Wir-Gedanke wird gestärkt
„Wir sehen uns als Nachfolger unserer Gründerväter, die hier in Hohenlohe vor 135 Jahren die ersten Molkereigenossenschaften gegründet haben“, so Geschäftsführer Martin Boschet. Niemand habe sich bisher an den wesentlichen Inhalten des Genossenschaftsgesetzes gestört, Novellen gab es immer wieder. Wünschenswert sei in allen Bereichen mehr Vertrauen und weniger Vorschriften und damit auch weniger Bürokratie.
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Eines der großen Themen für die Hohenloher Molkerei war im abgelaufenen Geschäftsjahr die Umstellung der Milchproduktion und Verarbeitung auf „Ohne Gentechnik“, so der Vorstandsvorsitzende Manfred Olbrich. Handel und Politik müssen sich im Klaren sein, dass weitere Einschränkungen und Anforderungen an die Produktion nur freiwillig und gegen Bezahlung möglich sind. Der Bedarf an Milchprodukten weltweit wird wachsen, Milchviehhalter müssen konkurrenzfähig bleiben. In Hohenlohe ging die Anzahl der Milcherzeuger um fast 6,5 Prozent zurück. Das heißt, es sind 80 Milcherzeuger weniger geworden.
Positiv blickt Olbrich in die Zukunft: „Außerordentlich erfreulich ist, dass wir zu Jahresbeginn einen neuen Betrieb begrüßen konnten und im kommenden Jahr mehrere Betriebe folgen werden. Wir sind froh, dass wir hier als interessanter Partner gesehen werden, zumal unsere Kunden derzeit immer wieder bei uns nach zusätzlicher Menge nachfragen. Diese Entwicklung ist für unsere Hohenloher Molkerei durchaus positiv und wir werden diese Chance auch nutzen.“ Derzeit sei der Milchpreis erträglich, doch man sein noch nicht aus der Krise und zufrieden sind noch lange nicht alle. Man müsse einfach sehen, dass der Milchmarkt momentan für höhere Mengen nicht aufnahmefähig ist.
Für die Milcherzeuger und die Molkereien war 2016 das zweite Jahr in Folge mit sehr schwierigen Rahmenbedingungen, fasst der Geschäftsführer der Hohenloher Molkerei, Martin Boschet, das abgelaufene Geschäftsjahr zusammen. Der Marktverlauf war durch starke Schwankungen der Preise und des Milchangebots gekennzeichnet. Das führte im ersten Halbjahr zu Mengendruck mit sehr niedrigen Notierungen und Kontraktabschlüssen. Erst zur Jahresmitte trat eine Stabilisierung ein. Mit dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) konnten erst zum November dringend benötigte Preiserhöhungen für die weiße Linie verhandelt werden.
Geschäftsentwicklung
Durch den Milchpreisverfall und einer um 10,2 Mio. kg geringeren Milchverarbeitungsmenge ist der Umsatz um 10,5 Mio. oder 5,82 % rückläufig. Das Betriebsergebnis liegt bei 335.000 Euro und damit über dem Vorjahr. Der Jahresüberschuss wird letztendlich dazu verwendet, die Geschäftsguthaben der ausscheidenden Mitglieder zu kompensieren.
Der voll erwirtschaftete Milchauszahlungspreis für das abgelaufene Geschäftsjahr liegt im Durchschnitt aller Milchqualitäten bei 4,2 % Fett und 3,4 % Eiweiß bei einem Bruttoauszahlungspreis von 31,17 Cent/kg, unter Zugrundelegung von 10,7 % Mehrwertsteuer. Unter Berücksichtigung aller möglichen Zuschläge war es möglich, einen Bruttomilchpreis von 32,00 Cent/kg oder netto 28,91 Cent/kg zu erzielen.
Dass es der Molkerei gelungen ist, im abgelaufenen Jahr eine durchaus als respektabel zu bezeichnende Milchgeldauszahlungsleistung zu erwirtschaften, zeigen laut Boschet drei Dinge ganz klar auf:
1. Wir kämpfen für einen guten Milchpreis
Dies geht aber nur, wenn man über einen hocheffizienten Produktionsstandort und motivierte Mitarbeiter verfügt. Hier ist es uns gelungen, die Kosten nochmals um über 1 Mio. Euro zu reduzieren.
2. Konsummilch ist und bleibt unsere Speerspitze
Unsere Kernkompetenz haben wir bei weißer, gesunder und natürlicher Milch, frisch und haltbar. Trotzdem entwickeln wir andere Felder und bleiben geleich-zeitig unseren Prinzipien treu, so auch bei Butter, was sich als richtig heraus-gestellt hat.
3. Es liegen keinerlei belastende Faktoren vor
Kein Investitionsstau, kein Instandhaltungsstau, keine Abhängigkeit von Dritten und keine Unternehmensberater oder dergleichen im Haus, damit auch keine unnötigen Kosten.
Als Erkenntnis aus dem Jahr 2016 muss aber stehen, dass die Hohenloher Molkerei in guten Jahren erheblich mehr Vorsorge für schwächere und schwache Phasen treffen müssen. Erreichbar wird dies aber nur, wenn ein ausgewogener Markt vorhanden ist. Mehr erreichen könnte man wahrscheinlich auch dann mehr, wenn an manchen Stellen in der Branche eine stärkere Bereitschaft zur Zusammenarbeit ausgeprägt wäre.
Positiver Blick in die Zukunft
Ab Spätsommer änderte sich das Marktumfeld nicht nur in der EU, sondern auch weltweit deutlich. Die globale Nachfrage überstieg das inzwischen gedrosselte Angebot. Das führte zu einer zum Teil deutlichen Erholung der Preise.
Eines der großen Themen für die Hohenloher Molkerei war im abgelaufenen Geschäftsjahr die Umstellung der Milchproduktion und Verarbeitung auf „Ohne Gentechnik“ (OGT). Das Jahr 2017 wird dem Thema gentechnikfreie Lebensmittel einen weiteren kräftigen Schub verleihen, ist sich Boschet sicher. Nahezu alle großen deutschen Discounter und der übrige LEH wollen weitere Milch- und Molkereiprodukte in Eigenmarke listen. OGT wird in Süddeutschland, aber auch national zum Standard werden.
Für 2017 soll bei Hofgut ein Markenrelaunch erfolgen. „Hofgut bleibt aber Hofgut, ausgestattet mit mehr Regionalität“, verspricht Boschet. Das Naturprodukt Milch wird erlebbarer und persönlicher, die Verpackung für den Verbraucher prägnanter. Die stufenweise Markteinführung, natürlich „Ohne Gentechnik“, soll durch bezahlbare Marketingaktionen gezielt unterstützt werden. Begriffe wie Regionale Verbundenheit, Glaubwürdigkeit, Sympathie, Wir-Gedanke/Genossenschaft, Verlässlich/Ehrlich, Natürlich, Selbstbewusst, Qualitätsorientiert sollen für den Kunden greifbar werden.
Oberste Zielsetzung für 2017 ist die Erzielung eines höheren Auszahlungspreises für die Milcherzeuger als dies in den beiden vergangenen Jahren der Fall war. Die Rahmenbedingungen scheinen trotz einiger Unwägbarkeiten deutlich besser zu sein. „Aktuell befinden wir uns in den Preisverhandlungen mit dem LEH und sind optimistisch, was die Ergebnisse anbelangt“, so Boschet zum aktuellen Stand Ende vergangener Woche.
Auf der Nachfrageseite fehlen aktuell die zwingenden Impulse. "Woher sollen sie auch kommen?" fragt Boschet. Nach wie vor herrscht in vielen klassischen Exportdestinationen politisches Chaos und Instabilität. Das Russland-Embargo besteht immer noch, es scheint aber niemanden mehr zu interessieren. Die Überschussmengen des vergangenen Frühjahrs schlummern in Form von 350.000 t Magermilchpulver in EU-Interventionslägern vor sich hin.
Infolgedessen darf es nicht verwundern, dass die Eiweißseite bei Pulver schwach ist und die Preise auf Interventionsniveau liegen. Inwieweit dies auch die Käsepreise beeinflussen wird, wird sich zeigen. Ganz anders die Fettseite. Hier steigen die Butterpreise für Molkereien ab Mai wieder an. Fett ist knapp, die Warenversorgung für die Herbst-Winter-Saison eher unklar. Von der starken Fettverwertung profitiert die Hohenloher Molkerei, die schwache Eiweißseite belastet sie bei Versandmilch.
Wahlen von Vorstand und Aufsichtsrat
Mit Reinhold Gerner (Lustbronn; Vorstand), Anton Weber (Stellv. Aufsichtsratsvorsitzender; Waldstetten), Friedrich Frank (Aufsichtsrat, Nesselbach) und Gotthars Schwarz (Aufsichtsrat, Neresheim-Schweindorf) scheiden über 140 Jahre ehrenamtliches Engagement in der Molkereiwirtschaft altersbedingt aus. Neu gewählt wurden in den Vorstand Jürgen Stolz (Weikersheim; bisher im Aufsichtsrat), Alexander Bühlmeyer (Bopfingen-Kerkingen), Manfred Weiland (Boxberg-Oberschüpf) und Michael Wolf (Kupferzell-Künsbach).
Kommunikation –Die Verbindung zum Verbraucher
Dr. Johannes Simon von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, zeigte in einem kurzweiligen Vortrag, dass ohne aktive Kommunikation seitens der Landwirte der Kontakt zum Verbraucher nicht möglich ist. Von der Landwirtschaft kursieren die unterschiedlichsten Bilder. Agrarfabriken, als negatives Beispiel werden von Tierschutzorganisationen „beworben“, die Museumslandwirtschaft kommt im Vorabendprogramm zum Zuge und hat oftmals eine hohe Attraktivität. Doch schon hier sollte der Verbraucher in Gewissenskonflikte kommen, wird doch oft die Anbindehaltung gezeigt, die Tierschützer beklagen. (Bewegt-)Bilder lösen beim Verbraucher Emotionen aus. Wie ist die Wirkung von Bildern zu verstehen? Verbraucher leben wie im Paradies. Der Supermarkt ist ein Schlaraffenland mit rund 50.000 Produkten zur freien Auswahl. Kunden haben aber kaum Kenntnisse zu der Herstellung der Erzeugnisse; was in Umfrageergebnissen, die immer wieder den Charakter eines Wunschzettels haben, bestätigt wurde. Geht es aber um die Verbesserung von Haltungsbedingungen, sind die meisten dafür. Ein Wiederspruch. Verbraucher sind nicht konsequent und vertreten oftmals unvereinbare Standpunkte gleichzeitig. Verbraucher plagen sich laut Simons mit unheimlichen Ängsten etwas falsch zu machen. Der Handel übernimmt daher oftmals die Verantwortung für den Verbraucher und stellt Forderungen an die Produktionsweise (beispielsweise Abschaffung der Käfighaltung). So kann der Kunde ohne schlechtes Gewissen alle im Regal verfügbaren Produkte kaufen und muss sich dabei nicht mit dem Thema Tierwohl auseinandersetzen.
Abschließend stellt Simons fest, dass mit Kommunikation die Wahrnehmung bewusst gesteuert werden kann. Wichtig ist, dass die Landwirtschaft eine festgelegte Botschaft hat, die kommuniziert werden soll. Man benötigt gute Geschichten und es darf kein Zweifel aufkommen. „Stehen Sie zu dem was Sie machen! Bauern sind Typen – da steht jemand mit Charisma dahinter. Das überzeugt Verbraucher“, rät Simons abschließend.
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