, die Bambusbehausungen wurden von den Ohrwürmern aber gut belegt, während die Tontöpfe nicht so gut angenommen wurden. Weitere Versuche im Demonstrationsbetriebsnetzwerk befassten sich mit der Regulierung des Apfelblütenstechers mit alternativen Präparaten, der Bekämpfung der San-José-Schildlaus, der Reduzierung von Schorf-Belagsfungiziden und der Spinnmilbenregulierung mit einem alternativen Präparat.

Pflanzenschutz im Umbruch

„Im Pflanzenschutz tun sich immer mehr Bekämpfungslücken auf. Seit Jahren wird versucht, diese Lücken durch Notfallzulassungen zu schließen, deren Einsatz aber immer auf drei Monate begrenzt ist.“ Mit diesen Worten umriss Arno Fried vom Landwirtschaftsamt Bruchsal die missliche Situation im Pflanzenschutz, wobei die Verfügbarkeit der Mittel immer knapper und die Bedingungen für die chemische Industrie, die Beratung und die Betriebe immer unsicherer werden.  Dabei war der in den 1990er Jahren eingeführte integrierte Obstbau darauf ausgelegt, nützlingsschonende Mittel aus einer Vielzahl an Pflanzenschutzmitteln auszuwählen. In den Anfangsjahren stand dazu auch noch eine ausreichende Mittelpalette zur Verfügung, die sich im Laufe der Jahre immer weiter einengte. Die Entwicklung alternativer Präparate aber kann mit dem Verlust nicht schritthalten und häufig stimmten Wirkungsgrad und Kosten-/Nutzenverhältnis nicht oder die Wirkung schwanke stark, wie Fried weiter erklärte. Gleichzeitig wächst bei resistenten oder toleranten Sorten etwa gegen Schorf die Gefahr eines Resistenzdurchbruchs, weil sich beispielsweise neue Schorfrassen etablieren oder es treten andere pilzliche Erreger plötzlich in den Vordergrund. Gleichzeitig wandern neue Schaderreger ein, die massive Schäden hervorrufen können, gegen die es aber keine ausreichend wirksamen Insektizide gibt. Ferner beklagte Fried, dass im Vergleich zu anderen Ländern der Mittleren Zone der EU in Deutschland Zulassungen nicht übertragen oder mit zusätzlichen Auflagen versehen werden.

Doch wie geht es weiter ohne eine ausreichende Zahl von Mitteln mit sicherer Wirkung? Fried rechnet mit Ernteverlusten und wachsenden Resistenzproblemen. Dazu stelle sich die Frage, ob die bisherigen Schadschwellen noch anwendbar seien, denn eine Behandlung bei Befall sei mit einer unsichereren Wirkung schwierig oder gar nicht mehr möglich. Parallel dazu würden aber die rechtlichen Einschränkungen und Auflagen stetig wachsen. Als Beispiele nannte er das Biodiversitätsstärkungsgesetz oder die Arbeitssicherheitsauflagen mit Vorgaben für die Schutzkleidung bei der Applikation und Wiederbetretungsfristen nach einer Behandlung. Stark zugenommen hätten auch die Beschwerden und Anzeigen von Bürgern. Mitarbeiter des Amtes seien dann zur Kontrolle gezwungen, wobei alles auf den Prüfstand komme vom SpritzenTÜV bis zu den verwendeten Mitteln und deren Einsatzzeitpunkt.

Bei all den negativen Entwicklungen nannte der Pflanzenschutzexperte aber auch einige Lichtblicke. So gab es bei einer Reihe von Herbiziden eine Zulassungsverlängerung. Diese werden bei dem zu erwartenden generellen Glyphosatverbot allerdings auch dringend benötigt. „Dann müssen wir alles ausreizen, was uns zur Verfügung steht“, meinte er. Alternative Methoden zur Unkrautregulierung seien kosten- und arbeitsintensiv, wodurch sich auch die CO2-Beilanz verschlechtere.   

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