Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Nach Zuckerrüben, Kartoffeln und Freilandgemüse

Aushungern von Zikaden-Larven

Die Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade zur Reduzierung und Verzögerung von SBR-/Stolbur-Infektionen wird – nach allen Erwartungen – noch mehrere Jahre erforderlich sein.

von Dr. Jonathan Mühleisen, Pflanzenschutzdienst am Regierungspräsidium Stuttgart erschienen am 11.08.2025
Artikel teilen:
Eine tiefgreifende Bodenbearbeitung kann die Ausbreitung der Schilfglasflügelzikade bremsen.
Eine tiefgreifende Bodenbearbeitung kann die Ausbreitung der Schilfglasflügelzikade bremsen. © Klaus Schrameyer/LTZ Augustenberg

Neben dem gezielten Einsatz von Insektizid-Mischungen, den das Bundesamt für Verbraucherschutz in diesem Jahr im Rahmen von Notfallzulassungen sowohl in Zuckerrüben als auch in Kartoffeln ermöglicht hat, sollten Landwirte, die am Anbau stark geschädigter Kulturen im Hot-Spot-Gebiet festhalten, zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um Schäden in den kommenden Jahren zu begrenzen. Dazu gehören zum Beispiel eine ausreichende Düngung, die Vermeidung von Strukturschäden im Boden, optimale Saat- und Pflanzzeiten, ausreichend weite Kartoffel- beziehungsweise Zuckerrübenfruchtfolgen und der Einsatz von Pflanzenstärkungsmitteln. Zusätzlich zeigen Ergebnisse aus den Modellregionen und der Schweiz, dass die Anzahl von Zikaden erheblich vermindert werden kann, wenn nach Zuckerrüben, Kartoffeln und bestimmten Freilandgemüsearten wie zum Beispiel Rote Beete, Karotte/Möhre, Pastinake/Wurzelpetersilie eine möglichst lange Schwarzbrache erfolgt. Der Hintergrund ist, dass die Nymphen (Larven) der Schilf-Glasflügelzikade während einer langen Schwarzbrache überwiegend im Boden verhungern, weil sie keine Nahrung mehr finden.

Vorteilhaft ist auch, wenn direkt nach der Ernte eine tiefere mechanische Bearbeitung erfolgt (zum Beispiel Pflug, Grubber), da hier die Nymphen teilweise erschlagen oder erdrückt werden.

Bodenbedeckung gezielt steuern

In Bezug auf GLÖZ 6 (Mindestbodenbedeckung) sollten vorrangig die bestehenden Ausnahmemöglichkeiten (zum Beispiel Erbringung nur auf 80 Prozent der Ackerfläche notwendig) genutzt werden. Wo diese nicht ausreichen, kann beim örtlich zuständigen Landwirtschaftsamt ein „Antrag auf Genehmigung einer Ausnahme von den Vorgaben von GLÖZ 6 nach Paragraph 3 Absatz 3 GAPKondG“ für einzelne Flächen „zur Aushungerung von Nymphen der Schilf-Glasflügelzikade (Gründe des Pflanzenschutzes)“ gestellt werden. Wo eine Begrünung rechtlich oder fachlich erforderlich ist (zum Beispiel in Problem- und Sanierungsgebieten nach SchALVO oder auf stark erosionsgefährdeten Lössstandorten), kann anstelle einer Schwarzbrache auch Ölrettich oder Senf als Zwischenfrucht in Reinsaat gesät werden. Ölrettich und Senf sind für die Nymphen der Schilf-Glasflügelzikade nach bisherigen Topf- und Freilandversuchen keine geeignete Zwischenfrucht. Zwischenfruchtmischungen sind zu vermeiden, da hier aller Wahrscheinlichkeit nach Komponenten enthalten sind, die den Nymphen der Schilf-Glasflügelzikade als Nahrungsquelle dienen.

Späte Sommerungen auswählen

Nach der Schwarzbrache beziehungsweise nach Ölrettich und Senf als Zwischenfrucht sollte eine möglichst späte Sommerung gesät oder gepflanzt werden wie Mais, Soja oder Kürbis. Bei frühen Sommerungen wie zum Beispiel Sommergerste überleben mehr Nymphen, da sie sich zuerst noch an Wurzelstücken von zum Beispiel Zuckerrüben oder Karotten ernähren können und dann relativ bald im Frühjahr die Wurzeln der Sommergerste kommen, die dann weiter als Nahrungsgrundlage dienen.

Das Aushungern der Nymphen hat nur dann eine deutlich spürbare Wirkung auf die Zikadenpopulation, wenn Landwirte in einem größeren zusammenhängenden Gebiet (mindestens eine Gemeinde, besser mehrere benachbarte Gemeinden) gemeinsam das Aushungern nach Kartoffeln, Zuckerrübe und den betroffenen Gemüsearten durchführen. Es gibt auch noch eine spürbare Wirkung, wenn zum Beispiel auf einer kleineren Fläche im Gebiet das Aushungern nicht gelingt, aber die Wirkung wird eben schwächer.

Letztlich bleibt die Gestaltung der Fruchtfolge eine herausfordernde und kontrovers diskutierte betriebliche Entscheidung. Aber die massiven Schäden - nicht nur in Kartoffeln und Zuckerrüben, sondern auch in vielen Gemüsearten - zeigen, dass Lösungen erforderlich sind. Viele Betriebe in ackerbaulichen Gunstlagen haben die Tierhaltung schon länger aufgegeben und sind – sofern keine Rückkehr zur Tierhaltung erfolgt – auf Kulturen mit hohen Deckungsbeiträgen im Ackerbau angewiesen. Sofern Kartoffeln, Zuckerrüben und die betroffenen Gemüsearten eine tragende Säule bleiben sollen, lohnt sich der Versuch, gemeinsam mit benachbarten Landwirten zu überlegen, ob eine Umstellung der Fruchtfolge nach der Ernte 2025 gelingen kann.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.