Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
72. Baden-Württembergischer Pflanzenschutztag

Stolbur und SBR im Brennpunkt

Beim Pflanzenschutztag in Ilsfeld diskutierten Experten vor rund 300 bis 400 Teilnehmern die Herausforderungen durch Stolbur und SBR in Kartoffeln, Zuckerrüben und Gemüse. Dr. Konrad Rühl vom Landwirtschaftsministerium betonte die Notwendigkeit schnellerer Zulassungen wirksamer Pflanzenschutzmittel. Praxisberichte aus Deutschland, der Schweiz und Österreich zeigten unterschiedliche Ansätze zur Bekämpfung der Zikaden und zur Reduzierung von Erregern. Neben chemischem Pflanzenschutz wurden Fruchtfolgeänderungen und pflanzenbauliche Maßnahmen als zentrale Bausteine nachhaltiger Strategien hervorgehoben.

von Dr. Jonathan Mühleisen, Pflanzenschutzdienst am Regierungspräsidium Stuttgart erschienen am 26.02.2025
Artikel teilen:
Lösungsansätze vorgestellt
  • Es besteht dringender Handlungsbedarf, da Stolbur und SBR massive Ernteausfälle in Kartoffeln, Zuckerrüben und Gemüse verursachen.
  • Experten fordern schnellere Genehmigungen wirksamer Pflanzenschutzmittel, auch mithilfe von Notfallzulassungen für 2025.
  • Fruchtfolgeänderungen und der Verzicht auf Winterkulturen könnten Zikaden eindämmen. In der Schweiz zeigen Fruchtfolgeprojekte Erfolge.
  • Optimale Kulturführung kann Schäden durch Stolbur und SBR reduzieren.

Der Pflanzenschutztag am 20. Februar in Ilsfeld war mit schätzungsweise 300 bis 400 Teilnehmern überdurchschnittlich gut besucht. Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Bernd Bordon und Stefan Kerner, Kreisvorsitzender des Bauernverbandes Heilbronn-Ludwigsburg, eröffnete Dr. Konrad Rühl, Abteilungsleiter im Stuttgarter Landwirtschaftsministerium, den Pflanzenschutztag. Dr. Rühl wies darauf hin, dass in einem Beschluss der Amtschefkonferenz vom Januar 2025 der Bund aufgefordert wird, „die Zulassung wirksamer Pflanzenschutzmittel übergangsweise auch mit Hilfe des Instruments der sogenannten Notfallzulassung bereits für die Saison 2025 sicherzustellen und die Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Regelzulassung ausreichend wirksamer Pflanzenschutzmittel zu verbessern“.

Weniger Rüben und teurere Verarbeitung

Stefan Wild (Wild GmbH - Eppingen) sowie Veit Nübel (Südzucker) stellten anschließend die Auswirkungen der massiven Stolbur- und SBR-Schäden auf die ausreichende Verfügbarkeit und Verarbeitbarkeit von Kartoffeln bzw. Zuckerrüben dar. Bei Kartoffeln ist die Verfügbarkeit insbesondere bei regionalen Spätkartoffeln schwierig. Darüber hinaus führt die Verringerung der Trockensubstanz („Gummiknollen“) bzw. des Stärkegehalts zu Lagerungsproblemen und einem schlechteren Geschmack. Bei Rüben führen die geringeren Erträge zu höheren Kosten in der Logistik, da mehr Rüben aus weiter entfernten Anbaugebieten nach Offenau transportiert werden müssen. Zudem wird die Verarbeitung deutlich energieintensiver und auch teurer, da den Rüben Wasser zugesetzt werden muss und mehr Energie benötigt wird, um den Zucker in der geforderten Qualität zu kristallisieren.

Neben der direkten Bekämpfung der Zikaden und ihrer Nymphen mit Insektiziden wird auch immer wieder der Verzicht auf Winterungen und frühe Sommerungen nach Rüben und Kartoffeln diskutiert, um die Nymphen durch eine lange Schwarzbrache bis in den April hinein verhungern zu lassen. Herr Scheider von der Schweizerischen Fachstelle für Zuckerrüben stellt das Fruchtfolgeprojekt „Chablais“ vor. In dieser Region kommt bisher nur SBR vor, Stolbur noch nicht. Das Projekt wird von den Landwirten sehr gut unterstützt. Im Rahmen des Projektes wird in einem durch Berge räumlich abgeschirmten Tal am Genfersee bereits seit mehreren Jahren auf Wintergetreide nach Zuckerrüben verzichtet und eine späte Sommerung bevorzugt. Die Erfolge sind sichtbar, die Rübenbestände im Chablais bleiben länger grün und auch der Zuckergehalt hat sich im Jahr 2024 verbessert. In anderen größeren Anbaugebieten der Schweiz, die nicht räumlich isoliert sind, ist die Bereitschaft der Landwirte zur Umstellung der Fruchtfolge noch nicht ausreichend. Inwieweit die Ergebnisse auf Baden-Württemberg mit seinen anderen Standortbedingungen und Stolbur als zusätzlicher und deutlich schwerwiegenderer Krankheit übertragbar sind, muss in den beiden Modellregionen Leintal und Strohgäu weiter untersucht werden.

Auch im Vortrag aus Österreich von Frau Dr. Seiter wurde deutlich, dass sich das Krankheitsgeschehen und die Infektionen in Österreich bisher deutlich von denen in Baden-Württemberg unterscheiden. Als Überträger von Stolbur ist hier vor allem die Pfriemen-Glasflügelzikade von Bedeutung, während in Baden-Württemberg die Schilf-Glasflügelzikade für die Infektionen hauptverantwortlich ist.

Probleme bei vielen Kulturen

Im Gemüsebau wurden die Erreger von Stolbur und SBR an vielen Arten nachgewiesen, aber nicht in allen Fällen Nymphen der Zikade an den Wurzeln. Außerdem war nicht bei allen Nachweisen klar, ob Stolbur oder SBR die Ursache für die Schadsymptome war. Frau Böhringer vom Beratungsdienst für integrierten Gemüsebau Heilbronn e.V. stellte vor, dass sich an Roter Bete, Möhren, Pastinaken/Wurzelpetersilie Nymphen der Zikade entwickeln können und die Schäden eindeutig auf die Erreger von Stolbur oder SBR oder beides zurückzuführen sind. Bei Knollensellerie, Paprika und Physalis sind die Erreger von Stolbur und SBR ebenfalls die Ursache, es wurde jedoch kein Nachweis für die Entwicklung der Namphen der Zikade in diesen Kulturen gefunden. Bei Rhabarber, Weiß-/Rotkohl, Chinakohl und Zwiebeln wurden ebenfalls die Erreger von Stolbur und SBR nachgewiesen, die Ursache der beobachteten Schadsymptome ist jedoch unklar.

Zu Kartoffeln und Zuckerrüben berichteten Herr Mitschke und Frau Himmel und zeigten mögliche Lösungsansätze auf, die neben kurzfristig notwendigen Insektiziden auch pflanzenbauliche Maßnahmen umfassen. In beiden Kulturen wie auch im Gemüsebau wurde beobachtet, dass die Schäden bei Pflanzen mit optimalen Wachstumsbedingungen geringer sind.

Michael Glaser vom LTZ Augustenberg stellte abschließend die Biologie, das Flugmonitoring und integrierte Bekämpfungsansätze der Schilfglasflügelzikade detailliert und dennoch sehr verständlich vor.

Zuckerrübenernte. Luftbild von einem Ropa Tiger 6 Rübenroder im Einsatz.
Zuckerrübenernte. Luftbild von einem Ropa Tiger 6 Rübenroder im Einsatz. © Landpixel
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.